Wie Hitler an die Macht kam Das Thema
Zur Jahresbilanz empfing Reichspräsident Hindenburg am 1. Januar 1933 das Berliner Diplomatische Corps und rechtfertigte das zweimalige Auswechseln des Reichskanzlers im Hinblick auf die schlechte politische und wirtschaftliche Lage des Deutschen Reiches. Bereits ab 1930 bildeten die Parteien keine regierungsfähigen Mehrheiten mehr, die Phase der Präsidialkabinette begann. Hindenburg billigte das Regieren mithilfe von Notverordnungen. Ende Mai 1932 hatte Hindenburg die Regierung Brüning fallengelassen und stattdessen am 1. Juni mit dem Zentrumspolitiker Franz von Papen eine neue Regierung gegründet. Während des Wahlkampfes im Juli 1932 gab es Straßenkämpfe zwischen SA, Kommunisten und der Polizei, die als Anlass dienten, um die SPD-Regierung in Preußen unter Ministerpräsident Otto Braun – mit Billigung Hindenburgs - abzusetzen. Der so genannte "Preußenschlag" vom 20. Juli 1932 war ein offener Verfassungsbruch. Die Papen-Regierung fand keine parlamentarische Basis und am 3. Dezember 1932 entließ Hindenburg Papen und ernannte Kurt von Schleicher zum Reichskanzler. Die wirtschaftliche Lage des Deutschen Reiches hatte sich auch im Januar 1933 noch nicht verbessert. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, verstärkt durch Brünings Finanzpolitik führten zu einem kontinuierlichen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit – 1932 auf über 6 Millionen.
Im Unterschied zu Hindenburgs Jahresbilanz schätzte die "Vossische Zeitung" in einem Leitartikel auf Seite 1 der Neujahrsausgabe die politische Lage des Deutschen Reiches positiv ein - da Hitler scheinbar keine Aussichten hatte Reichskanzler zu werden. Noch bei der Reichstagswahl am 31. Juli 1932 errang die NSDAP bei hoher Wahlbeteiligung einen großen Wahlsieg. Daraufhin forderte Hitler die Neubildung der Regierung unter seiner Führung, was ihm Hindenburg verweigerte. Bei den Neuwahlen des Reichstags am 6. November 1932 erlitt die NSDAP erstmals Stimmverluste. Hitler forderte erneut die Kanzlerschaft und wurde dabei von einflussreichen Wirtschaftskreisen unterstützt, aber Hindenburg lehnte wieder ab.
Schleichers schnelles Scheitern
Am 4. Januar 1933 stand noch nicht fest, wann der Reichstag wieder zusammentreten sollte. Reichskanzler Schleicher befürchtete zu diesem Zeitpunkt, dass im Plenum des Reichstags ein Misstrauensantrag gegen ihn gestellt und er die Abstimmung verlieren würde. Bereits 1932 war Schleicher, zu der Zeit Reichswehrminister, gescheitert, als er die Spaltung der NSDAP in Aussicht stellte. Er wollte die kooperationswilligen Teile der NSDAP um Gregor Strasser in die politische Verantwortung einbinden und dadurch zähmen. Die Machtverhältnisse in der NSDAP waren jedoch anders als Schleicher vermutet hatte. Strasser zeigte sich Hitler unterlegen und Hitler gelang es, eine Spaltung der NSDAP zu verhindern. Zudem konnte Schleicher auch die Gewerkschaften, denen er Arbeitsbeschaffungsprogramme und eine arbeiterfreundliche Politik versprach, nicht für sich gewinnen. Als Schleicher vor einer Misstrauensabstimmung den Reichstag auflösen wollte, lehnte Hindenburg diesen offenen Verfassungsbruch ab. Der Ältestenrat des Parlaments legte die Sitzung des Reichstags auf den 24. Januar 1933 fest.
