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Otto von Griechenland Das Thema

Stand: 04.06.2012 | Archiv

Am 6. Februar 1833 traf er nach einem tränenreichen Abschied im griechischen Nauplia ein. Der minderjährige bayerische Prinz Otto aus dem Hause Wittelsbach ließ seinen Vater, Ludwig I. von Bayern und seine Mutter, Königin Therese im heimatlichen München zurück und wandte sich mit bayerischen Soldaten und Beamten im Gefolge gen Hellas. Seinen Untertanen war er bereits 1830 im "Londoner Vertrag" als neuer König Otto I. von Griechenland präsentiert worden.

Griechenland nach der Unabhängigkeit

In einem achtjährigen Krieg hatten sich die Griechen gegen die Türken gewehrt und gewannen 1829 die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich. Sie wollten eine eigene griechische Republik. Aber auch nach der griechischen Revolution kam es zu bürgerkriegsartigen Zuständen, die Milizen der Palikaren, Seeräuber und Räuber beherrschten ganze Inseln. Einen Präsidenten in ihren eigenen Reihen zu finden, gelang nicht. Der letzte griechische Präsident war gerade ermordet worden. Die Großmächte England, Frankreich und Russland hatten bereits 1830 auf der Londoner Konferenz beschlossen, Griechenland zu einem Königreich zu machen und als Regent Otto I. einzusetzen. Der siebzehnjährige bayerische Prinz wurde von den Griechen auch herzlich begrüßt, denn sie erhofften sich durch seine Regentschaft bessere Zeiten. Aber Otto I. misslang das Unternehmen auf Dauer und musste schließlich nach 30 Jahren das Land verlassen. Historiker sehen fünf Hauptgründe für das Scheitern:

Der bayerische Regentschaftsrat verwaltet Griechenland

Da Otto minderjährig war, regierte ein Regentschaftsrat. Das waren erfahrene Staatsmänner, Berater, Minister, die mit ihm nach Griechenland gekommen waren. Viele von ihnen beherrschten nur das Altgriechische und kannten sich in der Antike gut aus. Auch die Politik gegen die Palikaren, die ehemaligen Freiheitskämpfer, meist arme Bauern, konnte nicht funktionieren, da man nicht versuchte, sie aus ihrer Not zu holen, sondern nur Gesetze gegen sie erließ. Untereinander war der Regentschaftsrat zudem in vielen Bereichen zerstritten. Außerdem setzte Otto I. neue Gesetze hart durch, ohne die Bevölkerung der Griechen mit einzubeziehen. Aber noch ein Versäumnis Ottos wirkte kontraproduktiv für das Regieren in Griechenland.

Der griechisch-orthodoxe Glaube

Otto I. war in Bayern streng katholisch erzogen worden. Und so sollte es nach dem Willen seines Vaters, Ludwig I. auch bleiben. Aber die Griechen hatten ihren eigenen griechisch-orthodoxen Glauben und erwarteten von ihrem König den Übertritt zu ihrer Kirche, das war ihnen vorher auch von Ludwig I. in Aussicht gestellt worden. Dass Otto I. sich dennoch weigerte, verziehen ihm die Griechen nie. 1843, als der griechische Glaube in der Verfassung festgeschrieben wurde, war es dann schon zu spät, die Verletzungen saßen tief.

Die Verfassung

Ludwig I. hatte seinen Eid auf die Bayerische Verfassung geschworen, dann aber erleben müssen, dass die bayerische Bevölkerung immer mehr Rechte beanspruchte. Deshalb riet er seinem Sohn Otto davon ab, eine Verfassung in Griechenland zuzulassen. Und doch erstritten die Griechen 1844 mit Waffengewalt gegenüber ihrem König die Verfassung, eine schwere Niederlage für Otto. Zumal in den Verfassungsartikeln mehrere Einschränkungen für den bayerischen Herrscher festgeschrieben wurden: Jeder zukünftige Herrscher musste griechisch-orthodoxen Glaubens sein. Nur griechische Staatsbürger durften in Staatsämter gehen. Die Königreiche Bayern und Griechenland durften nie vereinigt werden. Fremde Truppen, also bayerische, durften nicht in griechische Dienste eintreten. Und: die Finanzkrise sollte durch Gesetze schnellstmöglichst behoben werden.

Die Finanzkrise

Das Land lag nach den Kriegen gegen die Türken danieder. Die griechische Bevölkerung lebte in Ruinen und Lehmhütten, unter ärmlichsten Bedingungen. Athen war zerstört. Um ein solch verwüstetes Land wieder aufzubauen, benötigte man hohe Geldsummen. Die Großmächte hatten zugesichert, Griechenland mit insgesamt 60 Millionen Francs zu unterstützen. Aber von den Finanzmittel, die in drei Raten zur Verfügung gestellt werden sollten, wurden letztendlich nur zwei Raten bezahlt, da sich die Großmächte inzwischen zerstritten hatten. Der erste Teil des Geldes war schnell aufgebraucht und der zweite für die 600.000 armen griechischen Einwohner zu wenig, und versickerte zudem in einem aufgeblähten Verwaltungsapparat.

Otto I. als Spielball der Großmächte

Inzwischen verfolgten England, Frankreich und Russland wieder eigene nationale Interessen, die Griechenlandbegeisterung war erloschen. So stritten sich die Großmächte über die Dardanellen, die Unterstützung der Türken und über Ägypten und ließen Otto I. und auch seinen Vater Ludwig I. außenpolitisch im Stich. Die Griechen waren schwer enttäuscht und riefen zur offenen Rebellion gegen ihren König auf. 1862 setzten sie Otto I. ab und so konnte er gerade noch unter dem Schutz Englands mit der englischen Fregatte "Scylla" das Land verlassen, zurück in seine bayerische Heimat.

Was blieb

Dennoch bleiben einige Spuren aus der 30-jährigen Regentschaft Ottos I. in Griechenland. Leo von Klenze, der bekannte Architekt, ließ Athen und die Akropolis wiederaufbauen. Ein Schulwesen wurde errichtet, eine Technische Universität gegründet, die Universität von Athen, die Akademie der Wissenschaften, ein Observatorium, Staatsbibliothek und Nationalmuseum, alles Institutionen, die bis heute erhalten blieben, sodass 1874 ein griechischer Abgeordneter in der Nationalversammlung dem ehemaligen König dankte und anerkannte: Otto I. hat den Grundstein für die Nation Griechenlands gelegt.


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