5. März 1946 Churchill spricht vom "Eisernen Vorhang"
Der "Eiserne Vorhang" ist eine Brandschutzeinrichtung aus der Bühnentechnik. Was Politisches ist er auch, und zwar seit Winston Churchill in einer Rede den "Eiserne Vorhang" zwischen Ost und West einzieht. Autor: Thomas Grasberger
05. März
Donnerstag, 05. März 2015
Autor(in): Thomas Grasberger
Sprecher(in): Andreas Wimberger
Illustration: Angela Smets
Redaktion: Thomas Morawetz
Die Frage, wann etwas anfängt und wann es aufhört, scheint zu den einfacheren zu gehören. Aber nur auf den ersten Blick. Denkt man ein paar Sekunden länger nach, wird es schon schwieriger. Nehmen wir das menschliche Leben. Beginnt es mit der Geburt? Oder schon mit der Befruchtung? Und wann endet es? Wenn das Herz aufhört zu schlagen? Wenn die Gehirnfunktionen erlöschen? Schwierige naturwissenschaftliche und ethische Fragen.
Bühnentechnik und Weltgeschichte
Auch Historiker haben gelegentlich ihre Probleme mit Anfang und Ende. Wann hat das Mittelalter begonnen, wann aufgehört? Darüber streiten sich die Gelehrten schon seit langem; mit wenig Aussicht auf Einigung. Viel einfacher scheint es da mit dem Kalten Krieg zu sein. Der beginnt mit der Teilung der Welt in Ost und West. So weit, so klar! Doch wann setzt diese Teilung ein? Wie kriegt man ihren Beginn in den Griff? In den Be-Griff? Und welcher Begriff könnte das sein?
Es liegt nahe, an dieser Stelle das Wort vom "Eisernen Vorhang" einzuführen. Dieser Ausdruck kommt eigentlich aus der Bühnentechnik. Als Brandschutzeinrichtung soll der Eiserne Vorhang verhindern, dass ein Feuer von der Theaterbühne auf den Zuschauerraum übergreift. Dieses Bild einer undurchlässigen Trennmauer hat sich auch im Politischen bewährt, nämlich damals, als die Welt in zwei Hälften zerfiel und der sogenannte Ostblock sich vom Westen abschottete. Und umgekehrt.
Der englische Politiker Winston Churchill verwendete den Begriff am 5. März 1946, bei einer Rede im Westminster College in Fulton, im US-amerikanischen Bundesstaat Missouri. Churchill erklärte seinen Zuhörern, dass sich von der Ostsee bis zum Mittelmeer ein Eiserner Vorhang auf Europa herabgesenkt habe, hinter dem europäische Hauptstädte wie Warschau, Berlin, Prag oder Budapest lägen, die nun dem sowjetischem Einflussbereich anheimfielen.
Stalin und der Westen
Diese Iron Curtain-Rede war Churchills berühmteste, neben der "Blut, Schweiß und Tränen-Rede ", die er 1940 vor dem britischen Unterhaus gehalten hatte. Obwohl der Ausdruck alles andere als neu war, wurde der "Iron Curtain", der "Eisernen Vorhang", von da an in der ganzen Welt zum Begriff. Wen aber sollte die undurchlässige Schutzmauer eigentlich schützen? Natürlich Stalin, denn der schottete die staatssozialistischen Länder Mittel- und Osteuropas militärisch und politisch ab. Aber auch der Westen war froh über eine Brandschutzmauer. Schließlich verbreitete sich der Kommunismus damals wie ein Lauffeuer; nicht nur in Griechenland und Italien gab es starke kommunistische Bewegungen; auch in China, und in anderen Regionen der Welt. Schon seit der Oktoberrevolution 1917 bedrohte die rote Gefahr den Westen. Und bereits damals war die Rede vom Eisernen Vorhang, der sich auf die Geschichte Russlands herabsenke.
Geht man also von dieser Vorhang-Metapher aus, könnte man zu der Auffassung gelangen, der Kalte Krieg habe seine Wurzeln schon im Ersten Weltkrieg gehabt. Aber wann endete er, dieser Kalte Krieg? Mit dem Fall der Mauer 1989? Oder mit dem Untergang der Sowjetunion 1991? Diese Diskussion nähme vermutlich so schnell kein Ende, wir fangen sie deshalb gar nicht erst an. Denn bei Kalenderblättern ist - im Unterschied zu anderen Lebensbereichen - nicht nur klar geregelt, wann sie beginnen, sondern auch, wann sie aufzuhören haben. Nämlich genau … jetzt!