Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. Juli 1955 "Drei Männer im Schnee" uraufgeführt

Die Geschichte vom reichen Mann, der sich als Nobody ausgibt, und vom armen Kerl, der einmal bei den oberen 10.000 mitmischen darf - Erich Kästner hat sie mehrfach erzählt. In seiner Filmversion "Drei Männer im Schnee" verpasst er ihr ein grandioses Happy End und begeistert das Publikum. Autorin: Carola Zinner

Stand: 14.07.2023 | Archiv

14.7.1955: "Drei Männer im Schnee" uraufgeführt

14 Juli

Freitag, 14. Juli 2023

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Kästner hatte das Ganze schon mal ganz anders erzählt. In seiner Geschichte "Inferno im Hotel" aus dem Jahr 1927 gewinnt ein einfacher, arbeitsloser Mann bei einem Preisausschreiben einen Hotelaufenthalt in den Tiroler Bergen. Voll Vorfreude reist er an, wird dann aber vom Personal und von den Gästen derart ausgegrenzt und entwürdigt, dass er nach seiner Heimkehr Selbstmord begeht.

Noch mal anders geschrieben

Auf Basis dieser Erzählung verfasste Erich Kästner später einen Roman. "Drei Männer im Schnee",  erschienen 1934, ist eine leichtfüßig daherkommende Verwechslungskomödie, halb "Kleider machen Leute", halb Märchen aus 1001 Nacht: Ein reicher Fabrikbesitzer gewinnt bei einem Preisschreiben seiner eigenen Firma, an dem er anonym teilgenommen hat und kostümiert sich nun wie ein armer Hausierer, um den ausgelobten Winterurlaub in einem vornehmen Berg-Hotel anzutreten: Er möchte einfach mal ausprobieren, wie es einem als Nobody so geht in der Welt der Reichen und Schönen.

Mr. Nobody

Und siehe da: Personal wie auch ein Teil der Gäste behandeln ihn mit ausgesuchter Scheußlichkeit. Den wirklich armen Mann hingegen, der bei diesem Wettbewerb ebenfalls gewonnen hat, hält man für den spleenigen Millionär, dessen Erscheinen heimlich telefonisch angekündigt worden war, und hofiert ihn von allen Seiten. Dann gibt es in der Geschichte noch den "treuen Gefährten" in Person des Kammerdieners, dazu noch eine kleine Prise Liebe - der echte Millionär hat ein bezauberndes Töchterlein, das ihm samt Hausdame ins Nobelhotel nachgereist kommt -:

schon ist die Geschichte rund und bestens geeignet, immer wieder neu erzählt zu werden, ob als Bühnenstück, als Hörspiel oder als Film.

Am 14. Juli 1955, rund 20 Jahre nach dem Erscheinen des Buches, startete in den deutschen Kinos die erste Verfilmung von "Drei Männer im Schnee". Das Drehbuch stammte von Erich Kästner persönlich, der zudem im Film als Erzähler fungierte, Regie führte mit Kurt Hoffmann DIE damalige Koryphäe in Sachen deutscher Komödie, und einer der besten Bergfilmer jener Zeit lieferte als Kameramann herrliche Schwarzweiß-Bilder der verschneiten Landschaft rund um Kitzbühel.

Alles erstklassig also, auch dank der exzellenten Schauspielerinnen und Schauspieler - doch leider alles auch furchtbar brav. Der Millionär ist ein grundanständiger Mann mit Schwung und viel Sinn für Humor; Kammerdiener wie Hausdame wollen nichts Anderes vom Leben als rund um die Uhr ihrem Herrn dienen, und der jugendliche Held ist zwar arbeitslos, lächelt aber stets ganz reizend, hat seine Mama lieb und benimmt sich auch ansonsten derart fabelhaft, dass sich eigentlich nicht der kleinste Funken Erotik entzünden dürfte zwischen ihm und der Dame seines Herzens. Man muss es leider sagen: Trotz der hervorragenden Crew, trotz aller handwerklichen Qualität, trotz des großen, lang anhaltendenden Erfolgs dieser Verfilmung: wirklich gut ist sie nicht. Denn in ihr ist Kästners Geschichte abhandengekommen, was jede wirklich gute Komödie ausmacht: Die Tragödie, die ihr zugrunde liegt.


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