Bayern 2 - radioWissen


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Friedenssymbol und Hassobjekt

Von: Volker Eklkofer / Sendung: Brigitte Kohn

Stand: 17.02.2014 | Archiv

Die Taube: Friedenssymbol und Hassobjekt

Mensch, Natur und UmweltMS, RS, Gy

Jahrtausendelang hat der Mensch die Taube verehrt, beschützt und gezüchtet. Doch als sie als halbwildes Tier in Massen in die Städte vordrang, fiel sie in Ungnade. Aus dem Sinnbild des Heiligen Geistes wurde die "Ratte der Lüfte".

Die Taube - Kulturgeschichte eines außergewöhnlichen Tieres

Als Pierre de Coubertin 1896 die Olympischen Spiele wiederbelebte, war ihm der Flug der Friedenstauben bei der Eröffnungsfeier ein besonderes Anliegen. Der Baron, ein Kenner zeremonieller Symbolik, wusste, dass die Taube quer durch die Kulturen als Sinnbild des Friedens, der Unschuld und der Treue galt.

Schon Aphrodite, die Göttin der Liebe in der griechischen Mythologie, schlüpfte aus einem Ei, das von einer Taube ausgebrütet wurde. Die Taube ging, wie das Alte Testament berichtet, mit der Arche Noah auf Reisen. Sie entdeckte Land, kehrte mit einem Ölzweig im Schnabel zurück und überbrachte die Botschaft vom Ende der Sintflut. Jesus sah bei seiner Taufe den Himmel geöffnet und den Heiligen Geist in Gestalt einer Taube herabkommen. Zum Pfingstfest wird in vielen Kirchen noch immer eine weiße Holztaube als Verkörperung des Heiligen Geistes aufgehängt. Im Mittelalter aßen Pestkranke in der Hoffnung auf Heilung Tauben - man hielt die Tiere für besonders rein. Tauben spielen in Heiligenlegenden eine wichtige Rolle und auch in Märchen tauchen sie auf.

Liebende schätzten Tauben als diskrete Boten, auch Feldherren machten sich den Orientierungssinn der Vögel zunutze. Brieftauben waren noch im Ersten Weltkrieg für das Militär unverzichtbar, die Schweizer Armee setzte sie bis 1995 ein. Ungeachtet ihrer kriegerischen Verdienste erkor der spanische Maler Pablo Picasso die Taube zum Friedenssymbol. Sein Entwurf für den Weltfriedenskongress 1949 verbreitete sich in Pazifistenkreisen rasant.

Tauben - Vögel mit besonderen Eigenschaften

Tauben leben in Einehe, das Paar baut gemeinsam ein einfaches Nest. Zwei Eier werden gelegt und abwechselnd etwa 17 Tage lang bebrütet. Da dies mehrmals im Jahr geschieht, können zehn bis zwölf Junge zur Welt kommen. Nach dem Schlüpfen werden die Kleinen etwa eine Woche lang mit der nahrhaften Kropfmilch, anschließend mit eingeweichten Sämereien gefüttert. Bald fliegen die Jungen aus und werden schnell selbstständig.

Die Vögel mit dem gedrungenen Körper, den Trippelfüßen und dem kleinen Kopf verfügen über besondere visuelle Fähigkeiten, das Sehzentrum im Gehirn ist stark ausgeprägt. Tauben können sich, wie Versuche zeigen, Gegenstände und auch Gesichter schnell einprägen. Sie sind Meister der Navigation, es gibt Tauben, die über Strecken von mehr als 1.000 Kilometern den Weg nach Hause finden. Bei Brieftauben wird diese Fähigkeit vom Menschen trainiert und durch Zucht optimiert. "Erfahrene" Tauben haben eine Navigationskarte im Kopf, die es ihnen ermöglicht, während des Fluges immer wieder die Richtung zu korrigieren. Dazu nutzen sie alle Informationen, die sie während des Fluges erhalten. Sie orientieren sich am Magnetfeld, das die gesamte Erde umspannt. Sie besitzen einen Sonnenkompass, der ihnen die Tageszeit und den Stand der Sonne mitteilt. Ihr empfindliches Gehör reagiert auf sehr tiefe Töne, auf den Infraschall. Damit sind sie in der Lage, Geräusche, die von weit her kommen, zu hören, beispielsweise eine ferne Meeresbrandung oder das Rauschen des Windes an Bergen. Zudem können sie den Geruch des Heimatschlages und dessen Umgebung über große Entfernungen empfangen.

