Hilfe zur Selbsthilfe
Wirtschaft und Forschung | MS, RS, Gy |
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George C. Marshall - mit dem Namen des Generals, Ministers und Friedensnobelpreisträgers ist der Plan für den Aufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg - die bislang wirksamste Entwicklungsinitiative der USA - auf ewig verbunden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg taumelt Europa in Richtung Niedergang. Die Staaten leiden an ökonomischer Lähmung und politischer Instabilität. Es mangelt an Gütern und Devisen, der Handel ist kollabiert. Die Sowjetunion baut währenddessen die totalitäre Herrschaft in den von der Roten Armee besetzten Gebieten aus, die kommunistischen Parteien im Westen nutzen Not und Elend, um die angeschlagenen politischen Systeme zu destabilisieren.
Als Europa um die Jahreswende 1946/47 eine Hungerkatastrophe droht, wird der US-Führung klar, dass Amerika den alten Kontinent wirtschaftlich wiederbeleben muss, um dem Machtstreben des Diktators Josef Stalin einen Riegel vorzuschieben. Eine Folge des Übergangs zur Politik der Eindämmung ist die Konzeption eines Wiederaufbauprogramms für Europa. Die Idee einer "Hilfe zur Selbsthilfe" präsentiert Außenminister George C. Marshall am 5. Juni 1947 anlässlich einer Rede an der Harvard-Universität.
Mehrere Staaten West- und Südeuropas "ergreifen die Rettungsleine", wie es der britische Außenminister Ernest Bevin formuliert. Stalin untersagt den Osteuropäern die Teilnahme am European Recovery Program (ERP). Zwischen 1948 und 1952 fließen Waren im Wert von rund 13 Milliarden Dollar an 16 Teilnehmerstaaten, auch die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland zählt zu den Nehmerländern. Zugleich profitieren die einzelnen Volkswirtschaften von zinsverbilligten Investitionskrediten. Indem die USA Europa die helfende Hand reichen - und en passant einen Absatzmarkt für ihre Exportindustrie schaffen - etablieren sie sich als Schutzmacht und stabilisieren die westeuropäischen Gesellschaften im zunehmend heißer werdenden Kalten Krieg.
Wenngleich die ökonomische Wirkung des ERP umstritten ist, an den politisch-psychologischen Effekten gibt es keinen Zweifel. Gerade in der BRD, dem Land des "Wirtschaftswunders", hat sich der "Marshall-Plan" tief ins kollektive Gedächtnis eingegraben.