10. Mai 1893 In Bonn wird das Beethoven-Haus eröffnet
Das Geburtshaus Ludwig van Beethovens ist heute Gedächtnisstätte, Kulturinstitut und eines der meistbesuchten Musikermuseen der Welt. Hier geht es um Beethovens Musik, die Erforschung von Beethovens Leben und Werk und ein wenig schon auch um das barocke Haus, in dem der kleine Ludwig aufgewachsen ist. Autor: Frank Halbach
10. Mai
Mittwoch, 10. Mai 2023
Autor(in): Frank Halbach
Sprecher(in): Irina Wanka
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Nur sehr wenige Kinder genießen die Erziehung, die die Nachbarn für richtig halten. Zum Beispiel diese drei Schratzen von dem Sänger nebenan. Von früh bis spät lärmen sie im Hof. Kinder von einem "Künstler" - o mei, o mei! Wahrscheinlich hat ihr Erzeuger, der Herr Tenor, sie schon taub gesungen, dass die Rotzlöffel ihren eigenen Radau nicht hören. Und wie die rumlaufen! Schmutzig, mit Löchern in den schäbigen Hosen. Richtig verwahrlost! Die Frau Fischer, die Vermieterin, hat sich unlängst den schlimmsten von den Blagen gegriffen: „Ludwig, Ludwig, was soll denn nur aus dir werden, wenn du immer rumläufst, abgerissen und dreckig wie ein Kesselflicker, und nichts anderes tust den ganzen Tag, als Lärm zu machen?
Und wissen Sie, was er geantwortet hat, der Bengel? "Was liegt daran! Wenn ich einmal ein Herr werde, dann wird mir das keiner mehr ansehen."
Mei, o mei, aus dem Ludwig, diesem Flegel aus dem wird nie was.
Das Haus zwischen Stadtschloss, Marktplatz und Rheinufer
Ob man Ludwig noch was angesehen hat, als er ein Herr geworden war - darüber mag man streiten. Sicher ist: die Nachbarn haben sich auch später anhaltend über Lärmbelästigungen von ihm beklagt. Aber da war er schon nach Wien gezogen. Das Haus der Vermieterin in Bonn, in dessen steingepflasterten Hof Ludwig mit seinen Brüdern Kaspar und Nikolaus getollt hatte, blieb zurück: ein Bürgerhaus aus kurfürstlichen Zeit mit barocker Steinfassade zwischen dem Stadtschloss und dem Rathaus mit seinem Marktplatz und dem Rheinufer. Während aus Ludwig statt nichts, wie Frau Fischer geargwöhnt hatte, der nicht ganz unbekannte Komponist Ludwig van Beethoven wurde, stand das Haus in heiterer Gelassenheit da, freute sich still über fünf Familien, die es zeitweise gleichzeitig bewohnten und beherbergte drei Schneidermeister und einen Schuster.
Bis der ganze Rummel begann - wegen dem kleinen Ludwig, aus dem doch nie etwas werden sollte. Nachdem das Gebäude in der Bonngasse 515 - heute Nummer 20 - als das Geburtshaus Beethovens identifiziert worden war. Der neue Eigentümer wusste schon damals, dass mit Promis Geld zu machen war und eröffnete in den 1870ern die Wirtschaft, die er sehr einfallsreich und werbewirksam "Beethoven’s Geburtshaus" taufte. Ende der 1880er erweiterte man um eine "Bier- und Concerthalle" im Hof - aber der war Lärm ja gewohnt.
Das Museum
Dann erwarb ein Kolonialwarenhändler das Haus, verkaufte es aber schon ein Jahr später wieder an den Verein "Beethoven-Haus Bonn", der sich zur Einrichtung einer Gedenkstätte an Ludwig van Beethoven gegründet hatte. Der Verein bewahrte das dankbare Haus nicht nur vor dem Abriss, sondern er erhielt baulich auch im Wesentlichen den Zustand der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und eröffnete am 10.5.1893 feierlich und offiziell das Museum "Beethoven-Haus Bonn". Wie aus dem nichtsnutzigen Lauser Ludwig wurde auch aus dem Haus etwas größeres: eine der 100 beliebtesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands und eines der meistbesuchten Musikermuseen der Welt. Täglich außer dienstags öffnet es einladend seine Pforten, für alle die nicht nur Beethoven, sondern auch dem wilden kleinen Ludwig und dem Haus begegnen wollen, das nahezu unberührt zwei Weltkriege überstanden hat.