Aus dem Herzen Brückenbauprojekt am Theater Fürth
Bürgerbühnenbewegungen sind deutschlandweit im Trend. Das Stadttheater Fürth geht ins siebte Jahr mit dem "Brückenbau." Wieder sind mehrere Aufführungen geplant, an denen teilnehmen kann, wer will. Barbara Bogen beleuchtet den Erfolg des Fürther Projekts und wagt einen Blick voraus.
"Menschen haben eine ganz große Sehnsucht, glaub ich in dieser Zeit auch nach Gemeinschaft. Neben dem Bedürfnis, sich künstlerisch auszudrücken, die eigenen kreativen Potentiale aufzuwecken, ist es tatsächlich in dieser Optimierungsgesellschaft in dieser sich aufsplitternden Parallelgesellschaft, dieser Welt, dieses ganz fast wie ein ganz alter Gedanke eine alte Kraft von zusammen kommen und gemeinsam etwas tun, erarbeiten, ein sinnvolles zielgerichtetes Tun, das ist glaub ich ganz großes Bedürfnis da ist in der Zeit."
Jutta Czurda
Jutta Czurda, Choreographin und Sängerin, ist ebenso vielseitig wie ideenreich, eine charismatische Persönlichkeit aus Fürth. Eine Brücke bauen zwischen Theater und Publikum, Kooperation zwischen Künstlern und „normalen Bürgern“ das war vor sieben Jahren ihre Idee.
"Also, eine der Grundideen ist gewesen, für den Brückenbau Theater am eigenen Leib erfahrbar zu machen. Also, das heißt, dass die Mittel des Theaters, das Spielen, das Singen, das Schreiben, das Tanzen als sogenannter nichtprofessioneller auf der Bühne stehender Mensch, wie gesagt, am eigenen Leib zu erfahren und sich selbst in seinem künstlerischen Ausdruck kennen zu lernen. Und sich auch .. mit seinem Stadttheater auch über das eigene Tun zu identifizieren. Sozusagen auch diese 'Brücke', die durch dieses Projekt in die Stadt entstanden ist, nämlich zu den Bürgern manche sind Zuschauer manche nicht, mal direkt und am eigenen Leib zu vermitteln und dadurch eine Community von Menschen entstehen zu lassen, die entweder selbst Theater macht und auf die Bühne geht oder eben die Mittel des Theaters am eignen Leib erfährt."
Jutta Czurda
"Ja, ich wollte Jutta Czurda immer schon mal kennen lernen. Ich wollte schon oft Aufführungen von ihr besuchen, aber es hat nie geklappt. Und jetzt hab ich sie ja kennen gelernt und werd sie noch näher kennen lernen. Ja, ich freu mich da schon drauf."
Teilnehmerin
Das sagt eine Frau, die am Abend gemeinsam mit Jutta Czurda durch die freie leere Halle des Kulturforums in Fürth fegen, an die einhundert Frauen, nur einige Männer sind anwesend hier beim Community Dance.
Die Halle wird hier zur Bühne für alle. Sie wirbeln durch den riesigen Raum. Gemeinsam. Tanz. Gymnastik. Atmung. Befreiung der Körper. Bewegung ist das, was sie suchen und wohl auch die Begegnung, die Brücke zum anderen. Danach sprechen Theaterleute über das neueste Stück.
"Ich glaube, dass es ein Anspruch des Brückenbaus von Anfang an auch war, hm, Schwellen niedriger zu gestalten als sie vorher waren."
Johannes Beissel
Theaterpädagoge Johannes Beissel war von Anfang wesentlich beteiligt am Brückenbauprojekt in Fürth.
"Und den Menschen, Fürther Bürgern, wenn man so will, zu vermitteln, das Theater nichts ist, wo man sitzt und zuschaut, sondern das es etwas ist, wo man selbst auch mitwirken kann. Und das war glaub ich was, was es so vorher in Fürth nicht gab. Obwohl schon immer das Theater sehr stark vom Engagement der Bürger für ihr Theater gelebt hat. Aber das sah vorher so aus das sehr viel gespendet wurde oder das auch ne sehr starke Lobby für das Theater hier innerhalb von Fürth geherrscht hat, aber das jetzt Fürther auch die Bühne für sich selbst entdecken und selbst zu Handelnden werden, ist wirklich neu am Brückenbau."
