Gemeinsam kochen, gemeinsam abnehmen Gesunde Ernährung für die ganze Familie
Eigentlich weiß jeder instinktiv, wie man sich gesund ernährt. Aber es fällt oft schwer, dieses Wissen im Alltag umzusetzen – obwohl wir die Folgen kennen: Übergewicht und damit ein erhöhtes Krankheitsrisiko.
Wer sich ausgewogen und vielseitig ernährt, stellt sicher, dass sein Körper alle Nährstoffe, in ausreichender Menge erhält. Dadurch vermeidet man Übergewicht und senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes Typ 2.
Expertinnen:
Prof. Dr. med. Julia Mayerle, Gastroenterologin und Direktorin der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Klinikums der Universität München
PD Dr. med. Astrid Konrad-Zerna, Gastroenterologin und Fachärztin für Innere Medizin am Klinikum der Universität München.
Doch was gehört alles zu einer gesunden Ernährung dazu? Was hält uns davon ab? Sind Modetrends wie Intervallfasten oder der radikale Verzicht auf tierische und Milchprodukte tatsächlich gesünder? Und wie schafft es eine Familie, gemeinsam ihre Ernährung umzustellen?
Dem Text liegt ein Interview mit Prof. Dr. med. Julia Meyerle, Gastroenterologin und Direktorin der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Klinikums der Universität München, und mit PD Dr. Med Astrid Konrad-Zerna zugrunde, Gastroenterologin und Fachärztin für Innere Medizin am Klinikum der Universität München.
Buchtipp:
Wie man sich gesund ernährt, ist den meisten klar: Viel Obst und Gemüse, wenig Fett und Zucker, einmal die Woche Fleisch und Vollkorn für die Ballaststoffe. Doch im Alltag fällt die Umsetzung schwer.
Wer sich an die zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung hält, ernährt sich gesund und deckt damit seinen gesamten Bedarf an Mineralstoffen und Vitaminen. Eine abwechslungsreiche, vielfältige Auswahl an Lebensmitteln steht dabei im Vordergrund.
Ernährungsregeln
Wer gesund leben möchte, sollte sich überwiegend von pflanzlichen Lebensmitteln ernähren und täglich fünf Portionen Gemüse bzw. Obst zu sich nehmen. Sie enthalten viele Nähr- und Ballaststoffe und reduzieren dadurch das Risiko für Erkrankungen. Milch und Milchprodukte brauchen wir täglich. Aber tierische Produkte wie Wurst und Fleisch sollten nicht täglich verzehrt werden. Wenn Fleisch gegessen wird, dann nicht mehr als 300-600g pro Woche.
Pflanzliche Öle sind besser als tierische Fette, sowie versteckte Fette in Fertiggerichten und Fastfood. Nicht zu süß oder zu salzig – Zucker verbirgt sich sogar in Gemüsekonserven. Wasser ist besser als Säfte und Softdrinks, weil es ohne Zusätze und Kalorien den Durst löscht. Lebensmittel sollten so lange wie nötig und so kurz wie möglich mit wenig Wasser und wenig Fett zubereitet werden. Beim Braten, Grillen, Backen und Frittieren sollte das Verbrennen von Lebensmitteln möglichst vermieden werden. Wer langsam isst, um das möglichst selbstgekochte Essen zu genießen, vermeidet Übergewicht. Und ganz wichtig: regelmäßige Bewegung!
Kalorienbedarf
Eine Frau mit wenig körperlicher Betätigung sollte in der Regel nicht mehr als 2000 Kilokalorien pro Tag zu sich nehmen; ein Mann etwa 2500. Bei Kindern hängt es vom Alter und Körpergewicht ab: Ein sportliches neunjähriges Kind kann durchaus genauso viele Kalorien wie eine erwachsene Frau benötigen, und Teenager sogar mehr als ihre Eltern. Wer es genau wissen möchte, findet bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. eine Übersicht.
Kalorienverteilung
Gesund ernährt sich, wer etwa 50 Prozent seines Kalorienbedarfs in Form von Kohlenhydraten aufnimmt, 15 bis 20 Prozent als Eiweiß und 25 bis 30 Prozent als Fett. Dazu kommen 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag. Cholesterin aus Fleisch, Eiern, Milch und Milchprodukten sollte weniger als 300 Milligramm ausmachen.
