Die 68er Glossar
Begriff | Erklärung |
---|---|
Anarchistisch | aus dem Griechischen = ohne Herrschaft. Politische Haltung, die jede Form der Herrschaft von Menschen über Menschen aufheben will und ein gleichberechtigtes Miteinander ohne Hierarchien anstrebt. |
Anti-Atomtod-Bewegung | Ende der 1950er Jahre wollten Adenauer und Strauß die Bundeswehr atomar aufrüsten. Dagegen formierte sich diese Bewegung. |
Außerparlamentarische Opposition | Oppositionelle Bewegung, die kein Sprachrohr im Parlament hat (und auch keins haben will), sondern sich außerhalb des Parlaments formiert. Die studentische außerparlamentarische Opposition (APO) war die erste Bewegung dieser Art in der Bundesrepublik und formierte sich gegen die Große Koalition von 1966. |
Avantgarde | Begriff aus der Militärsprache, bedeutet „Vorhut“, bezeichnet heute eine Gruppe von Menschen, die früher als andere neue Wege beschreiten, eine Art „Vorreiterrolle“ einnehmen. |
Bildungskommission | Gremium des Deutschen Bildungsrates, einer politisch-nationalen Körperschaft für die Planung des gesamten Bildungswesens, gegründet von Bund und Ländern, bestand zw. 1966 und1975. |
Burschenschaft | Sonderform der Studentenverbindung, gegründet von vaterländisch-demokratisch gesinnten Studenten in Deutschland1815 nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon. Die Mitglieder unterstützen sich bei der beruflichen Karriere und sind heute bürgerlich-konservativ eingestellt, oft mit einer deutlichen Tendenz nach rechts, auch Kontakte zu Rechtsextremisten kommen vor. |
Godesberger Programm | Parteiprogramm der SPD von 1959 bis 1983, verabschiedet von einem außerordentlichen SPD-Parteitag in Bad Godesberg, markiert die Wende zur pragmatischen Volkspartei weg vom sozialistischen Klassenkampf. |
Große Koalition | Koalition der größten Parlamentsparteien, in der Bundesrepublik faktisch zwischen SPD und CDU/CSU (1966-1969 und seit 2005). |
Grüne | Politische Partei (seit der deutschen Wiedervereinigung Bündnis 90/Die Grünen) mit Schwerpunkt auf Ökologie, formierte sich Mitte bis Ende der 1970er Jahre, als Bundespartei gegründet am 13. Januar 1980. |
Hetztirade | Wortschwall mit aufhetzenden Inhalten. |
Karlsbader Beschlüsse | Am Ende der Karlsbader Konferenz 1819 unter Federführung von Klemens Metternich ergangene Beschlüsse zur Bekämpfung liberaler und nationaler Tendenzen in Deutschland. Maßnahmen u. a.: Überwachung der Universitäten, Pressezensur. |
Konformität | Übereinstimmung einer Person und eines Kontextes mit den Normen und Gesetzmäßigkeiten des Zusammenhangs, in dem sie sich bewegt. |
leninistisch | Politische Einstellung, die auf den Lehren Lenins (1870-1924) beruht, eines der wichtigsten Theoretiker des wissenschaftlichen Sozialismus. Auf ihn geht das Prinzip des Demokratischen Zentralismus zurück, eines hierarchisch-zentralistischen Organisationsprinzips für Partei und Staat. |
maoistisch | Politische Einstellung, die auf Mao Zedong zurückgeht, dem Mitbegründer der Volksrepublik China und Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas mit diktatorischen Vollmachten. Sein Wirken wird heute zunehmend kritisch beurteilt. |
Militanz | (von lat. militare, Kriegsdienste tun): Streitbarkeit, angriffslustige und kämpferische Haltung. |
Rädelsführer | (frühnhd. rädlein ”Zusammenrottung, Schar von Landsknechten“) Anführer einer Verschwörung, eines Aufstands oder einer Rebellion. |
Räterepublik | Regierungssystem, in dem das Volk die Herrschaft über direkt gewählte Räte ausübt, ohne Gewaltenteilung und Parteien. Räte sind Gesetzgeber, Regierung und Gerichte in einem, werden von in Basiseinheiten organisierten Bürgern gewählt (Arbeiter eines Betriebes, Bewohner eines Bezirks). |
relegieren | (lat. relegare ”fortschicken, verbannen, entfernen): von einer Schule oder einer Hochschule entfernen. |
restaurativ | auf die Herstellung alter Ordnungen gerichtet. |
