Ende der Welt - Die tägliche Glosse Dreiohrhasen
Weil die Ohren angeblich das Beste am Schoggihasen sind, hat ein Schweizer Chocolatier einen Dreiohrhasen kreiert – und schon bricht die Entrüstung los. Aber macht es wirklich einen Unterschied, ob Kinder an einen zwei- oder dreiohrigen Osterhasen glauben, der Eier legt? Eine Glosse von Georg Bayerle.
Wer erinnert sich nicht an die große Frage, wo der Schokonikolaus als erstes angebissen werden sollte; am Kopf, an der Mütze oder am Schuh? Jetzt, wo die Massenproduktion der Schokonikoläuse anläuft. 150 Millionen Stück produziert man ja nicht im Handumdrehen; - ja, is denn bald schon Weihnachten!?
Keine Sorge, so krass wirkt sich nicht einmal die Zeitumstellung aus. Jetzt steht erst einmal Ostern vor der Tür und damit nicht der Nikolaus, sondern der Osterhase. Und bei dem ist die Frage doch viel einfacher zu beantworten: gibt es hier jemanden, der oder die dem Schokohasen nicht als erstes in die Ohren beißen würde?! Die bereits im vergangenen Herbst fabrizierten Dinger spreizen die Ohren so provozierend auf, dass es gar nicht anders geht. Und die Ohren schmecken auch am besten, heißt es, und man erkennt es daran, dass häufig Keinohrhasen auf dem Tisch von der ersten Naschschicht zurückbleiben.
Unter Profis - und die besten davon gibt es in diesem Metier bekanntlich in der Schweiz - ist es längst ein offenes Geheimnis, dass die Hasenohren quasi das Sahnehäubchen des gesamten Schoggihasen sind. Warum also nicht das Beste vermehren, hat sich jetzt ein schlitzohriger Schweizer Chocolatier gedacht und den ersten Dreiohrhasen auf den Markt gebracht: Da sitzt das unschuldige Ding mit Glupschaugen, Stupsnase und Hasenzähnen und trägt drei gleichgroße Ohren auf dem Kopf, fächerartig aufgestellt.
Was jetzt kommt, kann sich jeder denken: „Schwachsinn“, „genetisch degeneriert“, „Frechheit den Hasen gegenüber“, „totale Tiermisshandlung“ – poltern insbesondere die Kritikerinnen und, etwas moderater wird Besorgnis laut: „So tüender die Chind verwirre“ – aber, Hand aufs Herz, macht es einen Unterschied, ob Kinder an einen zwei- oder dreiohrigen Osterhasen glauben, der Eier legt?
Wie immer ist die Realität schon weiter als die Fantasie
Und dann gibt es die Gegenpartei, die Ohrenfans: „sind eh das Beste“, werfen sie mit ideologiefreiem Pragmatismus ein. Und Jennifer, die passenderweise Schweizer heißt, erklärt: „Von mir aus, dürfte er auch nur aus Ohren bestehen“.
Wie immer ist die Realität schon weiter als die Fantasie: im Kanton Bern, bei der Bäckerei Felber in Madiswil – soviel Werbung darf in diesem Fall schon sein -, da heißt der Kassenschlager Ohr-iginal – und besteht aus: einem Paar Ohren - ganz ohne Hase: zartschmelzende Hasenohren. Denn: „es sind die besten Bissen vom Osterhasen“, so die einfach-praktische Erklärung; schließlich ißt man beim Rind auch nur das Filet!
Ob jetzt viele auf den Trend aufspringen? Für das Aufpropfen weiterer Ohren würde sich zum Beispiel die Rückenpartie eignen. Aber jetzt sind ja erst einmal die Schokonikoläuse in der Produktion. Und die sind übrigens, genauso wie die Schoggihasen, eine Erfindung der Lebensmittelindustrie.