Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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23. Januar 1777 Dichter Christian Schubart verhaftet, der "scheintote Dichter"

Manchmal muss man auch wissen, wenn es gut ist - oder eben die Konsequenzen tragen. Für den rebellischen Dichter Christian Schubart meinte das, vielleicht lebendig begraben zu werden, weil von der Obrigkeit nicht mundtot zu kriegen. Der wiederum riss denn auch der Geduldsfaden. Autorin: Isabella Arcucci

Stand: 23.01.2024 | Archiv

23.01.1777: Dichter Christian Schubart verhaftet, der "scheintote Dichter

23 Januar

Dienstag, 23. Januar 2024

Autor(in): Isabella Arcucci

Sprecher(in): Caroline Ebner

Redaktion: Frank Halbach

Ein Querkopf wie Schubart würde wohl nie Ruhe geben, egal, wie man ihn bestrafte! "Donna Schmergelina" so hatte dieser politische Dichterschmierfink sie genannt! Franziska von Hohenheim kochte vor Wut. "Schmergelina" das kommt von "schmergeln", was im Ulmer Dialekt so viel bedeutet wie "nach ranzigem Fett stinken". Das tat Franziska nun ganz gewiss nicht! Sonst hätte sie Herzog Carl Eugen von Württemberg wohl kaum in sein Prunkbett geholt.

Ein Sonnenfürst, ein Dichter und ein Engel

Carl Eugen war ein absolutistischer Sonnenfürst des 18. Jahrhunderts, gab jede Woche zahlreiche Bälle, Opernaufführungen und Jagdpartien. Bezahlt wurde all das von seinen darbenden Untertanen. Franziska aber hatte ein Herz für die Armen und stellte klare Regeln auf. Wenn Carl Eugen des Nachts ihren rosigen Leib liebkosen wollte, musste er sich tagsüber als verantwortungsvoller Landesvater betragen. Vielen galt Franziska wegen ihres etwas mäßigenden Einflusses auf den Herzog und ihrer karitativen Projekte bald als "mildtätiger Engel". Aber Christian Friedrich Daniel Schubart war da ganz anderer Meinung. Der Künstler mit dem bulligen Gesicht hatte mehrere Jahre als Organist am Hofe Carl Eugens gedient. Er und Franziska konnten sich nicht leiden, dabei waren sie sich recht einig. Beide kritisierten Carl Eugen für seine Verschwendung, Franziska auf die liebevolle Art, Schubart auf die freche. Das Resultat: Franziska landete mit zahlreichen Privilegien in Carl Eugens Bett, Schubart ohne Organisten-Job auf der Straße. Von Ulm aus betätigte Schubart sich nun als Dichter und Journalist und brachte eine erfolgreiche, politische Zeitung heraus. Vor allem Herzog Carl Eugen bekam darin sein Fett weg, samt seiner Franziska, die Schubart feixend "Donna Schmergelina" nannte. Da platzte ihr der Kragen.

Rebellion bis ins Grab hinein

Am 23. Januar 1777 wurde Schubart durch eine List auf württembergisches Territorium gelockt - und verhaftet. Und zwar direkt vor den hochmütig blickenden Augen Carl Eugens und in Gegenwart einer jetzt feixenden Franziska. Ganz so milde war sie dann doch nicht. Carl Eugen ließ Schubart ohne Gerichtsverfahren auf die Bergfestung Asperg bringen. Zahlreiche prominente Dichter wie Goethe und Herder setzten sich für seine Freilassung ein - vergeblich. 10 Jahre blieb Schubart eingekerkert, teils in völliger Isolationshaft. Doch der Querkopf Schubart gab keine Ruhe, auch nicht im dunkelsten Verließ. Er dichtete weiter gegen Carl Eugen an. Seine Schriften wurden aus der Festung geschmuggelt und verbreitet. Als Schubart 1787 doch noch aus der Haft entlassen wurde, war Franziska bereits rechtmäßige Gemahlin Carl Eugens - und Schubart durch die Qualen der Haft körperlich am Ende. Wenige Jahre darauf starb er. Oder doch nicht? Angeblich stellte man später bei Umgrabungen auf dem Stuttgarter Friedhof fest, dass sein hölzerner Sargdeckel von innen zerkratzt war. Hatte man Schubart als scheintot begraben? Oder hatte sein Geist noch eine letzte dichterische Spitze gegen die Obrigkeit in den Sarg ritzen wollen? Denn ein Querkopf wie Schubart würde wohl nie Ruhe geben - auch nicht im tiefsten Grab.


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