Sterben in der neuen Heimat Bestattungsrituale im Islam
Muslime glauben an einen einzigen Gott, sie glauben an Propheten, an Engel, an die heiligen Bücher, die Vorherbestimmung und das Jüngste Gericht. Also an vieles, woran auch Juden und Christen glauben. Doch was kommt bei Muslimen eigentlich nach dem Tod?
Christen, Buddhisten, Juden und Muslime - sie alle haben eigene Abschieds- und Trauerrituale. Das deutsche Bestattungsrecht setzt vielen Bräuchen jedoch enge Grenzen: Fast überall besteht Sargpflicht und ein Toter darf frühestens nach 48 Stunden beigesetzt werden. Mit diesen gesetzlichen Vorgaben haben Muslime in Deutschland ihre Schwierigkeiten, denn die islamischen Traditionen sehen vielfach ganz anders aus.
Viele Muslime lassen sich lieber in der Heimat bestatten
Im Koran steht: Ein Muslim soll dort begraben werden, wo er stirbt. Doch das spielt für die meisten türkischstämmigen Muslime keine große Rolle. Ein Großteil der Migranten wird zur Beerdigung in die Heimat überführt. Dort warten oft Familiengräber. Zudem können sich die Muslime dort sicher sein, dass ihre Traditionen gewahrt werden. Dazu gehört beispielsweise die Beisetzung des Toten in schlichten Leinentüchern anstatt in einem Sarg. In Deutschland ist dies laut Gesetz nicht gestattet. Lediglich wenige Bundesländer machen hierbei eine Ausnahme: Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Schleswig-Holstein und das Saarland.
Auch ist im Islam blumiger Grabschmuck nicht üblich: Grundsätzlich sollte eine Grabstelle nicht prunkvoll sein, sondern eher bescheiden wirken. Denn im Islam heißt es, dass im Tod alle Menschen gleich sind und dies sollte natürlich auch am Grab erkennbar sein. Außerdem ist die Mehrfachnutzung von Gräbern, die in Deutschland nach der üblichen Einhaltung der Totenruhe nach 25 Jahren ganz normal ist, im Islam nicht vorgesehen, weil sie die ewige Totenruhe stört.
Praktische Gründe für eine Beisetzung in Deutschland
Doch so viele Vorteile eine Beisetzung in der Heimat auch haben mag: Sie ist auch teuer. Nicht alle Familien können sich die Kosten von rund 2.000 Euro für eine Sargüberführung per Flugzeug leisten. Zudem ist auch dann nicht gewährleistet, dass der Tote möglichst zeitnah beerdigt werden kann, so wie es der Koran vorschreibt. Denn der Flugzeugtransport muss schließlich auch erst organisiert werden - und das kostet Zeit.
Keine Urnenbeisetzung im Islam
Eine Auferstehung nach dem Tod ist nach islamischen Glauben nicht möglich, wenn der Verstorbene verbrannt wurde. Er muss mit Leib und Seele vor dem Jüngsten Gericht erscheinen. Eine Urnenbeisetzung ist deswegen nicht möglich.
Und so kommt es, dass eine steigend Zahl an Muslimen inzwischen hier in Deutschland beerdigt wird. Viele Friedhöfe haben sich bereits darauf eingerichtet und bieten Beisetzungen nach islamischer Tradition an - zumindest soweit es das Gesetz zulässt. Dazu gehören beispielsweise auch Grabstellen, die nach Mekka ausgerichtet sind sowie ein Raum ohne christliche Zeichen, in dem die rituellen Waschungen des Verstorbenen durchgeführt werden können.
Traditionen und Rituale sind nicht starr
Egal ob christlich oder islamisch: Bestattungsriten sind ein Ausdruck persönlicher und kollektiver Identität. Doch diese Traditionen sind keinswegs starr, sondern befinden sich in ständiger Bewegung. Und so haben sich nicht nur hier in Deutschland sondern auch in vielen arabischen Ländern die Beerdigungsbräuche- und rituale schon etwas gemischt, nicht zuletzt, weil auch praktische Gesichtspunkte oft eine Rolle spielen. Wer also auf einem islamischen Friedhof zum Beispiel Blumen auf einem Grab sieht, kann sich auch ein bisschen über gelungene Völkerveständigung freuen.
Christentum, Judentum und Islam
Der Islam ist, neben Judentum und Christentum, eine der drei großen monotheistischen Religionen. Er ist die jüngste aller Weltreligionen, wenngleich seine Entstehungszeit auch schon mehr als 1400 Jahre zurückliegt. Das Judentum ist ca. 2000 Jahre, das Christentum ca. 600 Jahre älter.