Vier Jahre Vorbereitung für einen Flug
Mensch, Natur und Umwelt | MS, RS, Gy |
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Früher waren die braunen Käfer eine Landplage. Binnen Stunden fraßen sie ganze Bäume kahl. Doch seit ein paar Jahrzehnten sind Maikäfer selten geworden. So wie viele andere Insekten - und mit ihnen die Vögel, die sie fressen.
Noch vor zwei Generationen kannte jedes Kind den Käfer mit den harten braunen Flügeln, der gerade eben in eine kleine Hand passt: Maikäfer waren zum Spielen genauso beliebt wie als Forschungsgegenstand. Die ganz Mutigen probierten sogar Omas Maikäfersuppe oder Nudeln mit Maikäfersoße - nussig im Geschmack und nahrhaft dazu.
Früher gehörte er zum Monat Mai
Für die Erwachsenen waren die Maikäfer dagegen eine Plage. Vor allem, weil sie in kurzer Zeit massenhaft auftreten. Sind die letzten Fröste vorüber - etwa Anfang Mai -, kriechen die Käfer aus der Erde, in der sie sich nach oben vorgearbeitet haben. Am frischen jungen Grün der Bäume fressen sie sich satt, bleiben in großer Zahl dort sitzen oder kreisen laut brummend durch die Luft. Sogar Autofahren konnte noch vor 50 Jahren im Mai 'gefährlich' sein - so viele der Insekten blieben an der Windschutzscheibe kleben.
Das Leben der Käfer währt nicht lange. Sein einziger Zweck scheint das Fressen und die Vermehrung zu sein. Haben sie die Bäume kahl gefressen, legen die Weibchen 60 bis 80 Eier in den Boden. Sie sterben nach wenigen Tagen, die Männchen gleich nach der Begattung. Die Larven - 'Engerlinge' genannt - fressen Wurzeln von Gräsern, Stauden und Bäumen. Im Winter ziehen sie sich in tieferes Erdreich zurück, wo sie vor dem Frost geschützt sind, nur um gleich im nächsten Frühjahr weiter zu fressen. Drei oder vier Jahre lang geht das so, bis die Engerlinge Fingerdicke erreicht haben und sogenannte 'Puppenkammern' anlegen. Zum Ende des Jahres schlüpft der Maikäfer, wartet aber unter der Erde ab, bis es warm genug ist, um sich nach oben zu wagen.
Ein gefürchteter Schädling
Wer sich hauptsächlich von Blättern und Wurzeln ernährt, kann sich bei Bauern nur unbeliebt machen. Vor allem die Engerlinge sind gefürchtet. Früher versuchten die Menschen der Plage Herr zu werden, indem sie die Käfer einsammelten. Eine Arbeit, für die gerne Kinder eingespannt wurden. In manchen Gegenden machte man den Tieren sogar symbolisch den Prozess und versuchte sie mit Weihwasser aus der Gemeindeflur zu verbannen. Geholfen hat das alles natürlich nichts.
Die Wende kam erst mit Insektenvernichtungsmitteln wie DDT. Plötzlich waren die Käfer radikal ausgerottet. Ende des 20. Jahrhunderts war ein Maikäfer ein höchst seltener Anblick. Doch seit DDT verboten ist und immer mehr Bauern auf Bio-Landwirtschaft umgestellt haben, ändert sich das langsam. Im südlichen bayerischen Inntal und in Unterfranken klagen Landwirte und Obstbauern schon wieder über die Tiere. Naturschützer sagen dagegen: Das ist kein Vergleich zu früher. Nicht nur die Maikäfer sind stark dezimiert, sondern auch viele andere Tierarten - etwa Fledermäuse und Vögel, die sich von Insekten ernähren. In der Natur ist es still geworden.