1. Mai 1928 Pfalzsender in Kaiserslautern eröffnet mit Programm aus München
Endlich auch angekommen im Äther, dachten sich die Pfälzer, als in Kaiserlautern der Pfalzsender an den Start ging. Allerdings wurde ihr Radioprogramm erstmal importiert aus München. Nicht nur waren da die Wege weit, auch die Meinungen zu Inhalt und Programm lagen durchaus auseinander. Autor: Thomas Grasberger
01. Mai
Mittwoch, 01. Mai 2024
Autor(in): Thomas Grasberger
Sprecher(in): Caroline Ebner
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Wenn zusammenwächst, was nicht zwingend zusammengehört, gibt es manchmal Störgeräusche. Zwischen Bayern und der Rheinpfalz zum Beispiel. Zusammengekommen waren sie durch dynastische Verbindungen im 18. Jahrhundert und vor allem durch die Interessen der Großmächte auf dem Wiener Kongress. Das pfälzische Territorium links des Rheins, das zwischenzeitlich zum revolutionären Frankreich Napoleons gehört hatte, wurde 1816 kurzerhand dem Königreich Bayern zugeschlagen. Wumms!
Gemeinsam!
Allen Unterschieden zum Trotz. Denn die 400.000 Pfälzer Neubürger waren zu fast 60 Prozent evangelisch und überdies recht liberal, ja demokratisch gestimmt. Zwei Generationen hat´s gedauert, bis sich Altbayern und die Pfalz einigermaßen zusammengerauft haben. Nach dem Ersten Weltkrieg aber wurde die Rheinpfalz wieder von den Franzosen besetzt. Und weil die Hauptstadt München so weit weg war, gab es unter den Pfälzern bald separatistische Bestrebungen, die von Paris genährt und von deutschnationalen Kräften in München unterdrückt wurden. An Störgeräuschen fehlte es also nicht, zumal sich die Pfälzer nur höchst unzureichend durch Bayern vertreten fühlten.
Auseinander!
In jenen Jahren eroberte gerade das Radio die Wohnstuben. Seit 1924 schickte der Rundfunk in München Sendungen in die Welt hinaus, und bald folgten auch Programme aus Nürnberg und Augsburg. Die Pfälzer hingegen mussten warten. Bis zum 1. Mai 1928. An jenem Tag wurde der Pfalzsender in Kaiserslautern offiziell eröffnet. Das Programm allerdings kam aus München. Das heißt, wenn´s gut lief, was aber nicht immer der Fall war.
Vor allem abends sei der Radioempfang akustisch "ungenießbar", schimpften die pfälzischen Zeitungen. Die meisten der damals gehandelten Empfangsgeräte konnten die Wellenlänge, auf der gesendet wurde, nicht gut empfangen.
Selbst die Bayerische Radiozeitung musste seinerzeit zugeben, dass die Pfalz zu den Stiefkindern des Rundfunks gehörte. Man gab die Schuld dafür der Reichspost in Berlin. Die pfälzischen Klagen jedoch richteten sich auch gegen München. Vor allem, wenn es um das Programm ging. Denn im Unterschied zu den Sendern in Nürnberg und Augsburg, so der Vorwurf im Jahr 1931, werde die Pfalz schmählich vernachlässigt. Übertragungen fänden fast gar keine statt und auch die pfälzischen Sendestunden innerhalb des Münchner Programms seien immer weniger geworden. Kurzum, bei Radio Kaiserslautern handle es sich um einen "Pfalzsender ohne Pfalz"!
Die Programmmacher in München entgegneten in der Radiozeitung, dass es in jüngster Zeit immerhin 12 pfälzische Sendungen, darunter zwei Übertragungen gegeben habe. Allerdings dürfe man nicht vergessen: Die Kosten dafür seien unverhältnismäßig hoch, "da stets das Übertragungsauto mit 4-5 Mann Bedienung notwendig" sei. Die Autostrecke in die Pfalz aber "betrage rund 480 Kilometer, was hin und zurück bei 50 Pfennig Betriebskosten pro Fahrtkilometer allein 480 Mark ausmacht." Kurzum, der Pfalzsender war dem Bayerischen Rundfunk zwar lieb, vor allem aber zu teuer. Ach ja, das liebe Geld. Es war halt schon immer Anlass für atmosphärische Störgeräusche jeglicher Art.