Blutdruck Warum ein zu hoher Blutdruck gefährlich ist
Chronischer Bluthochdruck ist Risikofaktor Nummer eins für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Meist zunächst unbemerkt, schadet er langfristig Gefäßen, Gehirn, Herz, Nieren und Augen. Oft sind die Folgen: Herzinfarkt und Schlaganfall und andere Endorganschäden. Rechtzeitig erkannter Bluthochdruck kann gut behandelt werden.
In stressigen Situationen stehen Menschen "unter Druck" - so eine Redewendung. Das Herz schlägt schneller, die Blutgefäße werden enger, das Blut fließt mit erhöhtem Druck durch die Adern. Der Körper wird mit mehr Sauerstoff versorgt. Bluthochdruck (Hypertonie) bedeutet, wenn das Blut über einen längeren Zeitraum mit einem hohen Druck in den Gefäßen aufbaut.
Expertin:
Dr. Wajima Safi, Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologie in München und Erlangen, Vorsitzende des Jungen Forums im Deutschen Ärztinnenbund e.V.
In Deutschland leidet mehr als jeder Vierte an Hypertonie. Laut einer Studie hat sich die Zahl der Menschen mit Bluthochdruck seit 1990 verdoppelt: auf 1,3 Milliarden weltweit. Fast die Hälfte der Betroffenen weiß nichts von einer Erkrankung. Gefährlich ist Bluthochdruck vor allem wegen seiner Folge-Erkrankungen.
Dem Text liegt ein Gespräch mit Dr. Wajima Safi zugrunde, Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologie in München und Erlangen, Vorsitzende des Jungen Forums im Deutschen Ärztinnenbund e.V. .
Der Blutdruck beschreibt den Druck im Innenraum der Gefäße. Dabei bestimmen drei Faktoren den Blutdruck:
- Sind die Gefäße elastisch, wie Gummischläuche, geben sie nach. Dadurch kann sich kein hoher Druck aufbauen. Der Mensch hat folglich einen niedrigen Blutdruck. Die Gefäße sind in der Regel elastisch, wenn sie unbeschädigt sind, so wie in der Regel bei jungen Menschen. Sind die Gefäße hingegen alt und seit Jahren Schädigungen durch Noxen wie Rauchen oder Bluthochdruck ausgesetzt, werden sie steif wie Eisenrohre.
- Weiterhin wird der Blutdruck durch die Pumpleistung des Herzens bestimmt. Wenn das Herz mehr Blut in die Gefäße pumpt, z.B. beim Sport, dann steigt der Blutdruck auch.
- Der Blutdruck wird auch durch den Gefäßwiderstand in den kleinen Gefäßen bestimmt; der kann auch hormonell oder durch andere Erkrankungen verändert sein. Dies kann ebenfalls im jungen Alter der Fall sein. Wenn dann Blut hineingepumpt wird, baut sich entsprechend Druck auf, weil die Wände der Gefäße nicht nachgeben. Die Folge: Bluthochdruck.
Das Herz pumpt ununterbrochen. Es zieht sich zusammen und entspannt sich wieder. Der Blutdruck wird mit zwei Werten gemessen: dem systolischen und dem diastolischen Wert. Der systolische Blutdruck misst den Druck beim Herzschlag, wenn sich der Herzmuskel zusammenzieht und sauerstoffreiches Blut in die Gefäße pumpt. Der diastolische Blutdruck misst den Druck auf die Gefäße, wenn der Herzmuskel erschlafft und sich die Herzkammern wieder mit Blut füllen. Der zweite Wert, der diastolische Wert, ist niedriger als der erste, systolische Wert. Der Blutdruck spiegelt somit, wieviel Druck und wieviel Volumen sich in den Gefäßen befindet.
Optimal ist der Blutdruck bei 120/80 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg). Mediziner sprechen dann von Bluthochdruck, wenn die Werte dauerhaft an unterschiedlichen Tagen bei 140/90 mmHg oder mehr liegen. Werte ab 160/100 mmHg gelten als mittlerer (Grad 2), ab 180/110 mmHg als schwerer (Grad 3) Bluthochdruck. Im Idealfall kann der menschliche Körper den Blutdruck so regulieren, dass er in jeder Situation gut versorgt ist. Das fatale Problem bei Bluthochdruck: In der Regel bemerkt man ihn nicht, denn es ist ein Prozess, der sich graduell aufbaut. Der Körper hat somit Zeit, sich an den stetig steigenden Druck zu gewöhnen. Entsprechend spürt der Betroffene ihn meist nicht.
"Richtig gefährlich wird es, wenn der Blutdruck in astronomische Höhen schnellt, z.B. 220/120. Das muss als Notfall behandelt werden." Dr. Wajima Safi
Mediziner unterscheiden zwischen primärem Bluthochdruck und sekundärem Bluthochdruck. Primär beschreibt, wenn es keine andere Ursache für die Erkrankung gibt, die also mit einem anderen Organ zusammenhängt. Das heißt, der Bluthochdruck beruht entweder auf einer genetischen Ursache oder auf Lebensstil, Alter oder ähnlichen Risikofaktoren. Mehr als 90 Prozent der Erkrankten in Deutschland sind von primärem Bluthochdruck betroffen.
Junge Menschen mit Bluthochdruck haben häufig eine sekundäre Ursache für die Erkrankung. Das bedeutet: Der Blutdruck wird dabei nicht nur durch die Gefäße und das Herz, durch eine Mechanik reguliert, sondern auch durch Hormone, Nerven oder eine Nierenerkrankung beeinflusst. Mediziner sprechen von einem sekundären Bluthochdruck, wenn es eine Störung an einem anderen Organ gibt. Der Bluthochdruck wird dann durch diese Erkrankung verursacht.
