Das Labyrinth Das Labyrinth des Minos: Ein Echo alter Ideen
Verwinkelte Gänge, verschachtelt, voll flackernder Schatten. Etwas Böses lauert in der Mitte, Ängste und unsichere Echos steigen auf. Labyrinth! Das Wort weckt bedrohliche Gefühle und Bilder: Die Vorstellung vom dunklen Gemäuer, von Bedrohung und Verlorenheit hat einen mythologischen Ursprung. Sie geht zurück auf den kretischen König Minos, der sich in Knossos vom genialen Erfinder Daidalos das Ur-Labyrinth bauen lässt. Die kunstreiche Anlage mit ihren verzweigten, verworrenen Irrgängen verhindert jede Orientierung. Sie trügt die Sinne, täuscht den Verstand, ist ausweglos, unentrinnbar.
Theseus und der Minotaurus
Im Zentrum des Hochsicherheitstrakts haust der Minotaurus, ein menschenfressendes Mischwesen mit dem Körper eines Mannes und dem Kopf eines Stiers. Alle neun Jahre verschlingt das Ungeheuer sieben Jungfrauen und sieben Jünglinge aus Athen. Die Unglücklichen leisten mit ihrem Tod Sühne für den Mord am Sohn des Kreterkönigs Minos. Bereits zweimal hat das von Kreta unterworfene Athen den blutigen Tribut bezahlt. Als er zum dritten Mal ansteht, kommt Theseus ins Spiel. Der Sohn des Athenerkönigs köpft den schlafenden Minotaurus und findet mit Hilfe eines magischen Wollknäuels den Rückweg aus dem Gefängnis. Den roten Faden zur Lösung des Problems hatte ihm Ariadne, die Tochter des kretischen Königs aus Liebe zugesteckt.
Ein Missverständnis macht Karriere
Seit wann die Geschichte vom Ur-Labyrinth auf Knossos, vom Minotaurus, von Theseus und Ariadne erzählt wird, ist nicht erschließbar. Erstmals in dieser Form aufgeschrieben wird sie im siebten Jahrhundert vor Christus. Seither prägt sie unsere Vorstellung vom Wesen, Zweck und Aussehen eines Labyrinths. Die Sache hat nur einen Haken: Sie ist nur ein Teil der Wahrheit. Ein sehr später Teil zudem.