Bayern 2 - Notizbuch

Behandlungsmöglichkeiten Welche Therapien gibt es bei HIV?

Bei der Behandlung von HIV gibt es große Fortschritte: Symptome treten kaum noch auf. Meist reicht eine Tablette pro Tag, die nur selten Nebenwirkungen hat. Heilbar ist eine HIV-Infektion allerdings nur in wenigen Einzelfällen.

Stand: 02.03.2023

1996 stellten Forschende vom Aids-Research-Center in New York zum ersten Mal die Dreifachkombinationstherapie vor. Damit revolutionierten sie die HIV-Behandlung. Mithilfe der antiretroviralen Therapie (ART) beziehungsweise der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) kann die Vermehrung der HI-Viren im Körper gebremst werden. Das HI-Virus ist dann unter Kontrolle. Anders als noch in den 1980er-Jahren führt eine HIV-Ansteckung heutzutage nicht mehr zu AIDS, stellt also kein Todesurteil mehr dar.

Antiretrovirale Kombinationstherapie bei HIV

In der antiviralen Kombinationstherapie werden mehrere Wirkstoffe miteinander kombiniert, die an verschiedenen Stellschrauben der Viren-Vermehrung ansetzen. Möglich gemacht hat diese Medikamentenentwicklung die Grundlagenvirologie, die das HI-Virus in all seinen Bestandteilen möglichst umfassend analysiert hat. So konnten entsprechende Medikamente entwickelt werden, die bestimmte Prozesse hemmen. Wie die Medikamente beim einzelnen Patienten wirken, hängt jedoch davon ab, mit welcher Virus-Variante er infiziert ist.

Manche Varianten weisen Resistenzen auf. Die Behandlung muss in diesem Fall an die Resistenzen angepasst werden. Allerdings kommen Resistenzen relativ selten vor. Ziel der Behandlung ist, das Immunsystem zu stärken und den Ausbruch von AIDS zu verhindern.

"Die Wirkstoffe in HIV-Medikamenten verhindern die Virusvermehrung. Damit es zu keiner Resistenzbildung kommt, blockieren sie die Virusvermehrung an verschiedenen Punkten. Wenn ein Arzneistoff ausfällt, weil eine Resistenz einsetzt, greift das andere an. Deshalb bleibt es immer wirksam."

Holger Wicht, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe

Audio: Genscheren gegen HIV?

Gute Verträglichkeit von HIV-Medikamenten

Eine HIV-Therapie ist heute kaum mehr mit Nebenwirkungen verbunden. Mediziner haben die Dreifachkombinationspräparate erheblich verbessert. Im Regelfall müssen Patienten nur noch einmal täglich eine Tablette einnehmen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit bleiben Nebenwirkungen aus - beste Voraussetzung dafür, dass eine Therapie zuverlässig über einen langen Zeitraum durchgehalten wird.

"Die Nebenwirkungen und Langzeitschäden von HIV-Medikamenten hat man gut in den Griff bekommen. Es gab anfangs Schäden am Herzen oder Probleme beim Fettstoffwechsel, aber das ist heute ganz anders geworden. Man merkt gar nicht mehr, dass man HIV hat, sofern man die medikamentöse Behandlung zuverlässig einhält. Heute haben Infizierte keinerlei Symptome mehr, weder durch die HIV-Infektion, noch durch die Medikamente."

Holger Wicht, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe

Spritze statt tägliche Pille

Anstelle der üblichen Tabletten lassen sich einige wenige Betroffene bereits Spritzen mit Depotwirkung verabreichen. Am 21. Dezember 2020 hat die Europäische Kommission ein HIV-Medikament als Depotspritze zugelassen. Die Spritzen werden einmal im Monat oder alle zwei Monate ins Gesäß verabreicht. Sie gelten als effektiver als entsprechende Tabletten. In Studien gibt es auch bereits Depotspritzen, deren Wirkung mehrere Monate anhält.

