Bayern 2 - radioWissen


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Download-Service Einsatz im Unterricht

Stand: 06.04.2017 | Archiv

Vorarbeit

Lernziele: Verdrängen und Vergessen sind neurologisch und psychologisch sinnvolle Abwehrmechanismen der "Seele". Wir brauchen sie, um das Gehirn vor einer Überschwemmung durch zu viele Reizinformationen zu schützen. Wir brauchen sie aber auch, um das Bewusstsein von unangenehmen Erinnerungen, Vorstellungen, Enttäuschungen zu entlasten und handlungsfähig zu erhalten. Problematisch wird diese "seelische Müllabfuhr" erst dann, wenn ein Übermaß verdrängter Wahrnehmungsinhalte, Erinnerungen und Wünsche psychische Erkrankungen auslöst. In solchen Fällen müssen psychotherapeutische Maßnahmen versuchen, die unterdrückten Bewusstseinsinhalte zu reaktivieren und aufzuarbeiten.
Die Radiosendung beleuchtet das Thema aus unterschiedlichsten Aspekten. Die Schülerinnen und Schüler

  • überblicken das von Sigmund Freud entwickelte dreigliedrige Strukturmodell der psychischen Instanzen,
  • werden an die Grundbegriffe, Funktionen und Deutungen psychischer Abwehrmechanismen herangeführt,
  • betrachten die positiven (lebensbejahenden) und negativen (pathologischen) Aspekte seelischer Abwehrstrategien,
  • lernen die unterschiedliche Sicht- und Herangehensweise von Verhaltenstherapie und Psychoanalyse kennen,
  • begreifen Traumatisierung und Abspaltung (Dissoziation) als psychische Schutzreaktionen gegen die Überforderung durch extrem belastende und lebensbedrohliche Erfahrungen,
  • werden schließlich angeregt, ihr eigenes Verdrängungsverhalten zu hinterfragen.

Durch ihr breites inhaltliches Angebot und die Vielfalt der Sichtweisen eignet sich die Sendung vor allem im Ethik- und Religionsunterricht als Impulsgeber für eine differenzierte Behandlung

  • der Adoleszenzproblematik und der Konfliktbewältigung,
  • des Wesens und der Aufgabe der Gewissensbildung für die Persönlichkeit und im gesellschaftlichen Zusammenleben,
  • unterschiedlicher Konzepte der Schulderfahrung und Schuldbewältigung.

Einsatz im Unterricht

Hinführung zum Thema: Als Einstieg kann die Lehrkraft die Schülerinnen und Schüler mithilfe von Leitfragen auffordern, über eigene oder allgemeine Erfahrungen mit Verdrängen und Verleugnen zu berichten: "In welchen Situationen neigen wir dazu, unangenehme Erfahrungen, Vorstellungen und Wünsche beiseitezuschieben? Welche Vorteile bieten diese Abwehrmechanismen? Warum ist es gut, schlechte Erfahrungen auch einmal zu vergessen?"
Um auch das Verständnis für die "dunkle Seite des Verdrängens" zu wecken, sollte die Lehrkraft auch nach den Gefahren übermäßigen Verdrängens fragen: "Welche Folgen kann es haben, zu viele konfliktträchtige Situationen, Erlebnisse oder Gedanken dauerhaft abzuwehren?" Was passiert, wenn man es übertreibt?"
Die von der Klasse gesammelten Stichwörter werden unter der Überschrift "Verdrängen und verleugnen" stichpunktartig in zwei Rubriken ("positive Aspekte" und "negative Aspekte") auf der Tafel festgehalten. Anschließend kündigt die Lehrkraft das gemeinsame Hören der Sendung an.

