Dorfwirtshaus mit Anspruch Der Huberwirt in Pleiskirchen bietet Sterneküche
Viele Dorfwirtshäuser gibt es nicht mehr. Da wo das Wirtshaus überlebt hat, ist es häufig zum Landgasthof geworden. In Pleiskirchen bei Mühldorf ist aus dem Dorfwirtshaus sogar ein Sternelokal geworden
Wir schreiben das Jahr 1612 – Protestanten und Katholiken streiten sich. Galileo Galilei macht mit Hilfe seines Teleskop eine grandiose Entdeckung – er sieht als erster Astronom den Planeten Neptun. Der gregorianische Kalender wird eingeführt und im oberbayerischen Dorf Pleiskirchen – heute im Landkreis Altötting entsteht eine Gastwirtschaft zur Post
"Hochgrad von Taufkirchen zu Gutenberg und Clebing hat im Jahr 1612 dieses Haus erbaut."
Tafel am Haus
Steht sinngemäß auf einer kleinen Tafel in der Hausmauer des „Huberwirts“ – einem prächtigen Wirtshaus mitten im Dorf
Die Grundmauern des Hauses und die Balken in der Decke der Gaststube stammen noch aus den Anfängen – als das Anwesen ein Bauernhof und die Gastwirtschaft ein Nebenerwerb war.700 Jahre sollen die mächtigen Balken alt sein – 300 Jahre gewachsen und 400 Jahre im Haus. Sie könnten viel vom Wandel der Zeit erzählen
Sandra, die Lebensgefährtin von Sternekoch Alexander Huber serviert in der alten Gaststube. Aus diesem Haus stammen elf Familien mit insgesamt 80 Kindern. Die wurden natürlich nicht alle Wirte – die meisten wurden Bauern und haben in die umliegenden Höfe eingeheiratet. Einige werden sich auch auf Wanderschaft begeben haben. So, wie Alexander Huber, der dann als elfter Huberwirt in den elterlichen Betrieb zurück gekehrt ist
"Mir ham so a gewisse Mischung aus Wirtshaus und gehobener Küche, die des ganze schon ein bisschen einzigartig sein lässt für so altes Wirtshaus wie’s do is" Alexander Huber
In dem – zumindest aus unserer heutigen Warte – erst einmal jahrhundertelang alles blieb, wie es war. Die Hubers bestellten ihr Feld und nebenbei betrieben sie ihre Wirtschaft.
Am Sonntag zum Frühschoppen, am Abend zum Kartenspielen – zur Hochzeit oder zum Leichenschmaus traf man sich im Wirtshaus. Doch nach dem zweiten Weltkrieg begann auch beim Huberwirt in Pleiskirchen der Wandel.Der Saal wurde neu gebaut und dabei der Dachstuhl gedreht , sodass die Frontseite des Hauses jetzt zur Kirche schaut. Viele Künstler traten auf der Kabarettbühne im neuen Saal auf - darunter auch Fredl Fesl – fast ein Nachbar
Und es änderte sich noch mehr – beim Huberwirt. Die Eltern von Alexander, Josef und Anna Huber entschlossen sich um 1970, die Landwirtschaft aufzugeben und sich ganz dem Gasthaus zu widmen in dem der heutige Inhaber schon als kleiner Bub mit der Kochmütze aufwuchs. Immer wieder wurde verändert – an- und Umgebaut: ein Heurigenkeller und verschiedenen Stuben. Alexander Huber hat allerdings den größten Wandel vollzogen – vom Dorfwirtshaus zum Sternerestaurant.
"Mia san natürlich stolz, dass mer oan in der Gmoa hand, der wo Sternekoch is."
Entenlieferant Andreas
Andreas liefert dem 11. Huber Enten, Gänse und anderes Geflügel außerdem ist er Stammgast
"Des hot mich überrascht was aus Ente alles machen kann. I kenn’s nur klassisch bayerisch, aber der Alex der macht’S klassisch bayerisch, aber trotzdem anders – i woas net wie er’s hiebringt, er machts sous vie oder wie ma des nennt, mit knuschpriger Haut , bin scho begeistert, wie fallt’s ihm nur ei."
Andreas
Alexander Huber fällt viel ein, was er mit den vorwiegend regionalen Produkten, die er verwendet alles machen kann.
"I mog furchtbar gern was machen mit Innereien, mit Keule mit Schulter – a im Menu oder a mit so vergessene Teile – Haxe, Kalbsfopf; Zwerchfell -sowas mehm’ i furchtbar gern her."
Alexander Huber
Hummer, Kaviar und Exotisches setzt der Sternekoch dagegen nur sparsam ein.
Ein Wandel in der Sternegastronomie – in der es normalerweise auch dezent abgetrennte Gourmetstuben gibt
"Unser Gourmetrestaurant hat 80 Sitzplätze und zwar vom Stammtisch bis zu schönsten Tisch. Zu uns kommen immer noch Einheimische, natürlich is es so, dass es den ein oder anderen preislich bissl abstösst aber im großen und ganzen sama noch des Dorfwirtshaus – mit ham noch die Vereine, CSU-SPD Versammlung und den Stammtisch wo ma sich a trifft."
Alexander Huber
Da geht’s leger und manchmal auch etwas lauter zu. Das scheint die Testesser – die ja jedes Restaurant mehrmals besuchen bevor sie ihre begehrten Sterne vergeben – beim Huberwirt nicht sonderlich gestört zu haben – im Gegentei
Beim ersten Mal hat mer’s wirklich, dass er total neb’n Stammtisch gesessen is und die ham sich über Fußballspiel gestritten und beim 2. Mal hat er mich dann gefragt, ob die heit gar net da sand, als er wieder kam."
Stammtisch und Gourmetküche – beim Huberwirt in Pleiskirchen geht das offenbar zusammen. Hoffentlich führt der Wandel nicht dazu, dass aus dem Dorfwirtshaus doch irgendwann einmal ein reiner Gourmettempel wird.