Bayerische Chinoiserien Als "Made in China" noch Kunst war
Produkte aus China haben einen schlechten Ruf: Billigware, Raubkopien, Fälschungen. Selbst die Chinesen kaufen Markenartikel lieber im Ausland. Dabei war der China-Style mal groß in Mode. Der Adel in Bayern war ganz verrückt nach Chinoiserien, nach Porzellan, Seidenstoffen und fernöstlicher Kunst jeglicher Art.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts kamen die ersten Ingolstädter Jesuiten ins Reich der Mitte, um auch dort das Christentum zu verbreiten. Mit der Glaubensmission waren sie nicht so erfolgreich. Aber ihr enormes Wissen über Physik, Astronomie und Alchimie brachte sie bald in höchste kaiserliche Ämter. Umgekehrt wuchs im bayerischen Kurfürstentum die Begeisterung für den fernen Kontinent und dessen Kunst. Der blaue Kurfürst Max Emanuel sammelte Chinoiserien im großen Stil. Auch am Hof des Sonnenkönigs war "La Chine" der letzte Schrei.
In den 400 Jahren der bayerisch-chinesischen Beziehungen hat sich das gegenseitige Bild grundlegend gewandelt. "Made in China" steht heute mehr für Krempel als für Kunst. Und die westlichen Missionare haben mehr die materiellen als die geistlichen Segnungen im Gepäck. Dabei sind die modernen Gesandten aus Ingolstadt deutlich erfolgreicher als ihre jesuitischen Vorgänger.
"Audi hat einen ganz hohen Stellenwert in China. (...) Zu der ersten Million haben wir nahezu 20 Jahre gebraucht und jetzt brauchen wir keine zwei Jahre mehr. (...) Über 3 Millionen Autos haben wir dort schon abgesetzt. Also drei Millionen Chinesen fahren auf jeden Fall einen Audi."
Heinz-Hermann Starke, Director Audi Xhina
Mit dem Erfolg bayerischer Unternehmen in China steigt die Nachfrage nach chinesischen Sprachangeboten in Bayern. Das Sankt-Anna-Gymnasium in München war 1963 deutschlandweit die erste Schule, die Chinesisch als Wahlfach angeboten hat. Inzwischen wird Mandarin dort offiziell als dritte Fremdsprache geführt. Nächstes Jahr ist Abitur-Premiere. Dann legen die ersten Schülerinnen und Schüler des Sankt-Anna-Gymnasiums das erste schriftliche Chinesisch-Abitur in der bayerischen Gymnasialgeschichte ab.
Der Autor
Ein Feature von Ulrich Zwack in der Zeit für Bayern