Der große Vorteil der Spritzen ist, dass man nicht jeden Tag an seine Medikamente denken muss und auch nicht jeden Tag an die Tatsache der eigenen Infektion erinnert wird. Sie gelten als gut verträglich. Anfangs macht sich der Einstich wie bei jeder Spritze bemerkbar, aber die Empfindlichkeit lässt bald nach - ähnlich wie nach einer Impfung.

Video: Die Immunreaktion bei HI-Virusinfektion

Ein Nachteil ist, dass die Depotspritzen nur von spezialisierten Ärzten oder Ambulanzen verabreicht werden. Das ist für manche ein Pferdefuß. Denn wenn man normalerweise nur alle drei Monate zur Kontrolle muss, erhöht sich der Rhythmus bei der Spritze auf alle ein bis zwei Monate. Für jemanden, der weiter entfernt von seinem spezialisierten Arzt oder einer Ambulanz wohnt, könnte das ein Grund sein, sich gegen die Spritze zu entscheiden.

"Wer in instabilen Verhältnissen lebt und nicht dran denkt, täglich ein Medikament einzunehmen, für die sind Depot-Präparate oder Langzeit-Injektionen besser. Das Problem ist manchmal, dass Betroffene vergessen, die Tabletten einzunehmen. Manche verstehen auch nicht, wie wichtig die regelmäßige Einnahme ist. In armen Ländern gibt es Menschen, die ihre Präparate verkaufen, weshalb sie Lücken bei der Einnahme haben. Das könnte man mit einer Spritze vermeiden, weil so der Wirkstoff eine Weile im Körper bleibt."

Holger Wicht, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe

Die Stammzelltransplantation entfernt HI-Viren

Auch wenn die Medikamente die Anzahl der HI-Viren im Körper stark herunterschrauben, bleiben doch immer noch Viren erhalten. Deshalb gilt die Erkrankung als unheilbar. In Einzelfällen ist es aber gelungen, mit Hilfe einer Stammzelltransplantation HI-Viren vollständig aus dem Körper zu entfernen. Allerdings ist diese aufwändige und lebensgefährliche Prozedur nur für Patientinnen und Patienten sinnvoll, die aufgrund einer Krebserkrankung eine Stammzelltransplantation durchlaufen müssen.

PEP Postexpositionsprophylaxe: Die Pillen danach

Wenn die Sorge besteht, dass sich jemand angesteckt hat, besteht die Möglichkeit, vier Wochen lang HIV-Medikamente einzunehmen. Das verhindert, dass sich die Infektion im Körper ausbreitet. Diese Behandlung nennt man Postexpositionsprophylaxe, kurz: PEP. Das bedeutet in etwa "Vorsorge nach einem Kontakt mit HIV".

Betroffen können Menschen sein, bei denen der Schutz beim sexuellen Kontakt mit HIV-Positiven versagt hat - zum Beispiel wegen eines gerissenen Kondoms. Oder Ärzte und Ärztinnen, die sich mit Nadeln oder Skalpellen von Patienten geschnitten oder gestochen haben, die nicht in HIV-Therapie sind und eine hohe Viruslast haben. Auch für Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung geworden sind, kann diese Behandlung wichtig sein.

"Mit einer PEP muss so schnell wie möglich nach dem HIV-Risiko begonnen werden. Am besten innerhalb von zwei Stunden, sonst möglichst innerhalb 24 Stunden, spätestens nach 48 Stunden. Ob eine PEP bis zu 72 Stunden (drei Tage) nach dem Risiko noch sinnvoll sein kann, ist umstritten."

Webseite der Deutschen Aidshilfe

Besser als jede Therapie ist, einer HIV-Infektion durch "Safer Sex" vorzubeugen. Außerdem gibt es Methoden, mit Medikamenten einer Infektion vorzubeugen. Das nennt sich PrEP, die Abkürzung für Prä-Expositions-Prophylaxe, übersetzt etwa "Vorsorge vor einem möglichen HIV-Kontakt".

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