31. Januar 2024 In Moskau wird das erste sowjetische McDonald´s-Restaurant eröffnet
Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre wurden die Löcher im Eisernen Vorhang mehr und sie wurden sichtbarer. Etwa an dem Tag, als eine bekannte US-amerikanische Fastfood-Kette ihre erste Filiale in Russland eröffnete, genau in der Hauptstadt. Der Ansturm auf Burger und Co. war enorm. Autorin: Susanne Hofmann
31. Januar
Mittwoch, 31. Januar 2024
Autor(in): Susanne Hofmann
Sprecher(in): Christian Baumann
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Die ersten kamen um vier Uhr morgens. Noch in der Dunkelheit stellten sie sich in die Schlange, die bald zu einer Länge von einem Kilometer anwachsen sollte. Viele trugen die typischen Pelzmützen mit Ohrenklappen, und alle waren voller Neugier und Vorfreude auf - ja auf was eigentlich? Spötter würden sagen: auf hochkalorische Happen mit einer Überdosis Fett, Zucker und Zusatzstoffen. Oder aber: auf den American Way of Life. Der zeigte sich im Januar 1990 auch hinter dem schon löchrigen eisernen Vorhang immer deutlicher. Die Moskauer waren jedenfalls gespannt - auf diesen sagenumwobenen McDonalds. Am 31. Januar 1990 eröffnete die US-amerikanische Fastfood-Kette ihr erstes Restaurant in der sowjetischen Hauptstadt: Der Siegeszug des Kapitalismus war unaufhaltsam. Die Eröffnungsrede stellte den kanadischen Gründungsvater des neuen McDonald’s, George Cohen, in eine Reihe mit Lenin und Gorbatschow.
Mit Ketchup und Mayo
Big Mac, Cheeseburger, Pommes, Milkshake, Cola und Co wurden den Neugierigen an diesem Tag zum ersten Mal aufs Tablett gepackt. Im Akkord und mit einem Dauerlächeln. Das war ein Auswahlkriterium bei der Bewerbung für den Job hinter der Theke: Können Sie vier Stunden lang lächeln?, lautete da eine Frage. Die neuen Chefs aus dem Westen mussten schließlich unter 27.000 Bewerbern auswählen - für gut 600 Jobs.
14 Jahre lang hatte der Konzern mit Moskau verhandelt und schließlich 50 Millionen Dollar investiert. McDonald’s ließ Bullensamen importieren, um daraus besonders magere Rinder für die Burger zu züchten. Extra große Kartoffeln wurden für die Fritten angebaut. Eine eigene Molkerei lieferte Milch für die Milkshakes. 3.000 Liter in der Stunde!
Ebenfalls stündlich wurden 10.000 Hamburgerpatties gepresst, 500 Kilo Kartoffeln verarbeitet und 15.000 Brötchen gebacken. Das Höher, Schneller, Weiter war in Moskau angekommen. Man setzte auf nicht Kleckern, sondern Klotzen: Mit seinen 700 Plätzen war das Moskauer Restaurant die größte der damals 11.000 McDonald’s-Filialen der Welt.
Mittendrin und opulent
Im Herzen der Stadt, unter dem großen gelben M, zu Füßen der Statue des russischen Nationaldichters Puschkin, rollte vom ersten Tag an der Rubel. Ein Big Mac war für 3,75 Rubel zu haben - ganz schön happig: Vier davon zusammen verschlangen so viel Geld wie die Monatsmiete einer Zwei-Zimmer Wohnung. Die sowjetische Tageszeitung Iswestija nannte diese Burger "Mnoga-Etáschi-Buterbrot" - frei übersetzt: Hochhaus-Sandwich.
Doch dann: 2022, Zeitenwende. McDonald’s zieht sich aus Russland zurück. Dort hatte es inzwischen 850 Filialen aufgebaut. Statt des großen gelben M sieht man jetzt in den Städten ein orange-grün-weißes Logo. Die Restaurants gehören einem russischen Investor. Für die Kunden heißt das wie gehabt: Burger, Milchshakes und Pommes, das Ganze trägt aber einen anderen Namen: Wkusno i totschka – zu Deutsch so was wie: Lecker und Punkt.
Schluss, aus, vorbei also mit McDonald’s in Russland? Womöglich nur vorläufig. Denn der Konzern hat den Vertrag mit dem neuen Eigentümer mit einer Klausel versehen. Darin behält sich die US-Kette vor, die Restaurants binnen 15 Jahren wieder zurückzukaufen.