Ludwig II. Das Ende des "Märchenkönigs"
In den späten 1870er Jahren ist Ludwig II., in dessen Privatschatulle jährlich 4,5 Millionen Mark aus der Staatskasse und Bismarcks Bestechungsgeld in Höhe von 300.000 Mark fließen, verschuldet. Er schickt Bittsteller zu Bankiers in ganz Europa und lässt sogar beim türkischen Sultan um Geld betteln.
1884 hat sich ein Schuldenberg von 8,25 Millionen Mark angehäuft, 1885 sind es bereits 14 Millionen. Prozesse drohen, eine Insolvenz des bayerischen Königs ist nicht mehr auszuschließen. Das Kabinett mahnt zur Genügsamkeit, ein Bericht vom Mai 1886 verlangt einen Baustopp für die Schlösser.
Als Ludwig plant, Minister zu entlassen - nach der Verfassung hat er dazu das Recht - organisiert Ministerpräsident Johann von Lutz (1826-90), gedeckt von Prinz Luitpold (1821-1912) seine Absetzung. Eine Gutachterkommission unter Leitung des Psychiaters Dr. Johann Bernhard von Gudden (1824-86) vernimmt Zeugen, sichtet Akten und erklärt den König ohne genauere Untersuchung für geistesgestört.
Das Kabinett beschließt Anfang Juni 1886 seine Entmündigung und Internierung. Ein Fangkommando holt Ludwig II. in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in Neuschwanstein ab und bringt ihn auf Schloss Berg am Starnberger See, das in ein komfortables Irrenhaus umgebaut wurde.
War es Mord?
Nach einem Spaziergang mit Dr. von Gudden treibt die Leiche des Königs am 13. Juni 1886 im Starnberger See, auch der Arzt hat die Wanderung nicht überlebt. Der Tod Ludwigs eignet sich bestens zur Legendenbildung.
- Wurde Ludwig auf der Flucht ermordet?
- Fiel er einem Auftragskiller zum Opfer?
- Traf ihn die Kugel im Auftrag der Preußen?
- Ließ ihn Prinz Luitpold umbringen, weil Ludwig gar kein echter Wittelsbacher war? (Angeblich litt König Max II. an Tripper und ließ seine Frau von einem italienischen Bediensten schwängern.)
Die Indizien sprechen dafür, dass der König im Starnberger See Selbstmord beging. Den schmächtigen Gudden brachte der 120 Kilogramm schwere 1,90-Meter-Mann vermutlich um, als der ihn vom Suizid abhalten wollte.
Machtantritt des Prinzregenten Luitpold
Ludwigs tatsächlich geisteskranker Bruder besteigt als König Otto I. den Thron, darf jedoch nicht regieren und wird bis zu seinem Tod am 11. Oktober 1916 auf Schloss Fürstenried untergebracht. Onkel Luitpold übernimmt als Prinzregent die "traurige Pflicht" der Reichsverweserschaft.
Aus heutiger Sicht war König Ludwig II. vermutlich schizophren, Ferndiagnosen von Medizinern erwähnen auch Cäsarenwahn (eine spezifische Form des Größenwahns), Borderline-Persönlichkeitsstörung oder die Demenzerkrankung Morbus Pick. Bewertet man sein Handeln im Sinne einer vernunftorientierten Staatslenkung, kommen jedenfalls Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit.