Abhilfe durch Migranten? Wirtschaft braucht Fachkräfte
Die Wirtschaft fordert immer nachdrücklicher, die Zuwanderungsregeln zu lockern. Viele Branchen suchen händeringend Fachkräfte. Deren Bedarf kann aus dem deutschen Nachwuchs offenbar nicht mehr gedeckt werden.
Topmanager oder herausragende Wissenschaftler können zwar von den Öffnungsklauseln des Zuwanderungsgesetzes profitieren. Und auch ausländische Studierende dürfen jetzt nach ihrem Abschluss noch bis zu einem Jahr in Deutschland bleiben, um einen Job zu finden.
Doch für "normal" qualifizierte Fachkräfte, die ja immerhin über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen, heißt es in der Regel nach wie vor: Wir müssen draußen bleiben. Dabei sucht die bayerische Wirtschaft gerade in diesem Bereich seit Jahren händeringend Leute.
Tausende Stellen sind laut Industrie- und Handelskammer (IHK) unbesetzt. Beispiel Gesundheitswirtschaft: 30 Prozent der Unternehmen äußerten einer IHK-Erhebung von 2010 zufolge, es gebe zu wenig Medizin- und Pharmatechniker, Masseure oder Fachkräfte in den Pflegediensten. Sollte sich die Situation nicht bessern, könne das auf Dauer sogar ein Betriebsrisiko sein, gaben mehr als 50 Prozent der befragten Unternehmen an.
IHK: Zuwanderung für Qualifizierte lockern
Mit einheimischen Arbeitnehmern sind die Lücken in diesem Sektor, aber etwa auch in der Bauwirtschaft oder im Einzelhandel, nicht mehr aufzufüllen; und angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland wird das in Zukunft noch schwieriger. Mittelfristig rechnet Peter Kammerer, Geschäftsführer der IHK München und Oberbayern, mit einer Nachfrage nach mehreren Hunderttausend Fachkräften.
Kanadisches Punktesystem
Laut Kammerer muss daher verstärkt auf Ressourcen aus dem Ausland zurückgegriffen werden. Die bayerische Wirtschaft fordert dementsprechend eine "arbeitsmarktorientierte Zuwanderung", damit verbunden einen Abbau der hohen Hürden beim Zuzug von Fachkräften.
So plädiert die IHK für das Punktesystem. Ein solcher Katalog mit Kriterien wie Sprachkompetenz, Berufsausbildung und Herkunftsland wird zum Beispiel von einem Einwanderungsland wie Kanada verwendet; ins deutsche Zuwanderungsgesetz floss er entgegen dem ursprünglichen Plan aber nicht ein.
Ein weiteres Problem ist laut Kammerer, dass Berufsabschlüsse aus Nicht-EU-Ländern in Deutschland meist nicht anerkannt werden. Regelungen für eine bessere Vergleichbarkeit in dieser Hinsicht seien dringend nötig. Denn, so der IHK-Geschäftsführer, Migranten im Arbeitsmarkt "belasten im Gegensatz zu denen ohne Qualifikation nicht die sozialen Sicherungssysteme".
Perspektiven für Jugendliche mit Migrationshintergrund
Die bayerische Wirtschaft setzt zudem verstärkt auf in Deutschland lebende Menschen mit Migrationshintergrund. Die IHK startete in Bayern mehrere erfolgreiche Projekte zur Förderung von Jugendlichen in Schule und Beruf, die ansonsten kaum eine Chance zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt gehabt hätten.