Johannes Beissel
Bürgerbühnenbewegungen verbreiten sich
Bürgerbühnenbewegungen sind deutschlandweit im Trend. Es gibt sie in den Metropolen und in der Provinz, im Deutschen Theater Berlin ebenso wie in Karlsruhe, Dresden, Freiburg oder Mannheim. „Schreitet fort!“ heißt das Motto dieser Spielzeit in Fürth, unter dem allein zwei Bürgerbühnenprojekte stehen. Das eine - ein Projekt der Schauspielwerkstatt, die unter dem Stichwort „Modern Times“- Moderne Zeiten eine Art Recherchearbeit betreibt, deren Ergebnisse sie später im kleinen Saal des Kulturforums im Frühjahr zur Aufführung bringen wird. Das andere heißt „Metropolis now“ nach dem Filmklassiker von Fritz Lang. Auch hier sollen Fragen gestellt werden zur Gegenwart. Und wie entwickelt sich Zukunft? Die künstlerischen Antworten darauf werden in einer Nachtperformance im Juni dieses Jahres am Vorplatz des Kulturforums gezeigt. Auch als absoluter Laie kann man hier mitmachen und spüren, was es heißt, ein Stück zu machen, auf der Bühne zu stehen. Daneben gibt es noch das Projekt „Andersrum denken“, eine Kooperation mit der Kunstgalerie Fürth und dem Papiertheaterkünstler Johannes Volkmann, an dessen Ende wiederum eine Theaterperformance im Stadttheater Fürth stehen wird.
"Und das war eben eine ganz entscheidende Motivation auch mit für den Brückenbau, weil ich auch immer wieder erlebt hab, zB nach Tanztheatervorstellungen so die Frage, was soll ich jetzt denn da jetzt sehen, gibt es eine Geschichte, die ich da sehen soll? Wie soll ich Tanztheater angucken? also beispielsweise so ne Erlaubnis zu bekommen, in den eigenen Assoziationen frei zu sein. Und das wie eine Folie auf das eigene Leben und Empfinden und Wahrnehmung zu legen, das sind Dinge, die auch im Brückenbau behandelt verhandelt werden und wo auch ne Sensibilisierung stattfindet dafür."
Jutta Czurda
"Ja, das beobacht ich auch. Man kann es wirklich so als ne Art Schule des Sehens auch betrachten sowohl den Brückenbau als auch die Bürgerbühneninszenierungen. Der Unterschied ist das bei den Bürgerbühneninszenierungen nachher ne Aufführung entsteht, die öffentlich gezeigt wird. Aber auch bei meinen Jugendclubmitgliedern stell ich das fest. Sie kommen mit sehr konventionellen Theatervorstellungen: Wir brauchen Requisiten, wir brauchen am besten gemalte Dekorationen. Das muß so sein wie in „echt“. Und das sich so die ästhetischen Kategorien oder auch die Vorstellung davon, was Theater ist, das Theater mit der Vorstellungskraft der Zuschauer auch arbeitet, das kann ich sehr viel besser verstehen und lernen, wenn ich selbst Theater mache. Diesen Formen und festzustellen, dass es funktioniert. Und es ist spannend, wenn nicht alles genau so ist wie in echt."
Johannes Beissel
"Das ist, das ich mich Jahre lang auch damit beschäftigt hab, wie is denn das eigentlich, Wahrnehmung von Theater, von unserem Publikum, diesen Aspekt von Verfeinerung der Wahrnehmung von Theater durchaus auch das, was Mittel des Theaters ist, zu reflektieren. Also dieses am eigenen Leib ist ja ein großes sinnliches Moment. Aber eben auch zu reflektieren, welche Mittel werden da eingesetzt. Wie ist das Verhältnis von Inhalt und Form? Das heißt, die Zuschauer, die zum Beispiel im Brückenbau das am eigenen Leib erfahren haben und auch bei som Stück e bauen auch innen Diskurs gekommen sind mit, wären dann, (lacht) das ist jetzt meine These, mündigere, wachere Zuschauer!"
Jutta Czurda