Verteidigungsbündnis des Ostens Glossar
Begriffe | Erklärung |
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Breschnew-Doktrin | Die Breschnew-Doktrin, benannt nach dem KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew, wird 1968/69 als Reaktion der UdSSR auf die Liberalisierung- und Demokratisierungsbemühungen der tschechoslowakischen Reformkommunisten verkündet. Demnach ist Moskau das Zentrum der "kommunistischen Weltbewegung", der Führungsanspruch der KPdSU besteht uneingeschränkt. Die Staaten des Warschauer Pakts haben kein Recht auf einen eigenen Weg im Sozialismus. Ihre Souveränität ist begrenzt, das Gesamtinteresse der sozialistischen Gemeinschaft hat Vorrang. Wenn ein "Bruderland" vom Staatsmodell nach sowjetischem Muster abweicht, sind die Mitglieder des Warschauer Pakts zur Intervention verpflichtet. Erst Michail Gorbatschow, der 1985 Generalsekretär der KPdSU wird, setzt die Breschnew-Doktrin außer Kraft. |
Berlinkrise und Mauerbau 1961 | Mit dem Bau von Sperranlagen macht das DDR-Regime die lange deutsch-deutsche Grenze in den 1950er Jahren immer undurchlässiger. Deshalb fliehen zahlreiche Ostdeutsche durch das letzte "Schlupfloch", die Vier-Mächte-Stadt Berlin, in den Westen. Zu Beginn des Jahres 1961 werden mit Abwandererzahlen zwischen 13.000 und 16.000 Personen pro Monat Höchstwerte erreicht. Die SED-Führung um den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht erkennt, dass DDR existenziell bedroht ist. Im März verlangt Ulbricht auf einer Tagung des Warschauer Pakts die Schließung der Grenze nach Westberlin. In den frühen Morgenstunden des 13. August ist es soweit: Polizisten, Soldaten und Angehörige der Betriebskampfgruppen schließen die Grenzen zwischen Ost- und Westberlin sowie zwischen der DDR und Westberlin mit Stacheldraht, Zäunen und Steinwällen. Das Brandenburger Tor ist ab dem 14. August nicht mehr passierbar. Dann rücken Baukolonnen an, bald steht die Mauer. Militärische Reaktionen des Westens unterbleiben, da sich der Osten an die damals geltenden Spielregeln des Kalten Kriegs hält - der Mauerbau geschieht innerhalb des Einflussbereichs der UdSSR. US-Präsident Kennedy macht aber unmissverständlich klar, dass am Fortbestand Westberlins nicht gerüttelt werden darf: Notfalls werde man Kernwaffen benutzen, um Westberlin zu verteidigen. Die Führung der Sowjetunion wittert nach der Drohung Kennedys Kriegsgefahr und entscheidet sich, die bisherig primär politische Allianz Warschauer Pakt in ein militärisch funktionsfähiges Bündnis umzuwandeln. |
Entstalinisierung | Nach dem Tod des Diktators Josef Stalin am 4. März 1953 spielt sich Nikita Chruschtschow, der Erste Sekretär des Zentralkomitees der KPdSU, mehr und mehr in den Vordergrund. Auf dem XX. Parteitag im Februar 1956 spricht Chruschtschow in einer zunächst geheim gehaltenen Rede über die Verbrechen Stalins. Er prangert dessen Personenkult ebenso an wie Säuberungen und Terrormethoden. Chruschtschow rechnet allerdings nur mit der Person Stalins ab, nicht aber mit dem von Stalin "verfälschten" Sowjetsystem. Die Führungsrolle der KPdSU will Chruschtschow keinesfalls antasten. Schnell verbreiten sich die Inhalte der Rede im In- und Ausland. Überall in der Sowjetunion werden Standbilder Stalins gestürzt, seine Portraits aus Amtsstuben entfernt. Tausende politische Häftlinge dürfen die Zwangsarbeitslager verlassen. Das "Tauwetter” weckt große Hoffnungen bei der Bevölkerung Russlands, doch eine grundlegende Reform des Systems ist von Chruschtschow nicht beabsichtigt. In den Vasallenstaaten Polen und Ungarn kommt es noch 1956 zu Entstalinisierungskrisen, doch die Führung der Sowjetunion ist bereit, Revolten gewaltsam niederzuschlagen. |
