29. September 2006 Deutscher Kaffeeverband ruft "Tag des Kaffees" aus
Morgens muss er sein in möglichst groß, mittags klein als Espresso. Am Nachmittag darf er mit Sahne. Und am Abend… wenn man noch länger aufbleiben will… Gerne auch dann ein Kaffee! Autorin: Anja Mösing
29. September
Dienstag, 29. September 2015
Autor(in): Anja Mösing
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Es gab auch Zeiten ohne ihn. Natürlich.
Vermutlich schnöde Zeiten, damals, in den steinzeitlichen Höhlen, den Schilfhütten, den Burgen, Bauernkaten und Palästen, damals, als es ihn noch nicht gab: den Kaffee und seinen umwerfenden Duft!
In den kaffeelosen Zeiten begann der Tag nach dem Aufstehen mit einer warmen Suppe oder einem warmen Brei. Weltweit. Beim reichsten Landesherren ebenso wie beim ärmsten Landmann. Viele Jahrtausende lang. In jeder Familie gab es jemanden, der die dicke Getreidesuppe für alle zubereiten musste und Zeit für das Kochen war genug vorhanden.
Irgendwann begann sich das zu ändern. Und das dauerte nicht mal 200 Jahre.
Aufgegossen und abgebrüht
Wer sich ab dem 17. Jahrhundert entschied, dem Landleben den Rücken zu kehren, um Hunger, Armut, Unfreiheit oder anderen Dingen zu entgehen, der geriet in der Stadt im Nu unter Zeitdruck. In den Manufakturen und ersten Fabriken schuftete man bis zu zwölf Stunden täglich: Männer, Frauen und Kinder, alle. Jahres- und Tageszeiten, verblassten neben der überwichtigen Arbeitszeit, die jetzt überall mit der Uhr gemessen wurde.
Da kam ein Getränk wie der Kaffee gerade recht! Er passte zur neuen Zeit wie angegossen: er belebt, duftet und er ist ein schneller, bitter-süßer Genuss. Im Nu war der Kaffee Modegetränk Nummer Eins!
To Go!
Zuerst waren es noch fliegende Händler, die ihren Kaffee frisch gebraut auf Märkten und Straßen anboten. Aber bald witterten auch andere, dass hier ein gutes Geschäft zu machen war: kleine Tavernen und größere Wirtshäuser, alle boten sie das neue Getränk neben Bier und Wein zum Verkauf. Damit gleich gar kein Zweifel aufkam, benannten sich viele sogar um und wurden zur Kaffeestube oder zum Kaffeehaus.
Für alle war besonders praktisch, dass Kaffee sich so leicht verlängern lässt: nicht nur mit Wasser, auch mit getrockneten Feigen und vielen Getreidesorten. Wer sich das verführerisch duftende Gebräu aus echten Kaffeebohnen partout nicht leisten konnte, kaufte eben Ersatzkaffee aus gerösteten Lupinen, Malz oder Gerste.
So oder so wurde er mehr als ein gewöhnliches Genussmittel: In der Stadt wird der Morgenkaffee zum neuen Arbeiterfrühstück, sogar zur neuen Hauptmahlzeit. Und in vielen Landstrichen tranken ihn sogar bettelarme Heimarbeiter, weil sie für ihr gewebtes Tuch nicht mit Geld, sondern mit Naturalien, mit Kaffeebohnen bezahlt wurden. So ein wichtiges Handelsgut wird die Kaffeebohne, dass sie heute auf Platz zwei der Weltrangliste steht, direkt hinter Erdöl.
Ganz klar: Morgensuppe hat nach vielen wackeren Jahrtausenden ausgedient, abgelöst vom Morgenkaffee! Wenn er als französischer Milchkaffee auf den Tisch kommt, in einer großen, henkellosen Kaffeeschale, die man mit beiden Händen an den Mund führen muss, dann kann der Kaffee seine Suppen-Verwandtschaft aber immer noch nicht ganz verleugnen.
Und da ist es schon ein bisschen ungerecht, gerad wenn man die Zeitspannen der Beliebtheit bedenkt, dass heute, am 29. September nicht der Tag der Morgensuppe gefeiert wird, sondern der Tag des Kaffees.