Doch mehr als ein Viertel der deutschen Bevölkerung isst täglich Wurst und Fleisch. Und Fett macht bei vielen etwa die Hälfte der täglichen Kalorienzahl aus.
"Wenn ich reflektiere, wie ich mich im Alltag ernähre, würde ich sagen, dass ich täglich all diese Regeln breche."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Ernährungstrends ändern sich mit jeder Jahreszeit. Gerade junge Leute ernähren sich zunehmend vegan oder fasten in Intervallen. Doch ernährt man sich mit solch radikalen Einschnitten wirklich besser?
Wer sich besonders gesund ernähren möchte, hat die Auswahl: Modetrends wie Intervallfasten oder vegane Kost, Superfoods oder doch ganz traditionell die Multivitaminpräparate aus dem Supermarkt. Doch was helfen sie wirklich? Und müssen wir unsere Alltagskost mit Vitamin- und Mineralstoffpillen tatsächlich aufpeppen?
Sechs Prozent der Deutschen essen als Vegetarier kein Fleisch – dafür aber Milchprodukte - und nehmen dadurch genügend Nährstoffe zu sich. Ein Prozent bezeichnet sich als vegan und verzichtet auf jegliche tierischen Lebensmittel.
Zwar leiden sowohl Vegetarier und Veganer seltener an Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, doch das kann auch daran liegen, dass sie grundsätzlich gesünder leben. Denn der Verzicht auf jegliches tierische Eiweiß ist nicht automatisch gesund. Zwar sollten wir überwiegend pflanzliche Lebensmittel zu uns nehmen, doch Vielfalt und Abwechslung sind ebenso wichtig.
Bei einer veganen Ernährung fehlen Milch und Milchprodukte, die Proteine, die Vitamine D und B12 sowie Calcium liefern. Seefisch ist wichtig für Jod. Selen und Omega-3-Fettsäuren finden sich in Fisch. Fleisch enthält Eisen und Zink. Fehlen diese Stoffe, kommt es zu Mangelerscheinungen, die vor allem Veganer durch Nahrungsergänzungsmittel ersetzten sollten. Deshalb sollten sie regelmäßig den Vitaminspiegel kontrollieren lassen. Dabei wird das sogenannte Holotranscobalamin, also das aktive Vitamin B12, im Blut gemessen.
Exotische Superfoods wie Açaí- und Goji-Beeren, Chia-Samen und Quinoa sollen angeblich besonders gesundheitsfördernde Stoffe enthalten; einen wissenschaftlichen Nachweis gibt es dafür bisher nicht. Chia-Samen lassen sich durch den heimischen Leinsamen ersetzen. Die glutenfreie, getreideähnliche Quinoa-Pflanze eignet sich vor allem als Alternative für Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit.
"Wenn beispielsweise eine Darmentzündung (Sprue, Zöliakie) die Absorption bestimmter Stoffe vermindert, kann es sinnvoll sein, dies durch Superfood wie Quinoa auszugleichen. Ansonsten halte ich das für eine Modeerscheinung ähnlich den Nahrungsergänzungsmitteln."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Bei diesem neuen Diättrend isst man acht Stunden lang ganz normal und fastet dann sechzehn Stunden. Der Vorteil: Man muss sich zwar während der normalen Essenzeit nicht einschränken, nimmt aber trotzdem weniger zu sich, weil man schneller satt wird. Anhänger versprechen sich davon einen langfristigen Gewichtsverlust ohne Mangelerscheinungen und vor allem ohne den Jo-Jo-Effekt konventioneller Diäten. Allerdings ist es manchmal schwierig, das Fasten in den Alltag zu integrieren.
