Ende der Welt - Die tägliche Glosse Social Prescribing
Das klassische Rezept ist für Medikamente, aber sind es immer nur Medikamente, die einem helfen können? Eine Glosse von Caro Matzko.
Die Schweizer Gemeinde Neuchâtel hat beschlossen psychisch und/oder körperlich Erkrankten einen Besuch in einem von vier lokalen Museen zu verschreiben. Ein eidgenössisches Pilotprojekt: Die Behörden übernehmen die Kosten des Museumrezepts für zwei Jahre und dann wird ausgewertet, ob diese neue Art von Kunsttherapie den Betroffenen Linderung verschafft hat. Artificial Prescription statt Intelligence. Eine prima Idee, die zurückgeht auf einem Bericht der WHO anno 2019 : Damals wurde festgestellt, dass Kunst die mentale Gesundheit fördert, entspannt, Trauma-Symptome lindern und kognitiven Verfall verzögern kann. Außerdem muss man um ein Museum zu besuchen aufstehen, sich anziehen, das Haus verlassen und unter Leute gehen. Das ist für Menschen mit schwerer Depression tatsächlich eine enorme Herausforderung.
Und wer hats erfunden? Großbritannien! Dort gibt es das Soziale Rezept auf Englisch „Social Prescribing“ schon seit 2019: in Form von Gruppenausflügen oder Charity Engagement. Denn miteinander Gutes Tun wirkt stimmungsaufhellend und gegen Einsamkeit.
Wär ich Arzt, würde ich zum Beispiel Markus Söder ein Rezept für regelmäßige Schulbesuche mit unangekündigten Stegreifaufgaben ausstellen
Der Rest von Europa hinkt hinterher - immerhin wird es jetzt aber unter Federführung der Charité in Berlin erforscht. In den kommenden fünf Jahren werden 22 europäische Gesundheits- und Forschungseinrichtungen die Effekte des Sozialen Rezepts insbesondere bei benachteiligten Personengruppen untersuchen. Wie die dazugehörige Pressemitteilung ankündigt.
Dass das wieder so lang dauert! Was da ein Potenzial brachliegt– insbesondere für multimorbide Branchen wie Pflege, Klima oder das Bildungssystem! Wär ich Arzt, würde ich zum Beispiel Markus Söder ein Rezept für regelmäßige Schulbesuche mit unangekündigten Stegreifaufgaben ausstellen. Vielleicht würde er dann realisieren welchem Druck das bayerische Schulsystem unterliegt wie ausübt und dass Handyverbot und digitale Tafeln nicht die Themen sind, die bei Schulleitungen Prio 1 haben.
Oder Karl Lauterbach eine Woche Uniklinik-Pflege verschreiben, damit er sieht was es bedeutet, wenn man die Patienten von circa drei geschlossenen Landkrankenhäusern auffangen soll. Danach braucht er garantiert ein Folgerezept für sechs Minuten Vogelgezwitscher - das soll laut Max Planck Gesellschaft gegen Stress und Panikattacken helfen.
Am Ende der Welt bleibt nur ein guter Lifehack: Am besten werden Sie gar nicht erst krank und bleiben sozial aktiv. Bevor es zu spät ist!