Chronischer Bluthochdruck verursacht zunächst kaum Beschwerden. Die Symptome sind meist unspezifisch. Oft fühlen sich die Betroffenen unwohl. Kopfschmerzen gehören ebenfalls häufig dazu. Wenn der Blutdruck sehr hoch ist, kann das zu anhaltendem Nasenbluten, Atemnot, Sehstörungen, Benommenheit und Verwirrtheit führen. Bei Schmerzen in der Brust oder bei Brustenge sollte man sofort zum Arzt gehen, denn das können Anzeichen für einen Herzinfarkt.
Anzeichen für Bluthochdruck können sein:
- morgendlicher Kopfschmerz
- Schwindel, Übelkeit, Ohrensausen
- Nasenbluten
- Abgeschlagenheit
- Schlaflosigkeit
Bluthochdruck schädigt selten kurzfristig, außer wenn er extrem entglitten ist. Gefährlich wird es, wenn der Blutdruck auf Dauer hoch ist. Er macht langfristig Schäden an den Organen, wenn die Gefäße und Organe langfristig diesen hohen Druck aushalten müssen. Das baut sich über Jahre und Jahrzehnte auf. Der Bluthochdruck ist somit für sich eine Erkrankung, aber auch ein Risikofaktor für die sogenannten kardiovaskulären Erkrankungen: für Schlaganfall, Herzinfarkt und Nierenerkrankungen.
Betroffene kennen es: Ob man den Blutdruck zu Hause oder beim Arzt misst – das Ergebnis ist meist unterschiedlich. Oft sind die Werte beim Arzt höher. Mediziner nennen das Phänomen "Weißkittel-Hypertonie". Der Grund: Aer Patient ist beim Arzt aufgeregt - sein Blutdruck somit höher, als wenn er alleine zu Hause messen würde. Die Empfehlung: entweder in der Praxis zwei unabhängige Messungen an unterschiedlichen Tagen vornehmen oder - noch besser - zu Hause an sieben Tagen hintereinander messen. Dabei sollte man folgendes beachten: kein Sport vorher, sich entspannen, das Blutdruckmessgerät auf Herzhöhe halten und immer zu den gleichen Zeiten messen. Also: an sechs Tagen immer zu den gleichen Zeiten, am besten einmal morgens, einmal abends. Für zu Hause gelten niedrigere Grenzwerte: 135 zu 85 mmHg.
Die arterielle Hypertonie ist eine Erkrankung der Industrienationen. Es ist die Volkskrankheit Nummer eins. In neun von zehn Fällen ist unser moderner Lebensstil die Ursache des Bluthochdrucks. Es gibt auch unabhängige Risikofaktoren, die man nicht beeinflussen kann wie Alter und erbliche Faktoren. Aber die meisten Faktoren können vermieden werden:
- Bewegungsmangel: Treibt man regelmäßig Sport, kann man auf Tabletten verzichten – nach Rücksprache mit dem Arzt. Experten gehen davon aus, dass man mit vier- bis fünfmal in der Woche eine halbe Stunde Sport den Druck bis zu zehn mmHG senken kann. Wichtig: Es geht dabei um ruhigen Sport wie wandern oder schwimmen. Nicht joggen oder Tennis spielen. Der Puls darf nicht nach oben gehen.
- Ernährung: Alkohol, Zucker, Kohlenhydrate, fettiges und salzhaltiges Essen begünstigen Bluthochdruck. Ärzte empfehlen fünf bis sechs Gramm Kochsalz, das sind zwei bis zweieinhalb Gramm Natrium pro Tag. Falsche Ernährung ist ein Hauptgrund für Bluthochdruck. Übergewicht erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme. Mit zehn Kilogramm Gewichtsabnahme kann der Blutdruck um etwa 8-12 mmHg gesenkt werden. Eine pflanzenbasierte Ernährung mit vielen gesunden Fetten und Vollkornprodukten sowie eine Restriktion von Alkoholkonsum zeigen deutlich positive Effekte auf den Blutdruck.
- Rauchen: begünstigt Bluthochdruck, weil durch das Rauchen die Gefäße steifer werden.
- Stress
Achtet man auf diese Faktoren, bekommt man den Bluthochdruck meist gut unter Kontrolle. Der Arzt empfiehlt somit meistens als erstes, den Lebensstil zu ändern.
Wenn durch Änderungen des Lebensstils keine Verbesserung des Blutdrucks möglich ist, sollten Medikamente genommen werden, um den Blutdruck zu senken. Dabei gibt es unterschiedliche Tabletten: ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, Diuretika und Kalzium-Antagonisten. Die richtige Wahl richtet sich individuell nach dem Lebensalter und den Begleiterkrankungen. Betablocker, die speziell das Herz schützen, werden nur bei Menschen verschrieben, die bereits Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, wie einen bereits erlittenen Herzinfarkt
Experten raten deshalb dazu, dass jeder Mensch seinen Blutdruck mindestens ein- bis zweimal im Jahr kontrollieren sollte - unabhängig davon, ob man sich wohlfühlt oder nicht. Denn viele Betroffene fühlen sich mit einem höheren Blutdruckwert sogar besser, was die Gefahr gesundheitlicher Schäden aber nicht mindert. Des weiteren raten Mediziner hierzu:
- Tagebuch führen, um auf die Lebensführung zu achten
- Augenhintergrund messen
- Belastungs-EKG
- Urin untersuchen
Mittlerweile gibt es neue, experimentelle Ansätze bei der Therapie von chronischer Hypertonie. Es gibt Hinweise darauf, dass Darmbakterien bzw. deren Zusammensetzung Einfluss auf die Entwicklung des Blutdrucks haben. Daraus könnten zukünftig interessante Therapieansätze entstehen, so die Hoffnung der Wissenschaft.