6. Mai 2001 Erster Weltraumtourist kehrt wohlbehalten zur Erde zurück
Dennis Tito will einmal ins All fliegen, die Erde von oben sehen. Allerdings haben diesen Wunsch viele und zu einer Astronautenausbildung reicht es bei den wenigsten. Auch bei Tito nicht. Also wird er Millionär und kauft sich sein Ticket in den Kosmos, mit einer russischen Sojus. Autor: Hartmut E. Lange
06. Mai
Montag, 06. Mai 2024
Autor(in): Hartmut E. Lange
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Der Himmel ist wolkenlos, als die Sojus-Kapsel TM 31 in die Erdatmosphäre eintaucht. Ein riesiger Fallschirm entfaltet sich, um das rasende Gefährt abzubremsen. Die Landung in der kasachischen Steppe ist unsanft, was die enorme Staubwolke verrät. Ärzte und Techniker helfen den Männern aus dem Landemodul: dem Kommandanten Talgat Mussabajew, dem Bordingenieur Juri Baturin, und einem Dritten, der sich vor Begeisterung gar nicht mehr einkriegt. Mit Daumen hoch, fuchtelnd in die Kamera gereckt, ruft er unablässig: "Great! Great! It‘s sooo great!"
Ü60 Astronaut
Raumfahrer sind sportliche Frauen und Männer, Leute in den besten Jahren. Doch wer ist dieser 60-jährige Typ mit Halbglatze und dem Lächeln eines netten Großvaters? Titow - den Namen hat man im Zusammenhang mit Raumfahrt schon mal gehört: German Titow, zweiter sowjetischer Kosmonaut. Aber wer ist denn Dennis Tito? Der Mann im weißen Overall, mit dem Sternenbanner am linken Oberarm, ist der erste Weltraumtourist. Nach 7 Tagen, 22 Stunden und 4 Minuten im All ist Dennis Tito am 6. Mai 2001 wohlbehalten auf die Erde zurückgekehrt.
Ein Jugendtraum
Eine Reise ins All, davon träumt Tito schon lange. Spätestens seit April 1961, als die Sowjets mit Juri Gagarin, dem ersten Menschen im Weltraum, beweisen: Es ist machbar! Tito, Sohn italienischer Einwanderer, verfolgt sein Ziel voller Ehrgeiz. Er studiert Luft- und Raumfahrttechnik an der New York University. Anschließend heuert der junge Ingenieur bei einer Firma in Los Angeles an, die für die NASA arbeitet.
Tito berechnet Flugbahnen der Mariner-Mission, ein Projekt, bei dem Sonden zum Mars und zur Venus geschickt werden. Doch zum Raumfahrer reicht es nicht, dafür fehlt ihm der fliegerische Background. Damals sind alle amerikanischen Astronauten ausgebildete Air Force Piloten.
Anfang der 70er Jahre wechselt der Techniker in die Finanzwelt. Tito kann nicht nur Flugbahnen, offenbar auch Aktienkurse berechnen, er wird ein gefragter Investmentberater. Als die Sowjets 1991 Passagier-Flüge zur Raumstation MIR anbieten, steht er als Erster bei ihnen auf der Matte. Doch der Untergang der UdSSR und das damit verbundene politische Chaos lassen seine Träume wieder zerplatzen. Um die Jahrtausendwende - inzwischen umrundet die ISS unseren Planeten - klopft Tito erneut bei der Raumfahrtbehörde an. Die Russen brauchen Geld, für Tito, der inzwischen Multimillionär ist, kein Problem - er zahlt 20 Millionen Dollar für sein Ticket. Im Sternenstädtchen, unweit von Moskau, folgt ein 6-monatiger Kosmonauten-Crashkurs.
Die Amerikaner sind gegen diesen Amateur auf der ISS, doch die Russen wollen seine Millionen. Tito muss erklären, dass er für eventuell verursachte Schäden haftet. Und in den amerikanischen Bereich der Station darf er nur in Begleitung eines US-Astronauten einschweben. Und was macht ein Tourist während über 120 Erdumrundungen? Filmen, fotografieren, und bei der Küchenarbeit helfen. Nach seiner Rückkehr schaut Tito weiter nach oben. Heute ist er über 80 - und trainiert hart, denn er muss fit bleiben. Bei Space X stehen er und seine 25 Jahre jüngere Ehefrau auf der Passagierliste für Mondumrundungen. Wann? Sobald wie möglich.