Nacharbeit

Nachbearbeitung: Die Arbeitsblätter und Arbeitsaufträge dienen der Festigung des im Radiobeitrag vermittelten Wissens und der Vertiefung aufgeworfener Fragen im Unterrichtsgespräch. Sie können entweder in Einzelarbeit, von Arbeitsgruppen oder im Klassenverband beantwortet werden. Die Ergebnisse werden im Plenum ergänzt und korrigiert. Die Sendungsausschnitte können zur Motivation und thematischen Strukturierung des Unterrichtsgesprächs oder als Ergänzung der Arbeitsblätter eingesetzt werden. Das Glossar erläutert zentrale Begriffe des Beitrags. Arbeitsblatt 1: "Überlastungsschutz und Wahrnehmungsfilter: Vom Nutzen des Verdrängens".Die Schülerinnen und Schüler halten fest, dass Verdrängen und Vergessen aus neurobiologischer und psychologischer Sicht durchaus sinnvolle Strategien und Schutzmechanismen sind. Ergänzend dazu Audio Ausschnitt 1: Verdrängen und Vergessen: Überlastungsschutz für die Seele. Arbeitsblatt 2: "Wenn die Seele an ihrem Ballast erstickt: Die dunkle Seite des Verdrängens". Das Arbeitsblatt verankert psychopathologische Aspekte des Verdrängens. Die Schülerinnen und Schüler machen sich mit den negativen Folgen psychischer Abwehrstrategien vertraut. Ergänzend dazu Audio Ausschnitt 2: Ängste und Neurosen: Die dunkle Seite des Verdrängens. Arbeitsblatt 3: "Psychisches Gleichgewicht: Das rechte Maß von Erinnern und Vergessen".Die Schülerinnen und Schüler vertiefen ihr Verständnis für die positiven und negativen Aspekte seelischer Abwehrmechanismen. Sie werden dazu angeregt, das eigene Abwehrverhalten kritisch zu hinterfragen. Arbeitsblatt 4: " Trauma und Spaltung: Wenn sich die Seele komplett verkapselt und dicht macht". Die Schüler und Schüler machen sich mit den Phänomen der Traumatisierung und Dissoziation bekannt. Sie lernen die Abspaltung als psychische Schutzreaktion gegen die Überforderung durch extrem belastende und lebensbedrohliche Erfahrungen kennen. Ergänzend dazu Audio-Ausschnitt 3: Trauma und Spaltung: Wenn sich die Seele komplett verkapselt und dicht macht.

