Renaissance des Jenseitsglaubens Das Thema
Als mit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts der Glaube an alles, was nicht hinterfragt werden kann, nach und nach in den Hintergrund gedrängt wurde, schien das Schicksal des Jenseitsglaubens besiegelt. Es dauerte noch circa 100 Jahre, bis mit Ludwig Feuerbach ein erster radikaler Religionskritiker auftrat, auf dessen Thesen sich die Religionskritik bis heute stützt. Gleichzeitig erstarkte im 19. Jahrhundert das Interesse am Mysterium, am Unerklärlichen, Jenseitigen und Transzendenten. In der Literatur dieser Zeit zeigt sich das Vergnügen am Unerklärlichen nicht zuletzt in der Gattung der Novelle, die mit Titeln wie "Der Schimmelreiter" (Theodor Storm) "Die Judenbuche" (Annette von Droste-Hülshoff) oder "Die schwarze Spinne" (Jeremias Gotthelf) entsprechenden Lesehunger der Gebildeten stillte. In dieser Zeit entstanden aber auch so erfolgreiche Titel wie "Graf Dracula" oder "Frankensteins Monster". Diese literarischen Phänomene sind jedoch nur ein Indiz für eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung, die als Gegenströmung zur rationalistischen Aufklärung aufgefasst werden kann.
Wurzeln in der Religion
Das Wort Religion kommt aus dem Lateinischen und bedeutet eigentlich "Das, was übrig bleibt" - übrig bleibt vom Menschen, wenn er stirbt. Das Unsterbliche. Das, was in einer anderen, jenseitigen Welt mit dem Menschen geschieht. Und nicht zuletzt wartet in jener Welt Gott auf die Seelen der Verstorbenen und stellt sie vor sein Gericht. Diese Vorstellungen haben in den unzähligen Religionen und Glaubensrichtungen der Völker der Erde unterschiedlichste Ausprägungen erfahren. Dennoch gibt es erstaunliche Gemeinsamkeiten. Bereits in den ältesten Religionen, von denen wir wissen, gab es die Vorstellung von einem Weiterleben nach dem Tod. Der ägyptische Totengott Anubis z. B. wiegt die Herzen der Verstorbenen und entscheidet, was weiterhin mit ihnen geschehen soll. Im germanischen Walhall dürfen die ehrenvoll gefallenen Krieger auf ewige Zeiten weiterkämpfen. Im Christentum darf der Gläubige auf ein ewiges Leben im Paradies hoffen.
Außerchristliche Vorstellungen
Während abendländische Vorstellungen davon ausgehen, dass sich nichts im Leben wiederholt, glaubt man im Fernen Osten, namentlich im Hinduismus und Buddhismus, an einen Kreislauf von Tod und Wiedergeburt, in dem die Seelen je nach ihrem Karma immer wieder erneut reinkarniert werden. Eine Folge der Globalisierung der modernen Welt ist, dass auch diese Vorstellungen von Abendländern Besitz ergreifen und mit urchristlichen Inhalten vermischt werden. Da die Lehren der großen Kirchen seit der Aufklärung quasi offiziell angezweifelt werden dürfen (Glauben heißt ja bekanntlich Nicht-Wissen) sind in unserer modernen pluralistischen Gesellschaft viele Menschen verunsichert, was sie nun eigentlich glauben sollen.
Nahtod-Erlebnisse als Beweise?
Neben der religiösen Indifferenz spielen auch wieder persönliche Zeugenaussagen eine Rolle. Dabei ist nicht an christliche Märtyrer (= griechisch "Zeuge") zu denken, sondern an Menschen, die durch gewisse Umstände klinisch tot waren und danach wiederbelebt werden konnten. Diese Menschen berichten teilweise übereinstimmend von Erfahrungen aus dem vermeintlichen Jenseits, die allgemein zu Spekulationen über das Jenseits anregen. Wissenschaftler sind sich heute weitgehend darin einig, dass Nahtod-Erlebnisse auf eine zeitweilige Vergiftung des Gehirns zurückzuführen sind, wodurch ein rauschähnlicher Zustand hervorgerufen wird, der von den betreffenden Menschen nachträglich als reales Erlebnis interpretiert wird. Wie dem auch sei, was nach dem Tod kommt, können wir nicht wissen. Diese Zukunft, die jeden von uns betrifft, kann aus religiöser Sicht nur im Glauben erfasst werden. Und unter den verschiedenen Glaubensrichtungen, die heute "im Angebot" sind, ist der Glaube an ein Paradies, an die ewige Glückseligkeit in der Nähe Gottes, eine gute Alternative zu manch einer konfusen Horrorvision.