Ende der Welt - Die tägliche Glosse Lange Rede, feuchter Sinn
Ob diese Rede erbaulich war, darüber gehen die Meinungen auseinander: Erschöpfend war sie auf jeden Fall. Der Demokrat Cory Booker sprach im amerikanischen Senat 25 Stunden und 5 Minuten und damit länger als jeder andere vor ihm. Eine Glosse von Peter Jungblut.
Ob diese Rede erbaulich war, darüber gehen die Meinungen auseinander: Erschöpfend war sie auf jeden Fall. Der Demokrat Cory Booker sprach im amerikanischen Senat 25 Stunden und 5 Minuten und damit länger als jeder andere vor ihm. Der Inhalt seiner Rede hat die Zuhörer allerdings weniger interessiert als der Inhalt seiner Blase, denn er durfte das Podium während seines Auftritts nicht verlassen. Wie verlautet, hielt er sich mit dem Verlesen von Gedichten über Wasser. Windeln soll er dagegen nicht getragen haben, versicherte ein Mitarbeiter.
Könnte aber durchaus sein, dass der nächste US-Wahlkampf von Urologen entschieden wird. So, wie wir Donald Trump kennen, wird er vorher den Harndrang entbürokratisieren und in umkämpften Wahlkreisen persönlich den Spülknopf betätigen, wenn er sich nicht gleich an die Wasserorgel setzt. Dass Redner auf die Tränendrüse drücken, ist ja nichts Neues. Künftig werden sie wohl deutlich weiter unten ansetzen müssen, um das Publikum von sich zu überzeugen. Das hat zweifellos seine Vorteile: Statt verwässerte Antworten zu geben, dürften sich alle Kandidaten künftig auf sehr trockene Materie konzentrieren, nicht nur in den USA.
Redner mit feuchter Aussprache sind bei entscheidenden Auftritten natürlich im Vorteil, weil sie auf diese Weise ihre Nieren entlasten und ihren Flüssigkeitshaushalt mit Sondervermögen ausgleichen. Der Wähler wird es zu schätzen wissen, wenn in der Politik ab sofort deutlich mehr transpiriert als transferiert wird. Eine Verfassungsänderung ist dafür übrigens nicht nötig, nur Deostifte.
Eine Herausforderung für TV-Duelle und Zuschauer
Könnte allerdings sein, dass sich TV-Duelle demnächst länger hinziehen, wenn jede Antwort 25 Stunden in Anspruch nimmt. Für diesen Fall sollten die Sender darauf achten, dass die Fragesteller nicht während des Schlagabtauschs in den Ruhestand gehen und das Studiopublikum jahreszeitlich neutrale Kleidung trägt, sonst glauben Verschwörungstheoretiker nicht, dass wirklich live gesendet wird. Interessierte Zuschauer können ja während der Zeitumstellung aufs Klo gehen, alle anderen während der Hustenanfälle der Kandidaten, die nur in Ausnahmefällen mehr als zwanzig Minuten in Anspruch nehmen dürften.
Das reicht sogar für den Friseur. Unentschlossene Wähler hätten bei mehrmonatigen Debatten Gelegenheit, die Kandidaten nicht nur kennen und lieben zu lernen, sondern sie auch im Alltag zu beobachten: Das hält bekanntlich nicht jede Beziehung aus, vor allem, wenn einem weder die Frage zur Antwort, noch die Haarfarbe zum Gesicht erinnerlich ist. So gesehen hat Cory Booker viel zur Entschleunigung beigetragen. Wie sich sein Auftritt auf die steigenden Meeresspiegel ausgewirkt hat, müssen die Klimatologen erst noch nachmessen.
Könnte ja sein, dass küstennahe Großstädte gerettet sind, wenn ausreichend viele Politiker reden statt handeln, vorausgesetzt, der Saaldienst serviert ihnen genug Wasser und die Toiletten sind abgeschlossen. Wir müssen aufhören, in Kreisläufen zu denken. Dürre Worte helfen auch!