Bayern genießen Viecherei - Bayern genießen im November
Die kalte Jahreszeit ist von jeher Schlachtzeit und damit beginnt in allen traditionellen Gesellschaften die Zeit des Feierns und der ausgelassenen Schlemmerei. Und so geht’s in der November-Ausgabe von Bayern genießen um allerhand Viechereien – allerdings nicht nur ums Fleisch, sondern vor allem auch um den Genuss, den man mit lebendigen Viechern haben kann.
Unsere Viechereien im Einzelnen - Die Themen von Bayern genießen im November
Das ist Bayern genießen im November mit Gerald Huber und Beiträgen aus unseren sechs Regionalstudios.
- Harald Mitterer, Niederbayernkorrespondent vom Studio Ostbayern, führt uns ins rossnarrische Rottal.
- Andreas Estner aus der Redaktion Oberbayern bringt uns das Gamsfieber naheg.
- Die Geschichte über die Aischgründer Karpfen macht Ilona Hörath aus dem Studio Franken.
- Den Tierpark im unterfränkischen Sommerhausen präsentiert uns Ansgar Nöth aus dem Studio Mainfranken
- Anja Salewsky berichtet über die Eichhörnchen auf Münchner Hochhausbalkonen.
Niederbayern und Oberpfalz
Das Rottaler Pferd
Dem Rottaler im Besonderen und dem Niederbayern im Allgemeinen wird ja nachgesagt, dass er rossnarrisch ist. Das ist auch kein Wunder: Die schweren Gäuböden des bayerischen Unterlandes mussten ja bearbeitet werden, wofür man bis weit ins 20. Jahrhundert hinein keine virtuellen Pferdestärken sondern ausschließlich tatsächliche Pferdekraft nutzte. Daneben brauchten die reichen niederbayerischen Bauern – und nicht nur sie – das Ross selbstverständlich aber auch als Statussymbol; ganz so, wie man heute einen rasanten Schlitten fährt, wenn mans sich leisten kann.
Fast aber wäre das Rottaler Pferd, nicht nur die älteste Pferderasse Bayerns, sondern auch eine der ältesten Europas, dem Fortschrittswahn der Mitte des 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallen. Seit ein paar Jahren geht es zwar wieder aufwärts – ziemlich selten ist das Rottaler Pferd aber immer noch.
Oberbayern
Das Gamsfieber
Am 6. November jährt sich der Tod des Wildschützen Georg Jennerwein zum 135. Mal. Er war beileibe nicht der einzige Wildschütz in den bayerischen Wäldern aber bei weitem der berühmteste. An seinem Grab in Schliersee findet sich zu seinem Todestag manchmal noch eine gewilderte Gams.
Denn im November ist Gamsbrunft und das Gamswild hat es den Wildschützen schon immer besonders angetan. Gamsen gehören zum Hochwild, waren also jahrhundertelang Adeligen und ihren Jägern vorbehalten.
Was dem bayerischen Unterländer sein kostbares Ross war, war damals dem Oberlandler der praktisch unerreichbare Gamsbart: ein unbedingtes Statussymbol. Nach ihm fieberten Generationen von Wildschützen…Für die legale Gamsjagd im alten Wildererrevier vom Jennerwein ist übrigens heute der Forstbetrieb Schliersee zuständig.
Ober- und Mittelfranken
Der Aischgründer Karpfen
Was dem heißblütigen Oberbayern die Gams, das ist dem Franken der kalte Karpfen. Weit über Bayern hinaus ist der Aischgründer Spiegelkarpfen bekannt, der hier seit dem Mittelalter gezüchtet wird. Der Karpfen ist hier nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein kultureller Faktor.
Vor allem von Klöstern wurden im Mittelalter die Weiher, „Fischenzen“ genannt, gepflegt. Die Mönche und Nonnen brauchten Fische als Abwechslung für ihre Speispläne in den Fastenzeiten. Weswegen Karpfen schon immer nicht nur am Ende des Winters, sondern auch zu Anfang, ganz besonders im Advent und zu Weihnachten auf den Tisch kommt.
Im Aischgrund wächst er jetzt im November allmählich und stetig seiner Bestimmung entgegen. Allerdings nicht in riesigen Fischfarmen, sondern in traditionellen kleinen Teichen, von denen es hier weit mehr als 7000 gibt. Das macht den Aischgrund im Vergleich zu anderen Teichgebieten in Europa einmalig.
Mainfranken
Unterfranken genießen im Tierpark Sommerhausen
Jetzt gleich zu einem ganzen Tierpark. Im unterfränkischen Sommerhausen betreiben die Mainfränkischen Werkstätten seit fast zwanzig Jahren einen Park mit Freigehegen für Wildschweine, Schafe, Ziegen und Rehe und Volieren für unterschiedliche Vogelarten.
