28. März 1946 Acheson-Lilienthal-Report zur Kontrolle von Atomenergie veröffentlicht
Robert Oppenheimer, auch "Vater der Atombombe" genannt, engagierte sich nach dem Krieg für die internationale Kontrolle der Atomenergie. Der Acheson-Lilienthal-Report von 1946, der Vorschläge dafür unterbreitet, trägt seine Handschrift. Doch nicht bei allen Staaten kommen diese Ideen an. Autorin: Brigitte Kohn
28. März
Donnerstag, 28. März 2024
Autor(in): Brigitte Kohn
Sprecher(in): Irina Wanka
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Wer sich einen Atombombenentwickler vorstellen wollte, ohne Robert Oppenheimer zu kennen, käme bestimmt nicht auf einen Charakter wie ihn: amerikanischer Patriot mit kommunistischen Neigungen, Jude mit Hang zum Hinduismus, Physiker mit Passion für Gedichte, charismatisch, nervös, bisweilen zwiespältig. Und doch treibt Oppenheimer den Bau der Atombomben, die im August 1945 Hiroshima und Nagasaki in Schutt und Asche legen, mit großer Entschlossenheit voran. Er befürwortet den Abwurf zu einem Zeitpunkt, als Nazi-Deutschland schon besiegt und der Zweite Weltkrieg schon entschieden ist, und redet den Zweiflern in den eigenen Reihen die Bedenken aus. Warum.
Für den Weltfrieden
Vieles spricht dafür, dass Oppenheimer die Hoffnung hegt, Vater des Weltfriedens zu werden. Eine Menschheit, die die Zerstörungskraft der neuen Nuklearwaffen kennengelernt habe, so denkt er, müsse zwangsläufig friedliche Formen der Konfliktlösung entwickeln, um ihre Selbstauslöschung zu verhindern. Oppenheimer, ehrgeizig und Weltverbesserer von Jugend an, will ihr den Weg weisen.
Eine Regierung für die ganze Welt
Nach dem Krieg entwickelt er seine Vorstellungen für die Zukunft. Die Amerikaner sollen ihre Monopolstellung aufgeben und ihre atomaren Geheimnisse mit der Welt teilen, damit die friedliche Nutzung der Atomenergie im internationalen wissenschaftlichen Austausch vorankommen kann. Ein internationales Gremium soll sicherstellen, dass die Nutzung überall in der Welt wirklich nur friedlichen Zwecken dient, und auch die Kontrolle über alle Uranminen bekommen.
Auf lange Sicht schwebt Oppenheimer eine Art Weltregierung vor: Das wäre seiner Meinung nach die einzige Instanz, die einen Atomkrieg zuverlässig und dauerhaft verhindern könne.
1946 ist der Kalte Krieg noch in einiger Ferne. Es gibt Verhandlungen und Absprachen mit den Sowjets, die tatsächlich auf die Gründung einer Atomenergiekommission bei den Vereinten Nationen hinauslaufen. US-Präsident Harry Truman setzt einen Ausschuss ein, der Vorschläge für eine internationale Kontrolle der Atomenergie erarbeiten soll.
Oppenheimer zählt zu den Beratern und hat dank seines Ansehens und seiner Überzeugungskraft sehr viel Einfluss. Die Ergebnisse tragen seine Handschrift und werden am 28. März 1946 unter dem Titel "Acheson-Lilienthal-Report" veröffentlicht, benannt nach den Leitern des Ausschusses. Bis heute sehen viele in diesem Bericht ein Dokument der Vernunft im beginnenden Atomzeitalter, andere halten ihn für einen Niederschlag von Oppenheimers Naivität.
Präsident Truman jedenfalls will die Sowjets in Schach halten und ist nicht bereit, das amerikanische Atommonopol aufzugeben. Und die Chefs der aufstrebenden und lukrativen Atomindustrie haben keineswegs vor, die Kontrolle über die Uran-Bergwerke in Privatbesitz an eine internationale Behörde zu delegieren. Truman sorgt also dafür, dass der Report nur in stark überarbeiteter Form vor den Vereinten Nationen vorgetragen wird. Was vorauszusehen war, tritt ein: Die Sowjets lehnen ab. Oppenheimer hat die Enttäuschung darüber nie ganz verwunden.