10. August 1893 Rudolf Diesels erster Versuchsmotor läuft
Das Patent dafür war schon weit über Jahr alt, bis Rudolf Diesels Idee endlich zündete. "Er läuft", meinte Diesel. Bis er das aber mit der sprichwörtliche Zuverlässigkeit eines Dieselmotors tat, dauerte es noch ein Weilchen. Der als "Neue rationelle Wärmekraftmaschine" angemeldete Motor sollte die Welt verändern. Autor: Hellmuth Nordwig
10. August
Donnerstag, 10. August 2023
Autor(in): Hellmuth Nordwig
Sprecher(in): Caroline Ebner
Redaktion: Frank Halbach
Am Polytechnikum in München, der heutigen Technischen Universität, lehrt in den 1870-er Jahren der berühmte Carl von Linde. Thermodynamik zum Beispiel, was selbst für Ingenieure eher mittelspannend klingt. Einen 20-Jährigen Studenten aber bringt seine Vorlesung plötzlich auf eine Idee. Er notiert später:
"Da schrieb ich an den Rand meines Kollegienheftes: Studieren, ob es nicht möglich ist, (... sie) praktisch zu verwirklichen!"
Die zündende Idee
Der Student heißt Rudolf Diesel, und seine Idee wird zünden. Es ist die Zeit der Dampfmaschinen in Fabriken und Lokomotiven. Die verbrennen zwar jede Menge Kohle, wandeln aber von deren Energie höchstens 10 Prozent in Bewegung um. Theoretisch geht das besser, erzählt Linde, und das lässt Diesel fortan nicht los. Mehr als zehn Jahre lang nicht. Obwohl erst einmal Geldverdienen in einer Eisfabrik und Heiraten dran sind. Vielleicht hat es auch einfach so lange gedauert, bis Rudolf Diesel weiß, wie eine effizientere Maschine aussehen muss. Im März 1893 erhält er ein Kaiserliches Patent auf dieses Konzept und beginnt es umzusetzen.
Das geht nicht im Alleingang. Schon deswegen, weil der Apparat letztlich aus Stahl sein wird, zweieinhalb Meter hoch und vier Tonnen schwer. Diesel überlässt die Rechte für Süddeutschland der Maschinenfabrik Augsburg, die später noch einen Standort in Nürnberg haben wird und deshalb heute MAN heißt. Dort darf er experimentieren und merkt dabei, dass er von der Patentschrift deutlich abweichen muss. Was bleibt, ist ein Metallzylinder, in dem ein Kolben Luft auf so hohen Druck zusammenpresst, dass eingespritzter Brennstoff von selbst zünden sollte.
Durch die Verbrennung würde die Luft sich wieder ausdehnen und über den Kolben ein Schwungrad antreiben - so hat Diesel es sich ausgedacht.
Erste Zündung
Am 10. August 1893 ist alles fertig. Beim Mechaniker Hans Linder und bei Rudolf Diesel steigt die Spannung, ebenso wie der Druck im Zylinder - und als ein Öl eingespritzt wird, zündet es augenblicklich. Eine heftige Explosion zerfetzt ein Messgerät, dessen Trümmer an den Köpfen der beiden vorbeifliegen. Der Apparat selbst bleibt heil, er ist für diesen Druck ausgelegt. Trotzdem ist es ganz und gar nicht so, wie oft behauptet wird: an diesem Tag sei zum ersten Mal ein Diesel-"Motor" aus eigener Kraft gelaufen. Ein halbes Jahr dauert es noch, bis der erste Prototyp tatsächlich vor sich hin nagelt.
Rund 120 Jahre währt die Erfolgsgeschichte. Dann sorgen der Klimawandel und ein "Diesel-Skandal" dafür, dass der Motor in Verruf gerät. Der Erfinder kann da nun wirklich nichts dafür. Doch als er hätte er es geahnt, schreibt er während seiner Tüftelei:
"Das sind die Schwierigkeiten und Kämpfe, die jedem 'Propheten' begegnen. Was für eine Schlacht ist doch das Leben!"
Das ist sie auch für ihn, der es nie leicht genommen hat. Wegen Patentstreitigkeiten ist er auch noch in finanziellen Nöten. 1913 besteigt er das Fährschiff "Dresden" nach England - und geht auf der Fahrt über Bord. Warum, das ist bis heute ungeklärt. Eine Schiffsbesatzung findet zehn Tage später seinen Leichnam.