Wo der Mensch ist, ist Futter

Tauben waren wohl ursprünglich Wald- und Felsenbewohner, die vor etwa 10.000 Jahren, als sich der Ackerbau ausbreitete, eine enge Beziehung mit den Menschen eingingen. Die im Mittelmeerraum und in Südasien vorkommende Felsentaube ist die Stammform aller Haustaubenrassen. Die Vögel kamen auf die Felder, wo sie das Saatgut schätzen lernten. Die geselligen und standorttreuen Tiere gewöhnten sich an Taubenschläge und wurden domestiziert. Ihren Kot verwendeten die Bauern als Dünger. In Ägypten begann die Düngerproduktion in großem Stil, noch heute existiert am Nil und im Iran eine Taubendüngerbranche.

Tauben folgten - schon wegen des Nahrungsangebots - dem Menschen. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sich verwilderte Haustauben in den Städten niederließen. Hier fanden sie, was sie brauchten: Mauernischen zum Nisten, Häuser als Unterschlupf und ausreichend Futter. Die Körnerliebhaber entwickelten sich - abgesehen von Fleisch - zu Allesfressern. Je mehr natürliche Feinde wie Marder und Greifvögel dezimiert wurden, desto stärker vermehrten sich die Tauben.

Die Taube wird zum Problemtier

Straßentauben (Columba livia) erwiesen sich als Anpassungskünstler Nummer eins im menschlichen Lebensraum und bevölkern mittlerweile Großstädte in aller Welt. Allein in New York leben mehr als eine Million Exemplare, in Berlin sollen es etwa 300.000 sein. Mit ihren Exkrementen verschmutzen Straßentauben Fassaden und verursachen beträchtliche Schäden. In Massen fallen sie auf Plätzen und Bahnhöfen ein und bedrängen Passanten, die oft selbst ihr Gurren als Belästigung empfinden. Die Angst, dass Tauben Krankheitserreger und Parasiten auf Menschen übertragen, ist groß. Die einst hoch geschätzte Taube wird heute von vielen Stadtbewohnern als unerwünschter Eindringling in eine geordnete, zivilisierte Welt empfunden. Straßentauben, die sich nicht vertreiben lassen, gelten als Plagegeister, als 'Ratten der Lüfte'. Wer sie verteidigt oder gar füttert, gerät schnell in Erklärungsnot.

Wege der Taubenplage Herr zu werden

Viele Stadtverwaltungen haben den Straßentauben den Krieg erklärt. Sie werden gejagt, gefangen und mit Gift getötet. Man setzt sie Ultraschallbeschuss aus und rückt ihnen mit Greifvögeln zu Leibe. Drahtsperren sollen sie am Landen hindern, sogar Verhütungsmittel wurden entwickelt. In manchen Kommunen wird Füttern mit Strafe belegt. Doch die Taubenbestände sinken oft nur vorübergehend ab und erholen sich dank der Fortpflanzungsleistung der Vögel bald wieder. Zudem protestieren Tierschutzorganisationen, die Tauben als "wilde" Bereicherung des Großstadtlebens sehen, gegen die harte Gangart im Kampf gegen das Federvieh. Neuere, weniger aggressive Vorgehensweisen zielen darauf ab, die Straßentauben durch Vermindern des Nahrungsangebots zu dezimieren - denn wenn die Tauben mit Futtersuche beschäftigt sind, haben sie weniger Zeit zu brüten. Ein anderes, in Augsburg erprobtes Modell sieht vor, Straßentauben an Schläge mit Trink- und Nistgelegenheiten zu gewöhnen. Hier werden die Eier regelmäßig gegen Attrappen ausgetauscht.


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