Orlando. Eine Biographie Zur Hörspielproduktion
"2013 produziert der BR eine mehrteilige Adaption nach dem Roman 'Orlando'. Eine Biographie der britischen Schriftstellerin Virginia Woolf. Es ist nach 'Jacobs Zimmer' (BR 2012) die zweite Produktion nach einem Roman von Woolf. Beide Romane wurden von Gaby Hartel neu übersetzt und für das Hörspiel bearbeitet. Die Produktionen stehen nach der Ursendung im Hörspiel Pool des BR, außerdem werden sie als Hörbucheditionen auf CD erscheinen. Woolf begann mit der Arbeit an 'Orlando' im Oktober 1927 bald nach der Veröffentlichung des Romans 'Zum Leuchtturm'. In nur sechs Monaten schrieb sie die fiktive Biographie eines jungen Adeligen, die ihrer Freundin Vita Sackville-West gewidmet war und in der sich zahlreiche Freunde und Bekannte spiegelten. Die Hauptfigur Orlando lebt vom 16. bis ins 20. Jahrhundert und wechselt im Erwachsenenalter ihr Geschlecht vom Mann zur Frau. Orlando erschien 1928 in dem von ihr und ihrem Mann Leonhard Woolf geführten Verlag The Hogarth Press und wurde ein Überraschungserfolg. Immer wieder bezeichnete sie in ihren Tagebüchern (aus dem Englischen von Maria Bosse-Sporleder, hrsg. von Klaus Reichert, S. Fischer Verlag 1999) den Herbst, in dem sie den Großteil des Buches verfasste, als eine besonders glückliche Zeit und betonte den Spaß, den sie beim Schreiben hatte. Dennoch zweifelte sie immer wieder und distanzierte sich teilweise sogar von dem Roman, den sie für oberflächlich hielt."
Katarina Agathos , Chefdramaturgin
"So unterschiedlich 'Jacobs Zimmer', das erste Woolf-Hörspiel, das ich für den BR inszenieren durfte, und 'Orlando' auch sind, so handelt es sich in beiden Fällen um die Auseinandersetzung mit Biographien und Geschichtsschreibung. Während der formal strenge und konzentrierte Roman Jacobs Zimmer den Protagonisten immer wieder als Leerstelle vorführt, betreibt Virginia Woolf mit 'Orlando' eine furiose Zeitreise und beschreibt die Transformation des Helden zur Heldin. 'Orlando' ist eine Grenzüberschreitung, einerseits vergnüglich-versponnen, dann wieder beißend ironisch, albern und verträumt zugleich. Der Roman behauptet Faktizität und ist doch eine lustvolle Erfindung, er ist ein Liebesbrief und gleichzeitig die klare Kritik an den vorherrschenden Rollen- und Geschichtskonzepten, er ist ein poetologischer Diskurs und gleichzeitig ‚a writer’s holiday‘ (Virginia Woolf), weniger streng strukturiert wie Woolfs vergangene Romane, dafür verspielter, ein rauschhafter, bilderstarker Erzählfluss. Letztlich findet man sich am Ende der Lektüre beider Romane verunsichert, denn Woolf zeigt, dass Biographie nur ein Konstrukt ist, dass es keine eindeutig beschreibbare Wirklichkeit gibt und sie hinterfragt, ob wir einen Menschen je erfassen können in seiner ganzen Komplexität. 'Orlando' zeigt die reichhaltigen Ichs und die unterschiedlichsten Zeiten, die simultan in einem Menschen existieren."
Katja Langenbach, Regisseurin
"Zeit, Bewegung, Melancholie, Ironie, Kraft, Opulenz, Liebe, Eis, Kälte. Parameter, die mir für unterhaltsame, sinnträchtige und dramaturgische Musikkompositionen zu 'Orlando' durch den Kopf gingen: Treibende Rhythmen, klare musikalische Themen, ihre Variationen und traumartigen Verwandlungen. Der Hauptfigur äußerlich und innerlich musikalisch auf die Spur kommen. Zeitsprünge musikalisch verbinden. Den Dialogen eine Plattform von tänzerischer Leichtigkeit geben. Ich bediene mich alter Instrumente wie dem Cembalo, dem Hammerflügel, Dulcimer und Celeste und verbinde diese Klänge mit elektronischen Beats und Beats aus dem präparierten Flügel. Es entsteht ein Orlando-Kosmos für sehnsuchtsvolle solistische Musiken und große Arrangements. Das erste Thema schnell, die Variation langsam. Die Instrumentierung dunkelfarbig, die Reprise durchsichtig, entweder das ganze Tastenensemble oder ein solistisches Instrument. Und wiederkehrend ein menschliches Summen, nicht zuzuordnen, wie von einer inneren Stimme."
Ulrike Haage, Komponistin