Thomas Bernhard Das Thema
Sein Tod mit 58 Jahren war eine Spätfolge einer Tuberkuloseerkrankung. Steven Mitchelmore rückt ihn wegen der deutlichen Parallele in die Nähe von Franz Kafka:
"Like Kafka, Thomas Bernhard, the novelist, playwright and poet, died young. At this end of the century, 58 is young. He had been tubercular since his teens, so it was no great surprise."
Steven Mitchelmore
Bernhard verbrachte, Zeit seines Lebens durch ein Lungenleiden an diese Krankheit erinnert, seine restliche Lebensspanne in intimer Nähe zum Tod. Sein Schreiben half ihm zu leben; er selbst bemerkte einmal, dass ihm das Schreiben geholfen habe, seine Krankheit zu überwinden. Gleichwohl oder gerade deshalb wurde der physische und der soziale Tod zum zentralen Thema seines Werkes.
Prägende Kindheit
Ebenso prägend wirkte sich seine Kindheit aus. 1931 wurde er in Heerlen in den Niederlanden geboren, weil, da er unehelich gezeugt und geboren wurde, die Mutter der Schande in der österreichischen Heimat entgehen wollte. Das Gefühl unerwünscht, ungeliebt und alleingelassen zu sein, bestimmte fortan seine Emotionen und Gedanken. Er wuchs bei seinem Großvater Johannes Freumbichler, einem wenig erfolgreichen Heimatschriftsteller, der ihn maßgeblich beeinflusste, auf. Aufgrund von Schwierigkeiten, die er in der Schule oder die ihm die Schule machte, verbrachte er aber einen Teil seiner Kindheit in katholischen und auch in nationalsozialistischen Erziehungsheimen.
Sein Großvater, dem er auch die Bekanntschaft mit Carl Zuckmayer verdankte, erzwang aber seinen weiteren Schulbesuch. Diesen brach Bernhard aber ebenso ab wie eine nachfolgende Lehre. Kurz darauf brach seine Erkrankung aus. Das frühe Lebensende des Großvaters und kurz darauf der Krebstod der Mutter rückten endgültig den alles relativierenden Tod in den Mittelpunkt seines Denkens und Schreibens. Die Titel mancher seiner Werke, wie "Auf der Erde und in der Hölle", "In hora mortis", "Frost", "Die Kälte. Eine Isolation", "Auslöschung. Ein Zerfall" und "Der Untergeher", spiegeln dies wider.
Geliebt
Die Liste seiner Auszeichnungen zeigt seine große Publizität, die durch seine Rigorosität Institutionen und Personen öffentlichen Lebens gegenüber nicht geschmälert sondern eher noch gefördert wurde:
- 1963 Julius-Campe-Stipendium
- 1965 Literaturpreis der Freien Hansestadt Bremen für "Frost".
- 1967 Literarische Ehrengabe des Kulturkreises im Bundesverband der deutschen Industrie
- 1968 Österreichischer Staatspreis für Literatur
- 1968 Anton-Wildgans-Preis
- 1970 Georg-Büchner-Preis
- 1972 Franz-Theodor-Csokor-Preis
- 1972 Grillparzer-Preis
- 1972 Adolf-Grimme-Preis
- 1972 Franz-Theodor-Csokor-Preis
- 1974 Hannoverscher Dramatikerpreis
- 1974 Prix Séguier
- 1976 Literaturpreis der Österreichischen Bundeswirtschaftskammer
- 1983 Premio Letterario Internazionale Mondello
- 1988 Prix Médicis für "Alte Meister".
- 1988 Antonio-Feltrinelli-Preis (Italien) (Preis abgelehnt)
Gehasst
Besonders in Erinnerung ist sicherlich noch der äußerst publikumswirksame Skandal um sein Drama "Heldenplatz". Sowohl konservative wie auch sozialdemokratische Kreise, besonders Bruno Kreisky, fühlten sich durch das Stück angegriffen. Wähnten die einen, dass das Ansehen Österreichs befleckt werde, so empfanden österreichische Sozialdemokraten einen Angriff auf den damaligen österreichischen Kanzler Franz Vranitzky. Andere wiederum entdeckten in der kritisierten Stelle, in der einer der Protagonisten, Professor Schuster, von einem Kanzler spricht, der gemeint habe, wer Visionen habe, benötige einen Arzt, einen Affront gegen den deutschen Altkanzler Helmut Schmidt. Eine letzte öffentliche Aufregung erregte Bernhard nach seinem Tod, 1989, indem er testamentarisch verfügt hatte, dass innerhalb der Grenzen Österreichs keines seiner Werke aufgeführt oder publiziert werden dürfe. Durch die Initiative einer Privatstiftung wurde dieses Verbot allerdings 1998 wieder aufgehoben.
Bernhards Werke sind eine Anklage gegen die Absurdität der Welt, aber auch gegen konkrete Missstände in Österreich. So ist es typisch für seine Romane und Erzählungen, dass die Protagonisten an der Welt existentiell leiden. Meist sind es Künstler, die darüber ihre Produktivität verloren haben. In seinen Dramen begegnet pessimistische Weltsicht im Gewand des Grotesken, Farcenhaften. Auf bizarre Weise demaskieren sie das Spiel der Macht. Bernhard ist, tatsächlich wie Kafka, ein Autor der uns die bedrängenden Tiefen und Untiefen des Daseins eindringlich vor Augen führt.