Mysteriöse Untermieter des Menschen Mitbewohner der einzelnen Stockwerke
Das menschliche Verdauungssystem bietet Bakterien eine Gesamtwohnfläche von bis zu 500 Quadratmetern - das entspricht der Größe von zwei Tennisplätzen. Da die Bewohner winzig klein sind, nämlich nur einen Tausendstel Millimeter, finden die hundert Billionen Bakterien darin gut Platz. Sie verteilen sich über vier "Wohngeschosse" von oben nach unten - und leisten überall Schutz vor ungewollten Eindringlingen, den Pathogenen.
Dachgeschoss: Der Mund
Sobald wir anfangen zu essen oder zu trinken, treffen wir auf Bakterien. Im Mund besonders gefürchtet ist ein alter Bekannter: der Karieserreger - in der Fachsprache Streptococcus Mutans. Beim Kauen von Nahrungsmitteln stürzen sich diese Bakterien auf Zucker. Damit können sie sich am Zahnschmelz festkrallen. Sobald sie den Zucker verzehren, entsteht Milchsäure - und die greift den Zahnschmelz an.
Gut, dass im Mund noch etwa Tausend anderer Bakterienarten leben. Bei etwa 36° C finden sie eine optimale Temperatur, zudem werden sie regelmäßig versorgt und vernichten hängen gebliebene Speisereste.
Außerdem schließen sich die verschiedenen Bakterienarten zu widerstandsfähigen Gemeinschaften zusammen und beschichten als Biofilm - auch Mundflora genannt - die Oberflächen im Mundraum: Zähne, Zunge, Innenwand. Dadurch sorgen sie, zusammen mit Hefepilzen dafür, dass zum Beispiel Karieserreger sich nicht in der Mundhöhle festsetzen. Auch wenn es nicht gleich Karies ist: Eine unausgewogene Bakterienmischung im Mund kann auch Folgen haben, die zwar nicht gefährlich, aber sehr unangenehm sind: zum Beispiel Mundgeruch. Vor allem im hinteren Zungendrittel, das weniger Kontakt zum Gaumen hat - und deshalb nicht regelmäßig abgerieben wird - können sich Fäulnisbakterien einnisten
Obergeschoss: Der Magen
Der Magen macht’s Bakterien nicht leicht. Die Umgebung dort ist sehr sauer - kein Wohlfühlklima für solche Kleinstlebewesen. Klar - ein Krankheitserreger soll im Magen nicht mit offenen Armen empfangen werden. Allerdings gibt es Schlupflöcher. Durch das Essen ändert sich die Magenumgebung: Sie wird währenddessen weniger sauer. Deshalb können manche Pathogene überleben und weiterziehen - in den Dünndarm.
Erdgeschoss: Der Dünndarm
Die Salmonelle ist eines der bekanntesten Bakterien. Hat sie es einmal in den Dünndarm geschafft, ist sie so wendig und schnell, dass ihr auch die viele Unruhe um sie herum nichts ausmacht. Obwohl Wasser durchrauscht und der Darmschlauch sich bewegt, um die Nährstoffe aus dem Essen verwerten zu können, setzt sich die Salmonelle fest, sogar in die Darmwand hinein. Die Folge: heftiger Durchfall.
Damit so etwas nicht jeden Tag passiert, sind die vielen Bakterien in unserem Körper besonders im Darm gut aufgestellt. Wie viele verschiedene Arten es sind, weiß man noch gar nicht - aber bereits 17.000 konnten identifiziert werden. Sie bilden ein eigenes Ökosystem: die Darmflora, wissenschaftlich ausgedrückt: Mikrobiota. Die Dünndarm-Bewohner knabbern bestimmte Kohlehydrate an der Darmwand an und erzeugen dadurch einen Film, der wie ein Schutzschild wirkt.
(Party-)Keller: Der Dickdarm
Hier geht es den Bakterien gut: kaum Wasser, das durchgespült wird, und wenig Säure.
Dementsprechend ist richtig viel los: in einem Gramm Darminhalt leben bis zu 1012 Bakterien! Auch hier dienen die Kleinstlebewesen zur Abwehr vor schädlichen Keimen. Zusätzlich helfen sie beim Verdauen von Ballaststoffen und bilden das Vitamin K.