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Von der Ächtung zur Achtung der Arbeit Glossar

Stand: 17.11.2015 | Archiv

BegriffeErklärung
GesellenwanderungAls Gesellenwanderung oder auch Walz bezeichnet man die Zeit nach dem Abschluss der Lehrzeit, in der sich der Geselle auf Wanderschaft begab. Seit dem 16. Jahrhundert bis zur beginnenden Industrialisierung war die Gesellenwanderung eine Voraussetzung für die Zulassung zur Meisterprüfung. Ziel der Gesellenwanderung war neben dem Kennenlernen von fremden Orten und Ländern das Erlernen neuer Arbeitspraktiken und das Sammeln von Lebenserfahrung. Viele Wanderlieder stammen von reisenden Handwerksgesellen, wie "Das Wandern ist des Müllers Lust". Auch im Märchen taucht der Handwerker auf Wanderschaft in der Fremde häufig als Motiv auf. Unser heutiges Bild der Gesellenwanderung ist teilweise verklärt.
MutzeitAls Mutzeit oder Sitzjahre bezeichnete man bei einigen zünftigen Handwerkern (zum Beispiel bei Bäckern oder Schustern) die Zeit, die ein Geselle abwarten musste, um zur Meisterprüfung zugelassen zu werden. Um die Mutzeit zu überbrücken, begaben sich die Handwerksgesellen auf Wanderung. Zweck der Mutzeit war es, den Zugang zu dem betreffenden Handwerk zu erschweren. Bei manchen Handwerken konnte die Mutzeit durch das sogenannte Mutgeld abgegolten werden.
SchäfflerAls Schäffler wurden Handwerker bezeichnet, die Behälter und Gefäße aus Holz herstellten. Die Bezeichnung Schäffler leitet sich vom oberdeutschen "Schaff", einem Ausdruck für wasserdichte Behälter, ab. In Norddeutschland wird dafür der Begriff "Bottich" verwendet, entsprechend hießen die Hersteller von solchen Behältnissen dort Böttcher. Die Schäffler sind berühmt für ihren Zunfttanz. Es gibt die Legende, dass es in München die Schäffler waren, die sich 1517 nach einer Pestepidemie als Erste wieder auf die Straße wagten und den Menschen mit ihrem Zunfttanz Hoffnung machten. Heutzutage wird der Tanz der Schäffler in München alle sieben Jahre in der Faschingszeit aufgeführt. Außerdem sind die tanzenden Schäffler im Glockenspiel am Münchner Rathaus verewigt.
ZunftladeUnter einer Zunftlade oder auch Amtslade versteht man eine Truhe, in der wichtige Dokumente und Wertgegenstände einer Zunft aufbewahrt wurden. Darunter befanden sich die von der Obrigkeit gewährten Privilegien, die Statuten und Namensverzeichnisse der Zunftmitglieder sowie das Geldvermögen und die Siegelstempel der Zunft. Um diese wichtigen Dinge vor Veruntreuung zu schützen, besaßen meist mehrere Meister je einen Schlüssel, die alle zum Öffnen benötigt wurden. Eine ganz besondere Funktion übernahm die Zunftlade bei den Versammlungen der Zunftmitglieder. Begleitet durch ein feierliches Zeremoniell wurde die Versammlung durch das Öffnen der Zunftlade eröffnet. So lange die Truhe offen stand galten besondere Regeln, so durfte man nicht essen und trinken oder fluchen. In den Versammlungen wurden wichtige Entscheidungen getroffen, Lehrjungen losgesprochen, Gesellen zu Meistern gemacht und Streitigkeiten geschlichtet. Noch heute finden sich im Sprachgebrauch Anspielungen auf die Zunftversammlungen. So werden Sitzungen eröffnet, zu denen man geladen ist.
ZunftordnungDie Zunftordnung wurde in den Statuten der Zunft schriftlich festgehalten und diente dazu, allen Meistern einer Zunft die gleichen Chancen für Produktion und Absatz ihrer Produkte zu gewährleisten. So regelte die Zunftordnung den Zugang zum Handwerk, die Arbeitszeit, die Dauer von Lehr- und Gesellenzeit und die Zulassung zur Meisterprüfung. Aber auch Strafen, Gefahrenabwehr, Kundenschutz und soziale Sicherung waren darin festgelegt. Aufbewahrt wurde die Zunftordnung in der sogenannten Zunftlade.
ZunftzwangDer sogenannte Zunftzwang bestand seit dem 13. Jahrhundert und bedeutete, dass man Mitglied einer Zunft sein musste, um das entsprechende Handwerk in einer Stadt ausüben zu dürfen. Die Bürger einer Stadt waren dazu verpflichtet, nur bei zünftigen Handwerkern zu kaufen oder arbeiten zu lassen. Ziel des Zunftzwangs war, die Konkurrenz innerhalb und außerhalb einer Stadt auszuschalten oder doch wenigstens einzuschränken. Meister oder Gesellen, die nicht in einer zünftigen Werkstatt arbeiteten, sondern im Haus des Kunden, wurden als "Störer" bezeichnet, da sie die Regeln der Zunft störten. Störer arbeiteten für Kost und Logis und einen geringen Tageslohn, ihre Arbeit kam so den Kunden billiger als die zünftiger Handwerker.

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