Lehrplanbezug

Lehrplan für die bayerische Realschule
7. Jahrgangsstufe
Biologie, 7.3 Programme und Regeln für das Zusammenleben - Verhaltensweisen des Menschen: Menschen leben in Gemeinschaften: Ursprung und Notwendigkeit von Regeln, Konfliktbewältigung, Aggressionsabbau, Toleranz; Lernen beim Menschen: die Erziehungsbedürftigkeit des Menschen
Katholische Religionslehre, 7.3 Mit Konflikten umgehen lernen: Umgang mit Konflikten, z. B. sich stellen, ausweichen, verharmlosen, verschärfen; Möglichkeiten der Konfliktbewältigung bewerten und die angewandten Wertmaßstäbe benennen
8. Jahrgangsstufe
Ethik, 8.1 Erwachsen werden -  Jugendliche zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Bewusstmachen von persönlichen Fähigkeiten, Wünschen, Träumen, Zweifeln und Ängsten als Voraussetzung vernünftiger Selbsteinschätzung. 8.3 Grundlegende Maßstäbe menschlichen Handelns - Normen: "Ich tue, was ich will": die Fragwürdigkeit dieses Handlungsmotivs an Beispielen aufzeigen; die Notwendigkeit von Normen für das Leben in der Gemeinschaft überdenken, die Regelungsfunktion von Normen als Grundlage persönlicher Entscheidungsfindung erkennen, die Unterscheidungen falsch - richtig und gut - böse im Hinblick auf sachliche und auf moralische Bewertungen anwenden, die Abhängigkeit der Normen von verschiedenen kulturellen Entwicklungen unter Berücksichtigung von so genannten Kann-, Soll- und Mussnormen erkennen.
9. Jahrgangsstufe
Ethik, 9.2 Sinn des Lebens. Die Frage nach dem Sinn des Lebens - Die Frage nach dem Sinn des Lebens in Ausnahmesituationen, z. B. bei Enttäuschungen, Krankheit und Tod, Sinnverlust und Sinnfindung als lebenslange Aufgabe; Verfehlte Sinnorientierungen: Ursachen einer verfehlten Sinnorientierung, z. B. Maßlosigkeit, übersteigerte Ansprüche an sich und andere, mangelndes Selbstvertrauen, mögliche Folgen, wie z. B. Fanatismus, Flucht in Alkohol und andere Drogen, Minderwertigkeitskomplexe; Arbeit und Leistung in der Schule: Bewältigungsstrategien bei Unlust, Versagensängsten und Leistungsverweigerung, z. B. Meditation bzw. Phantasiereisen
Katholische Religionslehre, 9.3 Sich entscheiden können: "Wie verhalte ich mich richtig?" (z. B. Dilemmageschichten auswerten, Entscheidungssituationen spielen), den Anruf des Gewissens wahrnehmen: Gewissenserlebnisse beschreiben; Arten und Aufgaben des Gewissens, Gewissensbildung als lebenslange Aufgabe, Offenheit für Korrekturen, Dialogbereitschaft; Unterscheidung zwischen berechtigten und unberechtigten Gewissensbissen
10. Jahrgangsstufe
Katholische Religionslehre, 10.4 Schuld erfahren - frei werden durch Vergebung und Versöhnung: schuldig werden: Situationen, Ursachen, Auswirkungen, Empfindungen und Reaktionen erkunden; verschiedene Ebenen des Schulderlebens (persönliche Schuld, soziale, strukturelle Mitschuld, Sündigwerden vor Gott); unterschiedliche Schwere der Schuld und Kriterien dafür

