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25. April 1983 Stern stellt Hitlers Tagebücher vor

Die Geschichte des Dritten Reiches müsse umgeschrieben werden, meinte man. Schließlich hatte man nicht weniger entdeckt als die Tagebücher von Adolf Hitler, die das Nachrichtenmagazin "Stern" veröffentlichte. Doch Hitlers Ergüsse waren gefälscht - von Konrad Kujau: einer der größten Presseskandale der Nachkriegszeit. Autor: Thomas Grasberger

Stand: 25.04.2024 | Archiv

25.04.1983: Stern stellt Hitlers Tagebücher vor

25 April

Donnerstag, 25. April 2024

Autor(in): Thomas Grasberger

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Frank Halbach

Im Grunde ist die Sache ja ganz einfach. Will man etwas unbedingt haben - zum Beispiel einen Lottogewinn - macht man die Augen zu und denkt fest daran. Ganz fest. So richtig ganz, ganz fest. Danach macht man die Augen wieder auf. Und voilà: Da ist der Hauptgewinn. Oder eben auch nicht.

Der große Coup

So ähnlich darf man sich wohl auch den größten Fälscher-Skandal in der Geschichte des deutschen Journalismus vorstellen. Ganz, ganz fest haben die Verantwortlichen des Nachrichtenmagazins "Stern" daran geglaubt, den "größten journalistischen Coup der Nachkriegszeit" zu landen. Einen publizistischen Lottogewinn, der die Auflage in die Millionenhöhe treibt. Nämlich die Original-Tagebücher des größten Schurken der Weltgeschichte - Adolf Hitler.
Die Verantwortlichen in Verlag und Redaktion haben so fest daran geglaubt, dass sie die Augen auch dann noch fest verschlossen, als sich erhebliche Zweifel an der Echtheit der Tagebücher regten. Drei Jahre lang hatte der "Stern"-Reporter Gerd Heidemann auf teils abenteuerliche Weise die Schriftstücke besorgt. Am Ende waren es 62 Bände, die der Stern für insgesamt 9,3 Millionen D-Mark gekauft hat. Einzelne Blätter wurden zur Prüfung an Fachleute gegeben. Aber zu viel wollte man natürlich nicht preisgeben, es sollte ja ein Knüller werden! Ganz exklusiv! Weshalb man die Sache möglichst lange geheim hielt, auch im eigenen Haus. Nur Stichproben ließ man vom Bundesarchiv im Koblenz untersuchen. Und prompt kamen Zweifel an der Echtheit der Tagebücher auf. Das endgültige Ergebnis der Echtheitsuntersuchung wollte man lieber nicht abwarten.
Am 25. April 1983 lud der Stern zu einer internationalen Pressekonferenz in sein Verlagshaus. 200 Reporter aus aller Welt waren anwesend, 27 Fernsehteams.
Ein Riesen-Event! Die Geschichte des Dritten Reiches müsse teilweise umgeschrieben werden, hieß es. Drei Tage später startete der Stern seine Serie mit Hitlers geheimen Tagebüchern. Die Auflage wurde von 400.000 auf 2,2 Millionen erhöht.
Internationale Magazine interessierten sich für die Zweitverwertungsrechte des sensationellen Fundes.

Die große Pleite

Weitere acht Tage später kam dann die Meldung: Die Tagebücher sind gefälscht. Und zwar von dem Maler und Kunstfälscher Konrad Kujau. Der hatte alle 62 Bände selbst geschrieben, was er vor Gericht auch zugab.
Kujau wurde wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Reporter Heidemann, der einen Millionenbetrag für die gefälschten Tagebücher unterschlagen haben soll, bekam vier Jahre und acht Monate Haft. Das Hamburger Landgericht erkannte auch ein erhebliches Mitverschulden von Verlag und Redaktion des Magazins Stern. Es war eine journalistische Katastrophe! Und man kann sich gut vorstellen, wie die Verantwortlichen in jenen Wochen ganz fest die Augen zumachten und hofften, dass der Alptraum vorbei sei, wenn sie sie wieder öffneten. Aber das klappte nicht so recht. Der Ruf war beschädigt. Man entschuldigte sich öffentlich, die Chefredaktion trat zurück und die Auflage rauschte in den Keller.


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