Kalter Krieg | Die angloamerikanisch-sowjetische Kriegsallianz bekommt schon wenige Monate nach der Kapitulation Hitler-Deutschlands erste Risse, 1946/47 zerbricht sie endgültig. Die Systemunterschiede zwischen dem westlichen Entwurf der liberal-kapitalistischen parlamentarischen Demokratie und kommunistischen Vorstellungen vom Staatssozialismus ("Volksdemokratie") erweisen sich als unüberbrückbar. Immer schneller führt die Politik der Supermächte zur Teilung der Welt in zwei Blöcke (Bipolarität). Zwischen den USA und der UdSSR entbrennt der Kalte Krieg. Damit macht ein Begriff Karriere, der das feindselige Verhältnis zwischen den Staaten des Westens und der Sowjetunion bezeichnet. Er besagt aber auch, dass die beiden rivalisierenden Lager angesichts der Risiken einer atomaren Auseinandersetzung ihre Spannungen und Konflikte - zumindest in Europa - mit anderen Mitteln als denen eines Schießkrieges auszutragen bereit sind. In den folgenden Jahren ordnen sich, abgesehen von der Gruppe der "Blockfreien" und China, viele Staaten den jeweiligen Blöcken zu. Der Kalte Krieg verläuft in sieben Phasen:
1. Entstehung (1945-47) 2. Blockbildung (bis Mitte der 1950er Jahre) 3. Eskalation und angespannte Ruhe in Europa (seit den späten 1940er Jahren bis 1961) 4. Verlagerung in die Dritte Welt; Führung konventionell-militärischer Stellvertreterkriege (seit den 1960er Jahren) 5. Entspannung (1960er/1970er Jahre) 6. Erneute Konfrontation (seit den späten 1970er Jahren) 7. Auflösung des Ostblocks (ab Mitte der 1980er Jahre bis zum Ende der Sowjetunion 1991) |
Kubakrise 1962 | Im Januar 1959 stürzen Revolutionäre unter Fidel Castro den kubanischen Diktator Fulgenico Batista, am 1. Mai 1960 wird Kuba als sozialistischer Staat proklamiert. Ein von den USA initiierter Umsturzversuch von Exilkubanern (Invasion in der Schweinebucht) scheitert im April 1961. Fidel Castro sucht sein Heil im Ostblock und Kreml-Chef Nikita Chruschtschow sieht eine günstige Gelegenheit, eine neue Runde im Kalten Krieg einzuläuten. Im Herbst 1962 plant er die direkte atomare Bedrohung der USA von Kuba aus. Chruschtschow lässt auf Kuba Raketenbasen errichten, die im Oktober 1962 von der amerikanischen Luftaufklärung entdeckt werden. US-Präsident Kennedy verhängt eine Seeblockade um Kuba. Die Truppen des Warschauer Pakts werden in Kampfbereitschaft versetzt, in den USA rücken Reservisten in die Kasernen ein. Die Welt gerät an den Rand eines Atomkriegs. Während der UN-Generalsekretär U Thant zu vermitteln versucht, hält Kennedy an der Blockade fest und setzt im Machtpoker auf eine Strategie der Einschüchterung. Schließlich macht die Sowjetunion einen Rückzieher und verpflichtet sich, die Raketenbasen abzubauen. Die USA geben im Gegenzug die Zusage, künftig keine Invasionsversuche auf Kuba zu unterstützen. Der internationale Prestigeverlust ist für die UdSSR immens. Chruschtschows Stern beginnt zu sinken, 1964 wird er aller wichtigen Ämter enthoben. |