Lehrplan für das bayerische Gymnasium
5. Jahrgangsstufe
Ethik, 5.2 Bedürfnisse und Regeln - verschiedene Arten von Bedürfnissen und ihre Bewertung, Umgang mit Bedürfnissen: Bedürfnisaufschub, Misserfolgstoleranz; Erfolg, Lebensfreude, Glück, Notwendigkeit und Entstehung von Regeln; Arten und Merkmale von Regeln, verantwortlicher Umgang mit den Ansprüchen von Bedürfnissen und Regeln
6. Jahrgangsstufe
Ethik, 6.2 Ich und die anderen - Freiheit im Widerstreit der Interessen: Einsicht in Grenzen der persönlichen Freiheit und Bereitschaft zur Selbstbegrenzung
Evangelische Religionslehre, 6.5 Leben in Gruppen: Möglichkeiten der konstruktiven Konfliktbearbeitung wie Empathie, Zivilcourage, Mediation, Aushalten von unlösbaren Konfliktsituationen
Katholische Religionslehre, 6.1 Zwischen Leistungserwartungen und Erlebniswelten: eigene Orientierung finden; zwischen Leistungsdruck und Freizeitspaß: Erfahrungen von Erfolg und Begabung, aber auch von Überforderung, Misserfolg, Stress oder Langeweile
7. Jahrgangsstufe
Ethik, 7.2 Konflikte und ihre Regelung: Konflikte in der eigenen Lebenswelt (Eltern, Lehrer, Gleichaltrige) und in der Literatur (z. B. Jugendbuch); Ursachen und Formen von Konflikten: z. B. gegensätzliche Interessen und Positionen; Vorurteile; intra- und interpersonale Konflikte, Gruppenkonflikte (Gewissen; unterschiedliche normative Verhaltenserwartungen); Scheinlösungen im Umgang mit Konflikten (Leugnung; verbale und körperliche Gewalt; Mobbing; Handeln nach bloßem Machtprinzip; unaufrichtiges Nachgeben u. a.)
Evangelische Religionslehre, 7.4 Wunschträume, Ängste, Gebet: Erfahrungen und problematische Umgangsweisen mit Wunschträumen und Ängsten im Blick auf Erfahrungen wie Erfolg, Versagen, Einsamkeit, Verlust, Bedrohung; Auswirkungen von Träumen und Ängsten auf die Lebensgestaltung, wie z. B. Wirklichkeitsverdrängung durch Tagträume, Machtphantasien, Computerspiele, Aberglauben, Drogen; Erfahrungen von Vergebung, Vertrauen, Gemeinschaft, Verheißung; Aushalten von Zweifeln
8. Jahrgangsstufe
Katholische Religionslehre, 8.2 Die Welt ist unvollendet - Konflikte, Schuld und Versöhnung: Leben in einer unvollkommenen Welt: Konflikte mit anderen (z. B. in Familie, Schule, Gesellschaft) und mit sich selbst, Ursachen (z. B. Frustration, Aggression, berechtigte Anliegen) und Schulderfahrungen; Konflikt- und Schuldbewältigung im Schüleralltag
9. Jahrgangsstufe
Ethik, 9.1 Gewissen und Handeln - Deutungen des Gewissens und Entstehungstheorien: synderesis und conscientia (Thomas von Aquin), innerer Gerichtshof (z. B. Paulus, Röm 2,14-16), Über-Ich und Ich-Ideal (S. Freud)
10. Jahrgangsstufe
Evangelische Religionslehre, 10.5 Tun und Lassen: elementare Regeln ethischer Urteilsbildung; Normen, Werte; Bedeutung des Gewissens
Katholische Religionslehre, K 10.1 Gewissen konkret: Verantwortung für das Leben übernehmen: Suche nach verantwortbaren Lösungen durch Güterabwägung bei Wertkonflikten; Bedeutung von Gewissen und Gewissensbildung
11. Jahrgangsstufe
Ethik, 11.2.1 Psychologie und Soziologie: S. Freud (psychischer Apparat, das Unbewusste), Sozialisation, Status, Rolle, Gruppen- und Schichtenzugehörigkeit als Bestimmungsgrößen für menschliches Verhalten
Evangelische Religionslehre, 11.2 Wer bin ich? - Das christliche Verständnis vom Menschen. Voraussetzungen des menschlichen Daseins wahrnehmen: Faktoren der Identitätsbildung wie Kultur, Familie, Tradition; das Spezifikum des Menschen an einer übergeordneten Fragestellung herausarbeiten, z. B. freier Wille, Sprache, Bewusstsein, Unterschied von Mensch und Tier, ein Beitrag aus Biologie oder Psychologie oder Philosophie zur gewählten Fragestellung
Katholische Religionslehre, 11.4 Der Mensch im Horizont des Gottesglaubens: christliches Menschenbild; Deutung des Menschseins in der Moderne: Philosophie, z. B. A. Camus, E. Fromm, E. Lévinas, oder Psychologie, z. B. S. Freud, C. G. Jung, V. E. Frankl, oder Naturwissenschaft, z. B. menschliche Freiheit aus der Sicht der Hirnforschung
12. Jahrgangsstufe
Evangelische Religionslehre, 12.1 Ich konnte nicht anders...? - Die Frage nach dem Gewissen: verschiedene Erklärungen für unrechtes und böses Handeln kennen und in Beziehung zueinander setzen, biblische Erklärungsansätze, ein nichttheologischer Erklärungsansatz besonders unter dem Gesichtspunkt der Willensfreiheit, z. B. aus Philosophie, Neurobiologie, Genetik oder der Aggressionsforschung, Dimensionen von Gewissen als richtender Instanz, als Ort der Identität; dazu ein humanwissenschaftlicher Ansatz. 12.2 Was soll ich tun? - Die Frage nach der richtigen Lebensführung: Bestimmungsgrößen der ethischen Entscheidung wie Tradition und Situation (dazu Regeln, Vorschriften, Gesetze in unserer Lebenswelt), ethische Bildung, Aspekte zur Entwicklung moralischen Bewusstseins


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