"Ich bin mehrmals in der Woche abends bei Geschäftsessen. Nach einer Pause von 16 Stunden dürfte ich die erste Mahlzeit am nächsten Nachmittag um 14 Uhr zu mir nehmen. In der Klinik ist dann schon die Kantine geschlossen. Ich müsste mir das vorgekochte Mittagessen mitbringen, oder greife zu einer belegten Semmel, Fastfood oder etwas Süßem. Wir müssen bei unserem dichtgedrängten Lebenswandel also sehr gut organisiert sein, um uns gesund zu ernähren."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Multivitaminpräparate sind bei einer vielseitigen Ernährung mit ausreichend Obst, Gemüse und Milchprodukten nicht notwendig. Auch Eisenmangel ist selten, außer bei sehr einseitigen Diäten, starkem Blutverlust oder nach Einnahme bestimmter Medikamenten. Statt Geld für Nahrungsergänzungsmittel auszugeben, lohnt es sich, alle Lebensmittelgruppen zu sich zu nehmen und auf ausgewogene regionale und saisonale Produkte umzusteigen; denn darauf ist unser Metabolismus abgestimmt.
"Wenn Sie frische und vielseitige Lebensmittel aus der Region essen, dann haben sie keine Mangelerscheinungen und ernähren sich gesund."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Warum ist es so schwer, sich gesund zu ernähren? Nicht nur schmackhafte, sondern auch ausgewogen Mahlzeiten zuzubereiten, kostet Zeit. Deshalb greifen viele Menschen zu Fertiggerichten, gehen ins Restaurant oder nutzen die Kantine.
Viele Deutsche würden gerne selbst kochen, kommen aber nicht dazu. Sogenanntes "Convenience Food" – also bereits vorbereitetes oder vorgekochtes Essen – soll helfen, Zeit zu sparen. Auch Gemüse aus der Dose oder Tiefkühltruhe soll uns das Leben erleichtern. Auf die Zusammensetzung haben wir dabei allerdings keinen Einfluss. Das gleiche gilt für Restaurant- und Kantinenessen.
Selberkochen
Drei Viertel der Deutschen sagen, dass sie gerne kochen. Allerdings kommen die meisten kaum dazu: Nur 40 Prozent geben an, dass sie täglich kochen, 37 Prozent stehen nach eigenen Angaben zwei bis dreimal in der Woche am Herd oder Backofen. Viele Familien behelfen sich mit Fastfood und Fertiggerichten, um sich den Alltag zu erleichtern. Dadurch lernen weniger Kinder das Kochen.
"Früher hat die Oma die Zutaten für den Pfannkuchenteig gekauft und selbst angerührt. Heute liegt der Pfannkuchen fertig im Kühlregal des Supermarkts und die Kinder freuen sich schon, wenn sie Marmelade oder Apfelmus darauf streichen dürfen."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Fremdbekocht
Panierte Schnitzel mit Pommes, Nudeln in Sahnesoße oder Pizza mit vier verschiedenen Käsesorten sind deswegen so lecker, weil das Fett als Geschmacksträger dient. Speisekarten richten sich nach den Wünschen der Gäste: Bestellt wird was schmeckt und nicht die mageren und damit gesünderen Gerichte. Laut Ernährungsreport 2019 essen knapp drei Viertel der Befragten mindestens einmal pro Monat im Restaurant und ein Fünftel mindestens einmal pro Woche in der Kantine.
"Kinder werden inzwischen häufig im Kindergarten oder in der Schule ganztags betreut und fremdbekocht. Und dass dieses Essen nicht immer den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin entspricht, kommt – glaube ich - nicht unerwartet."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Langsamer Umschwung
Gesunder Ernährung wird im Alltag wieder zunehmend Beachtung geschenkt. Eltern hinterfragen inzwischen, was ihre Kinder im Kindergarten oder in der Schule mittags zum Essen bekommen und ersetzen Fertiggerichte aus dem Supermarkt durch gemeinsam selbstgekochtes Essen.
Konserven und Tiefkühlgemüse
Frisches Obst und Gemüse ist meist besser als Konserven, da die Konservierung zu einer Reduktion von Vitaminen und Nahrungsergänzungsstoffen führt. Allerdings kann tiefgefrorenes Gemüse wiederum mehr Nährstoffe enthalten als solches, das zwar frisch geerntet, aber danach lange gelagert wurde. Ein größeres Problem bei Fertigprodukten sind jedoch die zugesetzten Mengen an Geschmacksverstärkern wie Zucker und Fett. In vielen Konserven verstecken sich daher im Vergleich zu frischen Produkten mehr Kalorien.