Polenkrise 1956 | Die "Geheimrede" Chruschschows vom Februar 1956 löst in Polen Unruhen aus. Im Juni streiken Arbeiter in Posen, die Stimmung zwischen KP-Funktionären und Teilen der Bevölkerung ist gereizt. Die von Moskau abgesegnete Rückkehr des 1948 von Stalinisten kaltgestellten und aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossenen Funktionärs Wladyslaw Gomulka an die Macht entschärft die Spannungen. Gomulka beschwichtigt seine Landsleute und präsentiert sich als national denkender Reformer, der eine gewisse Distanz zur UdSSR wahrt, Polen aber im Warschauer Pakt hält. Die Sowjetunion kann auf eine Intervention verzichten. |
Tschechoslowakei-Krise 1968 | Ab Mitte 1967 wächst die Kritik tschechoslowakischer Intellektueller an der Kommunistischen Partei und dem autoritären Regime des Staatspräsidenten Antonin Novotny. Eine Reformbewegung zur Humanisierung des Sozialismus entsteht. Im Oktober 1967 fordert Alexander Dubcek, ein slowakischer Parteifunktionär, den Rücktritt Novotnys, im Januar 1968 steigt er zum Ersten Sekretär der KP auf. Dubcek wird zur Symbolfigur des "Prager Frühlings", als er zusammen mit anderen Reformkommunisten den Weg in Richtung Liberalisierung und Demokratisierung einschlägt ("Sozialismus mit menschlichem Antlitz"). Die Führung der Sowjetunion betrachtet die Geschehnisse in Prag mit Argwohn. Vollends schrillen die Alarmglocken, als den Tschechen und Slowaken Presse- und Organisationsfreiheit gewährt werden soll. Nun droht aus sowjetischer Sicht die Gefahr des Abdriftens der "Speerspitze" des Warschauer Pakts nach Westen. Im Juli erhöht Moskau den Druck auf Prag. Im "Brief der Fünf" (kommunistischen Parteien der Sowjetunion, Polens, Ungarns, Bulgariens und der ostdeutschen SED) an die tschechoslowakischen Genossen heißt es: "Wir können nicht mehr damit einverstanden sein, dass feindliche Kräfte Ihr Land vom Weg des Sozialismus stoßen und die Gefahr einer Lostrennung der CSSR von der sozialistischen Gemeinschaft heraufbeschwören. Das sind nicht mehr nur Ihre Angelegenheiten, das sind die gemeinsamen Angelegenheiten aller kommunistischen Parteien und unserer Staaten, die sich im Warschauer Vertrag vereinigt haben." Im Zeitraum Juli/August finden zwar noch Kompromissgespräche statt, doch am 21. August kommt es zur Invasion und Besetzung der Tschechoslowakei durch Truppen des Warschauer Pakts. Albanien und Rumänien verweigern die Teilnahme. Der Reformprozess in der Tschechoslowakei wird zerschlagen. |
Ungarnkrise 1956 | Beeinflusst durch antistalinistische Unruhen in Polen bilden sich 1956 in Ungarn Arbeiterräte, Studenten gehen auf die Straße. Forderungen nach freien Wahlen, Presse- und Meinungsfreiheit werden laut, zudem wird die Abschaffung des Einparteiensystems gefordert. Überraschend schnell zerfällt der Staatsapparat. Im Oktober wird Imre Nagy Ministerpräsident. Nagy ist ein altgedienter KP-Funktionär, der 1953 bereits Regierungschef war, aber wegen seiner Reformfreude in Ungnade fiel. Am 23. Oktober beginnt eine offen antisowjetische Volkserhebung, am 1. November kündigt Nagy den Austritt aus dem Warschauer Pakt an. Er erklärt Ungarns Neutralität und bitte die UNO um Hilfe. Nun lässt der Kreml seine Panzer rollen. Am 4. November vertreiben Sowjettruppen die Regierung Nagy und schlagen den Aufstand nieder. Imre Nagy wird vor Gericht gestellt und am 16. Juni 1958 im Hof des Zentralgefängnisses von Budapest erhängt. |