Situation der NSDAP zur Jahreswende 1932/1933
Auch der NSDAP kam der zeitliche Aufschub der Reichstagssitzung entgegen. Zu dieser Zeit gab es innerparteiliche Konflikte. Bei den Reichstagswahlen vom 31. Juli 1932 konnte die NSDAP zwar noch einmal Stimmen zulegen, jedoch erreichte sie die absolute Mehrheit nicht. Auch dass Hindenburg am 13. August 1932 die Übergabe der Regierungsgewalt an Hitler ablehnte, wurde als Niederlage gewertet. Bei den Novemberwahlen waren die Stimmen der NSDAP merklich zurückgegangen. Der Reichsorganisationsleiter Gregor Strasser trat für eine Kursänderung der NSDAP ein. Aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten der Partei und da mit einem Zuwachs an Wählerstimmen nicht zu rechnen war, suchte Strasser nach Koalitionen. Schleichers Angebot der Vizekanzlerschaft nahm er ernst und erst nach dem 20. Januar zeichnete sich Strassers Niederlage gegen Hitler ab. Strasser trat von allen Parteiämtern zurück. Insgesamt war im Januar 1933 die Nazi-Prominenz pessimistisch, so vertrat Hitler, wie der Historiker Johannes Hürter herausstellt, eine Alles-oder-Nichts-Strategie.
Papens Intrige am 6. Januar 1933
Inzwischen hatte Papen sich mit Hitler verständigt, am 6. Januar 1933 trafen sie sich hinter Schleichers Rücken in Köln. Papen wollte Schleicher stürzen und bot Hitler die Kanzlerschaft in einem gemeinsamen Kabinett an. Er glaubte, Hitler und die NSDAP als Mehrheitsbeschafferin einsetzen zu können. Andererseits stellte Joseph Goebbels in seinen Tagebuchnotizen heraus, dass Papens Intrige gegen Schleicher ein weiterer Schritt für Hitler auf dem Weg zur Macht bedeute.
Wahlsieg der NSDAP am 15. Januar 1933
Als großen Erfolg nach den verpatzten Wahlen im November wertete die NSDAP den Wahlsieg am 15. Januar 1933 im kleinen Lippe-Detmold. Mit zahlreichen Propagandaveranstaltungen wurde dieser Wahlkampf geführt und Hitler zeigte sich hier als großer Agitator. Die NSDAP gewann knapp 40 Prozent der Stimmen und wurde stärkste Fraktion. Goebbels wertete dieses Wahlergebnis als Signal zur Fortführung der Zerstörung der Demokratie, "nun soll Schlag auf Schlag folgen, bis das System zerschmettert am Boden liegt." Zu diesem Zeitpunkt versuchte Reichskanzler Schleicher auf einer Veranstaltung der Soldaten-Vereinigung "Kyffhäuserbund" Wählerstimmen zu gewinnen. Und in Berlin wurde ungeachtet des Nazi-Wahlerfolgs in Lippe der innerparteiliche Streit in der NSDAP diskutiert.
Hitler wird Reichskanzler am 30. Januar 1933
Am 22. Januar 1933 trafen sich noch einmal Papen, Meißner, Hindenburgs Sohn Oskar und Hitler, um erneut gegen Schleicher zu intrigieren. Sie erreichten ihr Ziel am 28. Januar: Hindenburg entließ Schleicher und am 30. Januar ernannte er Hitler zum Reichskanzler. Hermann Göring, damals Reichstagspräsident und die Anführer der Rechts-Parteien im Reichstag, unter ihnen Alfred Hugenberg, Chef der national-konservativen DNVP waren anwesend. Die Übertragung des Reichskanzleramtes an Hitler wurde am 30. Januar 1933 mit einem Fackelzug der SA- und SS-Verbände gefeiert, dieser Fackelzug wurde jedoch als Filmszene im Auftrag des Propagandaministeriums nachgestellt. Auch die Reportage dazu ist eine Fälschung.