Zum Sonntag Mut zum Kompromiss
Die Bundestagswahl ist vorbei, und es gibt große Erwartungen an die Politik. Kompromissbereitschaft und das Streben nach gerechten Lebensbedingungen für alle, wünscht sich Landesbischof Christian Kopp.
Die Bundestagswahl ist vorüber und die Spannung bleibt groß. Wird eine stabile Koalition zustande kommen? Wie wird die neue Bundesregierung arbeiten? Was kann sie anpacken, um die großen Herausforderungen gut anzugehen? Die Fragestellungen sind in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt groß. Die Wählerinnen und Wähler wünschen sich in einer riesigen Mehrheit Mandatsträger und Mandatsträgerinnen, die konsequent gute und gerechte Lösungen für möglichst alle Menschen in Deutschland suchen. Und wenn sie die dann gefunden haben, wünschen sich alle eine möglichst schnelle und wirksame Umsetzung.
In einer aktuellen Umfrage wünschen sich vier von fünf Befragten mehr Respekt untereinander von den politisch Tätigen im Land. Kein Mensch braucht Politikerinnen und Politiker, die nur miteinander streiten. Mit Hassparolen und Hetze arbeiten extremistische Parteien gerne. Für Demokraten und Demokratinnen ist Hass und Hetze aber ein NoGo. Die Wählerinnen und Wähler wünschen sich von der Politik vor allem Stabilität. Ein gerechtes Steuersystem. Eine gute Lösung für die Renten. Schulen, die für die Kinder und Jugendlichen wirklich gute Lernorte sind. Und eine Infrastruktur, die das Leben angenehm und gut planbar macht.
Ein Kernproblem der alten Bundesregierung war die Zerstrittenheit, die gerne auch über die Medien dokumentiert und untermauert wurde. Wir sind ja so verschieden. Wenn wir könnten wie wir wollten, ja Leute, dann würde alles gut. Dann würde das Land prosperieren, die Wirtschaft wachsen, die Integration funktionieren, die Schulen wären topp und die Bahn pünktlich. Nur die anderen lassen uns halt nicht so machen wie wir wollen. Das ist das Problem.
Mich hat dieses Gezanke in der Bundesregierung an so viele Konfliktsituationen erinnert, die ich als Lehrer in Schulklassen erlebt habe. Herr Lehrer, die Maja sagt, sie hat Recht. Aber das stimmt nicht, ich habe Recht. Bei Konflikten ist ja jeder für Veränderung - aber die Veränderung hat der oder die andere zu bringen. Ich doch nicht.
Das Recht haben ist sehr in Mode gekommen in den letzten Jahren. Es gibt Menschen, die erklären ihre persönlichen Meinungen zu allgemein gültigen Wahrheiten. In Amerika wird damit gerade Politik gemacht. In der christlichen Sprache erleben wir geradezu dämonisches Verhalten, das konsequent gegen bestimmte Menschen und Gruppen gerichtet ist. Das sind Zeiten, die für alle Bürger und Bürgerinnen der Welt enorm herausfordernd sind. Umso wichtiger ist es konsequent nach guten Lösungen für die alltäglichen Fragen zu suchen.
Es ist ja schon manchmal schwierig mit mir selbst zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen. Was mache ich persönlich mit der mir anvertrauten Zeit, mit dem mir anvertrauten Leben. Da gibt es einfach so unendlich viele Möglichkeiten. Noch viel schwerer ist es mit anderen zu guten Lösungen zu kommen. Aber - es hilft doch nichts. Mein Großvater hat zu mir oft ein sehr bekanntes Wort gesagt. Er hat das auf im Dialekt gesagt, aber das erspare ich Ihnen. Bub, so mein Opa, das eine musst Du Dir merken. Du lebst in Bayern. Hier haben wir ein Gesetz. Leben - und leben lassen.
Ich wünsche mir Politikerinnen und Politiker, die kompromissbereit sind. Die immer wieder auf das höhere Ziel schauen - gute und gerechte Lebensbedingungen für möglichst viele Bürgerinnen und Bürger. Ich wünsche uns Abgeordnete, die sich selbst als kompromisslose Kompromisssuchende sehen und solche Kompromisse kompromisslos suchen. Ich kenne einige auch der jetzt wiedergewählten Abgeordneten, die sich genau so verstehen. Wenn das viele tun, ist mir nicht bang für die Zukunft unseres Landes.