Auf und nieder München und seine Hochhäuser
Nichts geht in München über die Türme der Frauenkirche. Sie sind das Maß aller Hochhauspläne im Stadtzentrum. In einem Bürgerentscheid 2004 hat eine knappe Mehrheit der Münchner eine Höhenbegrenzung von 100 Meter für Wohn- und Bürogebäude festgelegt. Aber der Häuserkampf geht weiter
Jüngstes Beispiel ist der geplante Umbau des Münchner Hauptbahnhofs mit einem neuen, 75 Meter hohen Büroturm. Die Stadtplaner sind dafür, die Denkmalpfleger und der bayerische Kunstminister sind dagegen. Und schon schlagen die Wellen wieder hoch.
Alpenblick auch ohne Wolkenkratzer
Andere deutsche Großstädte haben weniger Angst vor der Höhe. Doch solche Vergleiche lösen an der Isar bloß Spott aus: Da werde nur so hoch gebaut in der Hoffnung, endlich mal die Alpen zu sehen. Für den Münchner Architekturprofessor Dietrich Fink hat die reservierte Haltung der Hochhauskritiker traditionelle Gründe:
"Die Stadt München ist sehr bürgerlich geprägt, im Gegensatz zu anderen Städten in Europa. Und die bürgerliche Prägung führt dazu, das man skeptisch ist gegenüber der Besetzung von profilübergreifenden Gebäuden. Das ist der sakrale oder öffentliche Hintergrund."
Dietrich Fink
Die Sendung hören:
Natürlich gibt es auch in München Hochhäuser, auch über 100 Meter. Aber die sind vereinzelt und liegen außerhalb der Altstadt. Denkmalpfleger und Stadtentwickler sind sich einig, dass München unter dem Wachstumsdruck künftig dichter und auch höher bauen muss. Etwa der baupolitische Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion und Bayerns oberster Denkmalpfleger:
"Ich glaube nicht, dass wir eine ganz andere utopische Stadt kriegen. Ich glaube eher, wir kriegen Veränderungen in den Verkehrsmitteln und dass es den Standard gibt: Blockbebauungen und dazwischen Straßen mit seitlichen Parkplätzen und Spuren in beide Richtungen."
Christian Amlong
"Ich würde mir ein München vorstellen können, das eine moderne Silhouette neben einer historischen Silhouette hat. Und die beiden ergänzen sich dann. München kann ein völlig neues Gepräge kriegen, aber unter Würdigung, Bewahrung und Respekt der alten Silhouette."
Mathias Pfeil, Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege
Anfänge in den 1920er-Jahren
Zum Autor: Thomas Grasberger
Thomas Grasberger, geboren 1964 in Altötting, lebt in München als Journalist und Buchautor (u. a. "Gebrauchsanweisung für München"). Für den Bayerischen Rundfunk macht er Reportagen und Features auf Bayern 2. Mit historischen und zeitgeschichtlichen Themen beschäftigt er sich am liebsten.