Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. Oktober 1619 Kolloquium, ob Kometen wunderbare Zeichen Gottes sind

Kometen als Zeichen Gottes! Und wer Kometen berechnen kann, der schaut Gott in die Karten - dachte sich der Rechenmeister Johannes Faulhaber und verbreitete mit der Vorhersage der Apokalypse Furcht und Schrecken. Autor: Martin Trauner

Stand: 18.10.2019 | Archiv

18.10.1619: Kolloquium, ob Kometen wunderbare Zeichen Gottes sind

18 Oktober

Freitag, 18. Oktober 2019

Autor(in): Martin Trauner

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Am 18. Oktober 1619 tagte ein seltsames Kolloquium im Ulmer Pfarrkirchenpflegebauamt. Ausnahmsweise disputierte man nicht auf Latein, wie in der damaligen Zeit üblich, sondern auf Deutsch. Den Stein des Anstoßes hatte der Rechenmeister Johannes Faulhaber geliefert. Er hatte behauptet, den Kometen, der ein Jahr zuvor, im Winter 1618, über Ulm mit bloßem Auge zu sehen war, nicht nur vorausgesagt, sondern sogar berechnet zu haben. Er, der Sohn eines Webers, der nicht einmal Latein konnte. Und nun sollte er sich vor der Stadtelite rechtfertigen.

Furcht und Schrecken

Nun wusste man im 17. Jahrhundert nicht allzuviel über Kometen. Im Großen und Ganzen hing man immer noch der aristotelischen Lehre an, Kometen seien Ausdünstungen der Erde, die sich in Sonnennähe entzünden. Doch das zu klären, darum ging es dem Ulmer Kolloquium nicht. Man befasste sich vielmehr mit den Folgen einer Kometenerscheinung. - Kometen lösten schon, seitdem der Mensch in den Himmel blickt, Furcht und Schrecken aus. Sieht der helle Schweif nicht wie ein blitzendes Schwert aus? Ist das Universum aus den Fugen geraten? Ist der Komet etwa ein Zeichen des göttlichen, himmlischen Personals, um schreckliche Ereignisse anzukündigen?

Und nun also behauptete Johannes Faulhaber, er, der die genaue Ankunft des Kometen berechnen konnte, er und nur er habe dadurch Einsicht in die Göttlichen Pläne. Das hieß für ihn: Tut Buße, bevor es zu spät ist. Die Apokalypse naht! Endkampf Gog und Magog! So steht's in der Bibel. Und hatte nicht auch der kaiserliche Astrologe Johannes Kepler geschrieben, der Schweif eines Kometen löse Dürre, Pest und Krieg aus? Etwa den Dreißigjährigen Krieg, der 1618 begann?

Tatsächlich mutmaßte auch Kepler, damals waren übrigens Astrologie und Astronomie noch ein Fach, dass Kometen das Geschick unserer Erde beeinflussen könnten. Nur glaubte er nicht, dass sich Gott in die Karten schauen ließe.

666

Die Ulmer Kometologen, Lehrer und Pfarrer, kamen Johannes Faulhaber schnell auf die Schliche, wie er die Ankunft des Kometen "berechnet" hatte. Er hatte aus einem keplerschen Astronomiekalender einfach zwei Zahlen herausgepickt. Die Angaben, wie groß die Länge des Mondes und die Breite des Mars am 1. September 1618 seien, beide Male genau 3 Grad 33 Minuten. Faulhaber addierte die Zahlen und er kam auf 666. Böse Zahl!! Kommt schon in der Apokalypse des Johannes vor und verheißt nichts Gutes. Also folgerte er: Ein schrecklicher Komet wird uns heimsuchen.

Faulhaber hatte wohl nur einen Zufallstreffer gelandet. Wobei: So ganz zufällig war das nicht: Das Jahr 1618 gilt als das Kometenjahr. Gleich drei Kometen zogen über Ulm und die Lande. - Jedenfalls: Das Kolloquium untersagte Johannes Faulhaber, weiterhin Furcht und Schrecken zu verbreiten. Daran gehalten hat er sich übrigens nicht lange...


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