Sozialistischer Deutscher Studentenbund | gegründet1946 in Hamburg als parteiunabhängiger, aber der SPD nahe stehender Studentenverband. Ab Mitte der 50ger Jahre vermehrte Spannungen zw. SPD und SDS, 1961 Unvereinbarkeitsbeschluss der SPD. Daraufhin entwickelte sich der SDS zum Sammelbecken für Neuen Linken. 1970 Selbstauflösung aufgrund von Richtungskämpfen. |
Springer-Presse | Druckerzeugnisse der Axel Springer AG, vor allem der Boulevardzeitungen "Bild" und "Die Welt". |
Verbindungen | Studentenverbindungen bieten Studenten organisierte Gemeinschaften mit starkem Traditionsbewusstsein von unterschiedlicher Prägung und konservativer Grundhaltung; eine Sonderform ist die Burschenschaft. |
Warschauer-Pakt-Staaten | Militärischer Beistandspakt des Ostblocks (1955-1991) unter der Führung der Sowjetunion. Mitglieder: Albanien, Bulgarien, DDR, Polen, Rumänien, Tschechoslowakei, UdSSR, Ungarn. Gegenspieler der NATO im Kalten Krieg zwischen Ost und West. |
Personen
Adenauer, Konrad (1876-1967)
Adorno, Theodor (1903–1969)
Deutscher Philosoph, Soziologe, Musiktheoretiker, Komponist, führender Kopf des gesellschaftskritischen Frankfurter Instituts für Sozialforschung (Frankfurter Schule), Kritik an und Aufdeckung von Herrschaftsansprüchen stand im Zentrum seiner Philosophie
Name | Werdegang |
---|---|
Bernstein, Eduard (1850–1932) | Politiker und Theoretiker (SPD), wollte Fortschritt durch einen stetigen Reformprozess (und nicht durch radikale Forderungen) erreichen, was ihm die Gegnerschaft einiger Linkspolitiker einbrachte. |
Engels, Friedrich (1820-1895) | Politiker und Philosoph, entwickelte gemeinsam mit Karl Marx die marxistische Gesellschaftstheorie. |
Horkheimer, Max (1894 –1973) | Deutscher Philosoph und Soziologe, zusammen mit Adorno Hauptvertreter der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule. |
Kautsky, Karl (1854–1938) | Führender Theoretiker der Sozialdemokratie, vermittelte zwischen der reformorientierten Parteiführung und der radikalen Linken. |
Kennedy, Robert (1925–1968) | Amerikanischer Politiker, Gegner der Rassendiskriminierung und der Vietnampolitik, wollte Präsident werden wie sein Bruder John F., fiel wie er einem Attentat zum Opfer. |
Brandt, Willy (1913–1992)
Dutschke, Rudi (1940–1979)
Soziologe, Studentenführer, Sozialist mit christlichen Wurzeln, markantester Kopf der 68er-Bewegung, später Gründungsmitglied der Grünen.
Erhard, Ludwig (1897–1977)
Bundesminister für Wirtschaft (1949-1963), Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland (1963-1969), CDU. Gilt als Mitbegründer des Konzepts der Sozialen Marktwirtschaft.
Grass, Günter (* 1927)
Deutscher Schriftsteller („Die Blechtrommel“), Maler und Graphiker, Mitglied der Gruppe 47, Nobelpreisträger (1999).
Habermas, Jürgen (* 1929)
Deutscher Philosoph. 1964-1971 Professor für Philosophie und Soziologie in Frankfurt. Bekannt für seine Diskursethik (Regeln für einen herrschaftsfreien Diskurs).
King, Martin Luther (1929–1968)
Baptistenpastor, Bürgerrechtler, Kämpfer gegen die Unterdrückung der Schwarzen, fiel einem Attentat zum Opfer.
Name | Werdegang |
---|---|
Marcuse, Herbert (1898 – 1973) | Deutsch-amerikanischer Soziologe und Philosoph ("Triebstruktur und Gesellschaft", "Der eindimensionale Mensch"). Versuchte, eine befreite Gesellschaft nicht nur vernunfttheoretisch, sondern auch triebtheoretisch zu begründen. |
Marx, Karl (1818–1883) | Philosoph und Kritiker der bürgerlichen Ökonomie („Das Kapital“), Begründer der später „marxistisch“ genannten, auf revolutionäre soziale Veränderung zielenden Gesellschaftstheorie. |
Ohnesorg, Benno (1840–1967) | Student der Romanistik und Germanistik, am 2. Juni 1967 von einem Polizisten während einer vom SDS organisierten Demonstration gegen den Schah von Persien erschossen. Sein Tod radikalisierte die rebellischen Studenten. |
Schütz, Klaus | geb. 1926, deutscher Politiker der SPD, 1967-1977 regierender Bürgermeister von Berlin. |