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Wenn die Sprache klemmt Stottern: Was passiert da? Was hilft?

In der Regel tritt es im Vorschulalter auf: Stottern. Bei manchen verschwindet es wieder, bei anderen nicht. Für viele, die stottern, ist es eine Belastung. Was hilft gegen Stottern? Wie kommt man damit zurecht? Was müssen Eltern beachten?

Von: Klaus Schneider

Stand: 15.11.2021 |Bildnachweis

Symbolbild: Mann verzieht Mund | Bild: picture-alliance/dpa

Etwa ein Prozent der Bevölkerung hierzulande ist vom Stottern betroffen. Bei einem Großteil der Betroffenen beginnt es bereits im Alter zwischen zwei und vier Jahren. Bei den meisten Kindern, die stottern, geht es von alleine wieder weg (= Remission), weshalb man in den ersten Wochen mit einer Behandlung durchaus warten kann. Es gibt jedoch Gründe (z.B. Kind oder Angehörige leiden unter der Situation), rechtzeitig mit einer Therapie zu beginnen oder sich im Zweifel beraten zu lassen.

Experte:

Georg Thum, akademischer Sprachtherapeut an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Mit beginnendem Schulalter schließt sich das Zeitfenster der Remission. Je früher man also dem Stottern gegensteuert, desto größer ist die Chance, stotterfrei zu werden. Und auch bei älteren Kindern und Erwachsenen gilt: Eine frühe Intervention ist wichtig, um Begleiterscheinungen zu verhindern.

Dem Text liegt ein Interview mit Georg Thum, akademischer Sprachtherapeut an der Ludwig-Maximilians-Universität München, zugrunde.

Man weiß inzwischen sehr genau, was beim Stottern passiert. Man muss zwischen einem Kernsymptom und Begleitsymptomen unterscheiden.

Beispiel: Jemand will sagen: "Ich sitze am Tisch." Dieser Satz ist in der Satzplanung bereits fertig und abrufbereit. Was beim Stottern nun folgt, ist eine Übertragungslücke, eine Art Übertragungsfehler. Beim Menschen, der stottert, funktioniert die Übertragung nicht so, wie beim Nicht-Stotternden. Dadurch erleidet er einen Kontrollverlust bei einem bestimmten Wort.

Das Kernsymptom kann sich in unserem Beispiel über drei Möglichkeiten äußern:
Blockierung: Zwischen zwei Wörtern entsteht eine lange Pause: "Ich sitze am (lange Pause) Tisch."
Dehnung: Hängenbleiben an einem Laut: "Ich sssssssssssssssssssitze am Tisch."
Wiederholung: "Ich sitze am T-t-t-t-t-t-isch."

Problemhürde Silben-Nukleus

Viele – auch Betroffene – glauben oft, beim Stottern würde man am Wortanfang hängenbleiben, im Beispiel also beim "T" von Tisch. Interessant ist jedoch, dass sich bei genauer Betrachtung herausstellt, dass das so nicht stimmt. Stotternde bleiben immer am Silben-Nukleus hängen. Oder anders gesagt: am Übergang vom Konsonanten zum Vokal. Ausnahme: Beginnt ein Wort direkt mit einem Vokal (z.B. Apfel), kann man gleich am Wortanfang hängenbleiben.

Begleitsymptome: Sprechängste, Rückzugsverhalten

Menschen, die stottern, sind nicht krank. Aber man könnte gewissermaßen von einer Behinderung sprechen. Allerdings erschrecken viele, wenn sie den Begriff "Behinderung" im Zusammenhang mit Stottern hören.

"Ich sage dann immer: Genauso, wie ich als Brillenträger auch behindert bin, nämlich seh-behindert. Man muss jedoch auch klar sehen: Stotternde Menschen können als Folgereaktion in ihrer Lebensqualität sehr stark beeinträchtigt sein – zum Beispiel durch Sprechängste oder Rückzugsverhalten."

Georg Thum, akademischer Sprachtherapeut







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