25. Juni 1822 E.T.A. Hoffmann stirbt
E. T. A. Hoffmann war hin- und hergerissen. Sollte er als Jurist arbeiten oder als Musiker und Dichter? Bezahlt gemacht hat sich nur der Jurist, doch die Nachwelt freut sich über den Künstler.
25. Juni
Montag, 25. Juni 2018
Autor(in): Herbert Becker
Sprecher(in): Andreas Wimberger
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
"Wilhelm" ist ein Vornamen, der irgendwie Assoziationen mit Preußen und Pickelhaube weckt. "Amadeus" ist gewissermaßen das Gegenteil davon; das klingt nach Oper und Konzert. Man scheint das schon im frühen 19. Jahrhundert so empfunden zu haben.
E. T. A. Hoffmann vereinigte das, wofür die beiden Namen stehen, in sich. Was heißt ... "vereinigte"?! Hoffmann war zeitlebens gespalten, hin und her gerissen zwischen dem Wilhelm und dem Amadeus in sich. Eigentlich hieß er Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann und war von Beruf Jurist. Bekannt wurde er jedoch als Dichter und Komponist, und bei seinen künstlerischen und literarischen Produktionen ersetzte er den dritten Vornamen Wilhelm durch das mozartsche Amadeus.
… nur um fressen zu können
Schon während Ernst Theodor Wilhelm die Rechte studierte, nahm Ernst Theodor Amadeus Musik- und Zeichenunterricht und schrieb Romane. Mit 24 wurde er Assessor am Berliner Kammergericht - und komponierte nebenher ein Singspiel. Er hatte Umgang mit hochgestellten Persönlichkeiten - und verteilte auf einem Faschingsball selbst angefertigte Karikaturen, die sie in lächerlichen Posen zeigten. Die Strafversetzung, die daraufhin folgte, trug sicher bei zu dem Entschluss, den Wilhelm abzuschütteln und ganz zum Amadeus zu werden, also die Musik zum Lebensberuf zu machen. Hoffmann dirigierte ein Orchester, gab Gesangsunterricht und schuf Bühnenbilder, darüber hinaus schrieb er Musikkritiken und Erzählungen. Leider gelang es ihm nicht, damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, zumal er auch einen starken Hang zu alkoholischen Getränken hatte und viel Geld in Weinstuben ließ.
"In der höchsten Not den alten Rock verkauft, nur um fressen zu können!!", schrieb er 1812 in sein Tagebuch - da war er 36. Im Jahr darauf dirigierte er am Dresdener Opernhaus die Zauberflöte. Doch als er sich mit dem Prinzipal zerstritt, war die Karriere des Amadeus beendet; es blieb nichts anderes übrig, als diejenige des Wilhelm wieder aufzunehmen.
Hoffmann kehrte in den preußischen Staatsdienst zurück und brachte es rasch zum Kammergerichtsrat - allerdings ohne das Schreiben und das Komponieren aufzugeben. Die Oper "Undine" entstand, daneben ein umfangreiches literarisches Werk: Märchen, Erzählungen, Romane.
Parodistische Darstellungen
Es gab sogar Momente, in denen Wilhelm und Amadeus versöhnt waren, etwa als Hoffmann ein Gutachten zugunsten des Turnvaters Jahn verfasste. Jahn war der Obrigkeit ein Dorn im Auge, weil er angeblich eine "höchst gefährliche Lehre von der Einheit Deutschlands aufgebracht" hatte. Hoffmanns Bericht geriet nicht nur zu einem juristischen, sondern auch zu einem schriftstellerischen Glanzstück. Viel Beifall erhielten auch die parodistischen Darstellungen von Staatsbeamten- naturgemäß aber nicht von den Betroffenen. Die strengten vielmehr ein Disziplinarverfahren an. Dessen Abschluss erlebte Hoffmann nicht mehr. Er starb am 25. Juni 1822. Auf seinem Grabstein steht: "E. T. W. Hoffmann ... Kammer Gerichts Rath / ausgezeichnet im Amte / als Dichter / als Tonkünstler / als Maler." Darüber hätten sich Wilhelm und Amadeus wohl gleichermaßen gefreut.