Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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8. Dezember 1881 Brand im Wiener Ringtheater

Theaterbrände waren keine Seltenheit in Zeiten vor der elektrischen Bühnenbeleuchtung. Ein trauriger Höhepunkt war der Brand des Wiener Ringtheaters am 8. Dezember 1881, dem über 400 Zuschauer zum Opfer fielen. Allgemein war das Entsetzen groß - nur einer gab sich ungerührt.

Stand: 08.12.2010 | Archiv

8. Dezember 1881: Brand im Wiener Ringtheater

08 Dezember

Mittwoch, 08. Dezember 2010

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Früher war das Leben wild und gefährlich. Im Krieg, im Ehestand, auf den Bühnen der Theater, überall lauerte Gefahr. Auf den Bühnen kam sie davon, dass man an allen Ecken und Enden auf offenes Licht gestoßen ist. Eine falsche Bewegung und der Tenor stand in Flammen. Irgendwie hat man in den präelektrischen Zeiten die Bühnen ja hell bekommen müssen. Also hat man hinter den einzelnen Kulissenteilen, vom Publikum aus unsichtbar, sogenannte "Lampenbretter" angebracht. Auf denen brannten Unmengen von Kerzen, später dann Öllampen und - ab der Mitte des 19. Jahrhunderts - Gaslampen.

Für die Darsteller auf der Bühne war dieses Verfahren lebensgefährlich. Immer wieder wird von Tänzerinnen berichtet, die mit ihren wirbelnden Röcken ins Feuer geraten sind. Auch weiß man von einem als Landsknecht verkleideten Chorsänger, der Feuer fing, als er mit seinem Federbusch an die Flamme einer Gaslampe kam.

Der bis dahin größte und entsetzlichste Theaterbrand aller Zeiten brach am 8. Dezember 1881 aus: am Wiener Ringtheater. Auf dem Spielplan stand eine neue Oper von Jacques Offenbach: "Hoffmanns Erzählungen". Das Theater war für mehr als 1.700 Sitzplätze eingerichtet und so unübersichtlich wie möglich gebaut. Zu beanstanden war vor allem eine völlig verwinkelte Treppenanlage. Einige zusätzliche Außentreppen, die von den Galerien ins Freie führten, hatte man bald nach ihrer Errichtung wieder abgerissen. Man dachte, die wären nicht notwendig. Was vielen Zuschauern an diesem Abend zum Verhängnis wurde. Ein Augenzeuge des Brandes berichtete:

"Kaum hatten wir uns niedergesetzt, da schob sich der Vorhang beim Souffleurkasten ein wenig nach vorn und eine kleine Rauchwolke drang daraus hervor. Wir standen sofort auf, der Vater rief "Feuer!", und wir wandten uns zum Ausgang. Wir hatten aber noch keine paar Schritte gemacht, da schlägt plötzlich der große Bühnenvorhang hinauf bis in die zweite Galerie. Zugleich entsteht ein schreckliches Brausen, eine entsetzliche Rauchwolke wälzt sich auf uns, eine fürchterliche Hitze entsteht, wir werden vorgedrängt, und da – wird es plötzlich finster inmitten des furchtbaren Rauches und Qualmes."

Was war passiert? Vor Beginn der Vorstellung war beim Anzünden der Gasbrenner auf der Hinterbühne ein Vorhang in Brand geraten. Mit ungeheurer Geschwindigkeit fingen die anderen Dekorationsteile zu brennen an. Der eiserne Vorhang war schon zur Vorstellung hochgezogen und wurde nicht wieder runtergelassen. Bühnenpersonal, Sänger und Musiker flüchteten, ohne das Publikum draußen im Zuschauerraum zu warnen. Dort war man ahnungslos, weil durch den geschlossenen Bühnenvorhang sich die Hitze auf der Bühne staute. Erst ein kräftiger Luftstoß trieb mit einem Mal den brennenden Vorhang und mit ihm Hitze und Rauch in den vollbesetzten Zuschauerraum.

Finster geworden ist es wahrscheinlich deswegen, weil einer der Bühnenarbeiter den Gashaupthahn abgedreht hat. Eigentlich ein vernünftiger Gedanke. Pech war nur, dass die Notbeleuchtung im Theater frisch repariert und noch nicht wieder montiert war. In der pechschwarzen Flammenhölle verbrannten über 400 Zuschauer.

Die ganze Welt zeigte sich entsetzt und betroffen. Die ganze Welt, außer einem. Der führende Kopf deutscher Hochkultur, der Komponist Richard Wagner, fand alles halb so schlimm:

"Was in einem solchen Theater beisammensitzt, ist das nichtsnutzigste Volk. Wenn in einer Kohlengrube Arbeiter verschüttet werden, da ergreift und empört es mich. Da kommt mir das Entsetzen über eine Gesellschaft, die sich auf solchem Wege Heizung verschafft. Wenn aber so und so viele aus dieser Gesellschaft umkommen, während sie einer Offenbachschen Operette beiwohnen, worin sich auch nicht ein Zug von moralischer Größe zeigt, das lässt mich gleichgültig.


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