Stadtfarm Landwirtschaft in der Großstadt
Ausgelaugte Böden, überfischte Meere, lange Transportwege für Nahrungsmittel. Die Städte der Zukunft müssen sich vermutlich selbst versorgen, zumindest teilweise. Diese Zukunft hat bereits begonnen, wie die Berliner Stadtfarm zeigt.
Barsche düngen Tomaten
Die Meere gelten als überfischt. Viel Fisch wird deshalb bereits in Aquakultur erzeugt. Das ist nicht unumstritten. Zum Beispiel fällt bei der Aquakultur durch die Ausscheidungen der Fische viel nährstoffreiches Wasser an. Dessen Entsorgung ist kritisch. Allerdings braucht etwa der Gemüseanbau in Hydrokultur eigentlich genau so ein Wasser, könnte doch dann auf Kunstdünger verzichtet werden.
Nachhaltige Landwirtschaft in der Großstadt
Blick auf die Aquaponik-Anlage der Berliner Stadtfarm mit Gewächshaus und einem Gebäude für die Fischtanks
Schon vor zwanzig Jahren kam man auf die Idee, beides zu kombinieren: Fischzucht mit Landwirtschaft - zusammengefasst unter der griffigen Bezeichnung Aquaponik. Diese Technik verbindet die Aufzucht von Fischen in Aquakultur und die Erzeugung von Nutzpflanzen in Hydrokultur. Nun scheint die Idee allmählich den Kinderschuhen zu entwachsen; es gibt mittlerweise Systeme, die finanzielle Einsparungen in Aussicht stellen. In der Aquakultur der Berliner Stadtfarm auf dem Gelände einer ehemaligen Malzfabrik sollen in den kommenden Monaten 40.000 Buntbarsche heranwachsen. 13 riesige Wassertanks stehen in einem Raum, Pumpen röhren, es ist schwülwarm.
Aquakultur trifft Hydroponik: Aquaponik
Hydroponik
Hydroponik ist Pflanzenproduktion in Nährlösungen. In hydroponischen Systemen stehen die Pflanzen in Rinnen auf Substratwolle. Bewässert wird jede Pflanze extra und Tröpfchen für Tröpfchen genau dosiert über dünne Schläuche.
Die Barsche werden für den regionalen Markt erzeugt, tragen aber auch dazu bei, nebenan im Gewächshaus effizient Gemüse wie Tomaten, Gurken und Auberginen zu ziehen. Kern des Ganzen ist der Wasserkreislauf. Die Fische produzieren Ausscheidungen. Diese Ausscheidungen werden in einem sogenannten Bioreaktor durch Bakterien umgewandelt in Pflanzendünger. Dieses mit Nährstoffen angereicherte Wasser wird dann in Gewächshäuser mit hydroponischen Systemen geleitet, in denen Gemüse, Kräuter und Früchte erzeugt werden.
Wo hakt's noch? Was kann verbessert werden?
Versuchsgewächshaus am Leibniz-Institut: In der Mitte stehen die Tomatenpflanzen, rechts und links die Tanks mit den Barschen
Noch ist das bestehende System langfristig nicht konkurrenzfähig. Schon deshalb, weil es bislang nur in eine Richtung geht: von den Fischen zu den Pflanzen. So stellt zum Beispiel der hohe Wasserverbrauch im Gemüsebau ein Problem dar. Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei hat aber bereits eine Anlage mit zwei Wasserkreisläufen gebaut; hier werden nur bei Bedarf Nährstoffe aus dem Fisch-Kreislauf zu den Pflanzen geleitet.
"Es ist letztendlich unsinnig, wenn man solche separaten Produktionssysteme hat und sie eigentlich sich durch ein Einwegventil ganz simpel verbinden lassen. Das ist nicht besonders kompliziert. (...) Wenn die Pflanzen Wassernährstoffe verbrauchen, dann geht in deren Vorratstank das Niveau von der Düngerlösung runter. Dann läuft von dem Fischbereich über das Einwegventil Fischwasser, welches eine hohe Nährstoff-Konzentration an Nitrat und Phosphat hat, rüber. (...) Es liegt zwangsläufig auf der Hand, dass das auch eine ökonomische Komponente hat, die Vorteile bringt. (...) Es spart Geld. Es spart Arbeit letztendlich."
Werner Kloas, Biologe am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
Und es spart Energie: Die Wärme für das Gewächshaus kann auch für die Heizung des Wassers genutzt werden. Denn der Buntbarsch stellt zwar wenige Ansprüche an sein Futter und bereitet kaum Probleme in der massenhaften Haltung. Aber er ist eben ein Warmwasserfisch.