5. Mai 1901 Londons erstes Parkhaus entsteht
Parkplatzmangel herrschte schon um 1900. Die City & Suburban Electric Carriage Company schuf Abhilfe: mit dem ersten Parkhaus von London. Autorin: Julia Devlin
05. Mai
Mittwoch, 05. Mai 2021
Autor(in): Julia Devlin
Sprecher(in): Johannes Hitzelberger
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Das Automobil entstand in den 1880er Jahren in Europa. In Windeseile war es in der ganzen Welt verbreitet und aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Auch wenn es um die Jahrhundertwende längst nicht so massenweise verbreitet war wie heute, gab es doch sehr früh schon Parkplatzprobleme in den Städten. Um möglichst viele Autos auf möglichst kleiner Fläche unterzubringen, eröffnete am 5. Mai 1901 die City & Suburban Electric Carriage Company ein siebenstöckiges Parkhaus in London. Gleich hinter Piccadilly Circus, im Herzen der Stadt. Dort konnten über 100 Automobile geparkt werden. Ein Lift transportierte die Autos zwischen den Stockwerken.
Stilikone im Elektroauto
Die City & Suburban Electric Carriage Company betrieb nicht nur das Parkhaus, nein, sie produzierte auch Autos. Wie der Name schon andeutet, waren es Elektroautos. Denn zu Beginn der Automobilität war der Weg zum Verbrennungsmotor nicht so geradlinig, wie er im Nachhinein scheint.
Eine der ersten Kunden, die von der Parkgarage hinter Picadilly Circus beliefert wurden, war die Königin von England. Queen Alexandra orderte im Mai 1901 eine Victoriette, einen kleinen, eleganten Zweisitzer, der noch wie eine Kutsche aussah, mit grüner Lederpolsterung und aufklappbarem Verdeck. Mit einer aufgeladenen Batterie konnte man damit 65 Kilometer weit fahren und eine Höchstgeschwindigkeit von 33 Stundenkilometern erreichen. Und das ganz ohne Motorengeknatter. Mit ihrer Victoriette fuhr Queen Alexandra gerne im Park der königlichen Residenz in Sandringham herum. Eine Photographie zeigt die Königin, eine Stilikone ihrer Zeit, wie sie mit Pelzstola, bodenlangem, eleganten Mantel und ihrem Markenzeichen, einer unbarmherzigen Wespentaille, in ihrem Elektroauto sitzt.
Gut, dass ihre Schwiegermutter, die gestrenge Queen Victoria, das nicht mehr erleben musste, sie war ein Vierteljahr zuvor gestorben.
Billiger als Pferde
Das Königshaus zu seinen Kunden zu zählen, welch bessere Publicity könnte sich ein Autohaus wünschen? Bald konnte es sich rühmen, dass seine Elektroautos beim englischen Adel, und wie es betonte, beiderlei Geschlechts sehr beliebt waren. Sie taten aber auch alles für die geschätzte Kundschaft. Das große Parkhaus im Herzen Londons diente nämlich nicht nur zum Verkaufen und Unterstellen der Vehikel, dort wurden die Autos auch gereinigt, repariert und gewartet, die Batterien aufgeladen (- in viereinhalb Stunden) oder ausgewechselt (- in fünf Minuten). Ein Bring- und Holservice ergänzte das komfortable Angebot. "Unsere Garage erspart Ihnen jeglichen Ärger und ist billiger als Pferde", so warb die City & Suburban Electric Carriage Company und setzte stolz das royale Wappen über ihre Anzeigen: By special appointment to her Majesty the Queen!
Seit den Maitagen des Jahres 1901 ist viel Wasser die Themse hinuntergeflossen. Das Parkhaus der City & Suburban Electric Carriage Company steht nicht mehr und die Queen fährt einen Landrover. Aber neuerdings bekommen batteriebetriebene Elektroautos wieder viel Aufmerksamkeit.