Jetzt im November wird es ruhiger im Tierpark. Das heißt "durchschnaufen können" für die Mitarbeiter, die dort im behüteten Umfeld trotz ihrer Behinderung arbeiten. Und es bietet sich reichlich Gelegenheit, die schönen, teilweise selten gewordenen Nutz- und Haustiere ganz aus der Nähe zu betrachten.
Der Imbiss im Tierpark bietet wahre Köstlichkeiten.
Schwaben
Das Augsburger Huhn
Nach Säugetieren und Fisch bei der Bayern-genießen-Viecherei jetzt zu den Vögeln. Das beliebteste Geflügel hierzulande sind die Hühner. Wobeis da mit den landschaftlichen Bezeichnungen dafür ziemlich durcheinander zu gehen scheint. Was, glauben Sie beispielsweise, ist der Unterschied zwischen einer Hen und einem Hendl? Wer jetzt meint, das sei eine Frage von Einzahl und Mehrzahl oder dass das Hendl die Verkleinerungsform einer Hen ist, der ist schief gewickelt. Das Hendl nämlich, wies beispielsweise auf den Volksfesten gegrillt wird, ist die bairische Form des Hähnchens.
Ein Hendl ist also ein männliches Tier, wie der Gockel oder Gickerl. Denn bis heute werden ja nur die gegessen, während die weiblichen Tiere, die Hennen, Eier legen sollen. Eine ganz strikte Rollentrennung für die Geschlechter also. Heutzutage werden dafür spezielle Rassen von Masthendln einerseits und von Legehennen andererseits eingesetzt. Auf dem klassischen Bauernhof mit freilaufenden glücklichen Hühnern, wären aber zwei verschiedene rassen viel zu aufwendig gewesen, weshalb man sich dort um gute Kompromisse bemüht hat. Das ganz selten gewordene Augsburger Huhn ist so ein Kompromiss – aber beileibe kein fauler. 1870 hat es Julius Meyer aus Haunstetten bei Augsburg aus einer wegen seines Fleischs geschätzten französischen und einer wegen seiner Legeleistung berühmten italienischen Rasse gezüchtet. Ein junger Augsburger hat das fast ausgestorbene einige bayerische Rassehuhn wiederentdeckt.
München
Eichhörnchen in der Stadt
Haben Sie gewusst, dass Eichkätzchen nur in der warmen Jahreszeit und in wärmeren Gegenden richtig rote Haare haben. Im Winter oder in den Bergen, wos ja von Haus aus kälter ist, werden sie grau oder graubraun. In München sind graue genauso wie rote zu beobachten, jetzt im Herbst und Winter präsentieren sich aber die meisten im dunkleren Winterpelz.
Ja, beißen, so wie von Eugen Roth beschrieben, soll es wirklich fürchterlich können, das Eichkatzl. Auch wenn es mit seinem buschigen Schwanz und den Pinselohren ausschaut, als könnte es keiner Seele was zuleide tun. Und tatsächlich können sie extrem zahm werden und werden selbst für Hochhausbewohner manchmal sogar regelrecht zum Haustier.
Das Vieh oder Viech ist ein uraltes Wort, das auf die indogermanische Wurzel pek zurückgeht, das soviel wie rupfen, kämmen, aber auch schon Vieh bedeutet. griechisch pekos heißt das Schaffell, lateinisch pecus ist der Oberbegriff für alle Nutztiere von den Gänsen über die Schafe bis zu den Rindern, bei uns ist aus pecus Vieh geworden. Früher nämlich ist man nur selten auf die Idee gekommen, ein Tier zu schlachten. Man war ja dankbar, es zu melken, die Wolle scheren oder die Federn rupfen zu können. Das war eine regelmäßige Einnahmemöglichkeit. Nicht umsonst hängt das lateinische Wort für Geld pecunia, mit pecus, dem Vieh, zusammen. In Zeiten, wo Nutztiere, eingepfercht in die Zwänge der Automation und der Industrie, früher hätte man gesagt „schlimmer als das Vieh“ behandelt werden, andererseits als vermenschlichte Haustiere in Wohnungen vegetieren müssen, tut es gut, wenn es Leute gibt, die sich der Mitgeschöpfe aus Liebe annehmen und sie artgerecht halten.
Unsere Kollegen vom Fernsehen haben für ihren Bayern-genießen-Beitrag die Krumbacher Viecherei in der Nähe von Straubing besucht. Einen Bauernhof, auf dem es neben einer Menge Rösser einen ganzen Tierpark mit selten gewordenen alten Haustierrassen gibt.