Molière: Jean-Baptiste Poquelin Das Thema
Molière, mit bürgerlichem Namen Jean-Baptiste Poquelin, gilt als einer der größten Dramatiker der französischen Klassik. Er hat die Komödie bis heute wie kaum ein anderer geprägt. Ähnlich wie bei Shakespeare sind keine Manuskripte, Briefe oder Tagebücher von ihm erhalten. Auch große Teile seiner Biografie sind mit Fragezeichen versehen. So wird sein Werk häufig nicht nur als Spiegel seiner Zeit, sondern auch seines Wesens interpretiert. Auffällig ist auf jeden Fall, dass das Leben Molières, dessen Komödien ein großartiges Kaleidoskop des Humors darstellen, wenig von Fröhlichkeit geprägt war.
Es stand von Beginn an im Zeichen harter Arbeit. Als er am 13. Januar 1622 noch unter Ludwig XIII. in Paris das Licht der Welt erblickt, haben seine Eltern, Jean-Baptiste und Marie Poquelin, geborene Cressé mit ihrem erstgeborenen Sohn große Pläne. Wie sein Vater soll er in die königlichen Dienste treten - als "Tapissier du Roi". Aber Tapeten und Teppiche, Farbe und Wolle interessieren Jean-Baptiste junior ebenso wenig wie das teure vom Vater finanzierte Jurastudium. Er kehrt der bürgerlichen Welt den Rücken und wendet sich ihr erst wieder in seinen Komödien zu - um sich über sie lustig zu machen.
Der Weg zur Bühne
Den Weg zur Bühne ebnet ihm die theaterbegeisterte Familie Béjart. Mit der Tochter Madeleine wird ihn eine jahrelange enge Freundschaft verbinden. Gemeinsam gründen sie 1643 in Paris das "Illustre Théâtre". Berühmt wird es trotz des Namens allerdings nicht. Stattdessen kostet es viel Schweiß, Kraft und Geld – umsonst. Molière, wie er sich seit 1644 nennt, muss sogar wegen der enormen Schulden für einige Zeit ins Gefängnis. Die anschließende Tingelei durch ganz Frankreich - Lyon, Toulouse, Avignon, Grenoble, Rouen, Nimes, Montpellier, Pézensas - ist für ihn und seine Freunde kein Zuckerschlecken.
Der König wird aufmerksam
Am 24. Oktober 1658 wird die Wanderbühne Molières eingeladen, am Hof des damals 20-jährigen theater- und ballettbegeisterten König Louis XIV. vorzuspielen. Mit Erfolg, denn kurz darauf dürfen sie sich mit dem großen italienischen Schauspieler Scaramuccio, genannt Scaramouche das Theater "Petit Bourbon" teilen. Ein Jahr später haben sie es nach dem Abzug der Italiener ganz für sich.
Der Schauspieler wird zum Autor
Schon während der Wanderschaft hatte Molière begonnen, Dramen anderer Autoren umzuschreiben, um das Repertoire mit zugkräftigen Stücken anzureichern. In Paris beginnt er nun neben der Schauspielerei verstärkt als Autor zu arbeiten und all seine unvergesslichen Komödien zu verfassen, die bis heute zum Standardrepertoire der Bühnen gehören. Geprägt sind sie durch die volkstümliche Überlieferung, die Gaukler- und Farcentradition, die er während der Wanderjahre auf den Jahrmärkten und beim ländlichen Karneval ausgiebig studieren konnte. Er scheut sich auch nicht, Vorlagen - zum Beispiel der italienischen Commedia dell’Arte zu nutzen und zu verfeinern. Was ihm von seinen zahlreichen Kritikern und Neidern übrigens gern vorgeworfen wurde. Trotz allem bestand seine bahnbrechende Leistung darin, die Komödie zu einer der Tragödie gleichwertigen Gattung zu machen.
Der Durchbruch
Den Durchbruch erzielt er 1959 mit seiner Prosa-Komödie "Les précieuses ridicules" (Die lächerlichen Preziösen). Eine Persiflage auf zwei naive, etwas exaltierte Bürgermädchen und ihre übertriebenen Emanzipierungs- bemühungen. Der nächste große Erfolg ist die Vers-Komödie "Die Schule der Frauen" (L’Ecole des Femmes) 1662. Hierin wirbt er für eine gemäßigte Emanzipation und das Recht der jungen Frauen auf eine Liebesheirat. Umso pikanter, weil Molière Anfang des Jahres gerade seine große Liebe, die 19-jährige Armande Béjart geheiratet hat, eine Schwester (oder Tochter?) seiner alten Freundin Madeleine. Böse Zungen hatten sogar Molière selbst als Vater des Mädchens in Verdacht...
Weitere Komödien
1664 bringt er eine erste Version der Verskomödie "Le Tartuffe" zur Aufführung. Das Stück um einen scheinbar frommen, in Wahrheit aber herrschsüchtigen, raffgierigen und lüsternen Betrüger sorgte für viel Trubel am Hof. Aber obwohl der Sonnenkönig das Stück verbietet, erhöht er die Jahrespension von Molière auf stolze 6.000 Livres und ernennt dessen Schauspieler zur königlichen Truppe. Im selben Jahr wird Molière Vater einer kleinen Tochter: Esprit-Madeleine. Erst im Februar 1669, als der König nach innen- und außenpolitischen Erfolgen ganz fest im Sattel sitzt, gewährt er Molière eine neuerliche Aufführung des überarbeiteten Tartuffe - mit triumphalem Erfolg.
Nach dem Prosa-Stück "Don Juan" über einen hochadeligen Heiratsschwindler und Freigeist, das ebenfalls verboten wird, hat im Juni 1666 eine seiner berühmtesten und tiefgründigsten Charakter-Komödien Premiere: "Le Misanthrope". "Der Menschenfeind" ist eine Satire auf die geheuchelte Nettigkeit und unehrliche Schmeichelei in den Pariser Salons und am Königshof. Im Zentrum steht ein älterer, liebender Mann, der durch eine kokette junge Frau enttäuscht wird - hier sehen Biografen gern autobiografische Bezüge.
Der Kranke
Von 1658 bis zu seinem Tod 1673 hat Molière dreißig Theaterstücke geschrieben, inszeniert und darin meist die Hauptrolle gespielt. Eine außerordentliche Leistung. In "Le Malade imaginaire"/"Der eingebildete Kranke" (einem seiner letzten Stücke) behandelt er einmal mehr die naive Medizingläubigkeit reicher Kranker und vor allem die Inkompetenz der von keinerlei Selbstzweifeln geplagten Ärzte, unter denen Molière, um dessen Gesundheit es nicht zum Besten stand, häufig selbst zu leiden hatte. Seine letzte Rolle wird die des echten Kranken sein: bei der vierten Aufführung am 17. Februar 1673 bricht er zusammen und stirbt kurz darauf.