Bioprodukte sind kein Muss
Wer sich Bio leisten kann – gut. Aber für viele ist es eine Kostenfrage. Relativ strenge Lebensmittelverordnungen begrenzen Schadstoffe bei allen Lebensmitteln, deswegen kann man sich auch ohne "Bio" gesund ernähren. Denn gesunde Ernährung hängt vor allem vom Zusammenspiel der Lebensmittel ab und nicht, ob das Ei von einem Freilandhof stammt oder aus einer Legebatterie. Eine artgerechte Tierhaltung ist sicherlich besser für das Tier. Aber ob Fleisch oder Eier aus nicht artgerechter Haltung tatsächlich schädlich für den Menschen sind, wurde bisher nicht belegt.
Immer weniger Geld für Ernährung
Die Deutschen geben seit Jahrzehnten immer weniger Geld fürs Essen aus: 1960 waren es noch 38 Prozent des Monatseinkommens. Heute sind es etwas über zehn Prozent. Dafür sind die Kosten fürs Wohnen und für die Mobilität gestiegen.
"Deswegen könnten wir es uns eigentlich leisten, mehr für Lebensmittel auszugeben, und zwar über alle Bevölkerungsschichten hinweg. Das ist auch deshalb wichtig, weil Gesundheit so stark von der Ernährung abhängt."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Wer sich häufig ungesund ernährt, leidet schnell unter Übergewicht; das wiederum führt langfristig zu Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Was besonders gut schmeckt, ist meist ungesund: zu süß, zu fett, zu kalorienhaltig. Wer dick ist und sich wenig bewegt, hat ein erhöhtes Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Atemnot, Gelenkbeschwerden sowie an Fett- und Zuckerstoffwechselstörungen zu erkranken.
Etwa 80 Prozent aller Fälle von Typ-2-Diabetes lassen sich auf Übergewicht zurückführen. Dabei beeinflussen nicht nur die Essgewohnheiten, sondern vor allem die Menge des Bauchfetts die Entstehung von Diabetes.
Gefahr Übergewicht
Die Deutschen werden immer dicker. Fast zwei von drei Männern und zwei von fünf Frauen sind inzwischen übergewichtig. Vor allem Männer trifft es am Ende ihres Berufslebens: Etwa drei Viertel wiegen zu viel. Bei Kindern kehrt sich der Trend gerade um: Erstklässler wiegen seltener zu viel als noch vor ein paar Jahren. Dennoch sind etwa zwei Millionen Kinder und Jugendliche krankhaft übergewichtig.
Doch ab wann spricht man von Übergewicht? Eine Orientierungshilfe ist der Body-Mass-Index (BMI). Ideal ist ein BMI zwischen 18,5 und 25 kg/m² oder auch etwas höher, immer vorausgesetzt, man bewegt sich ausreichend und ernährt sich ausgewogen. Ab einem BMI von etwa 30 beginnt die Fettleibigkeit (Adipositas) – mit einem entsprechend höheren Risiko zu erkranken.
Gefahr Untergewicht
Untergewicht ist nicht gesünder; es bringt nur andere Probleme mit sich - zum Beispiel Osteoporose, die vermehrt zu Knochenbrüchen führen kann. Auch Bandscheibenvorfälle sind häufiger bei untergewichtigen Patienten. Das gesündeste Gewicht ist wirklich das Normalgewicht.
Folgeerkrankungen
Je höher das Übergewicht, desto größer das Risiko für Folgekrankheiten – vor allem für Menschen mit der entsprechenden Veranlagung: Hoher Blutdruck, Störungen des Fett- und Zuckerstoffwechsels wie Typ-2-Diabetes und erhöhten Cholesterinwerten. Knochen und Gelenke können schneller verschleißen, weil sie schwerer tragen müssen.
Gefäßveränderungen wie Arteriosklerose – eine "Verkalkung" der Gefäße – können zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen. Bei Diabetes kann es zu Augen-, Nerven- und Nierenschäden kommen. Bei starkem Übergewicht scheint das Gehirn aufgrund eingeschränkter Vernetzungen im höheren Alter schlechter planen und sich erinnern zu können, so dass so das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, zu steigen scheint.
Das metabolische Syndrom
Wer sehr dick ist und sich wenig bewegt, hat ein höheres Risiko für das sogenannte metabolische Syndrom. Diese Kombination von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Fettleber kann unter anderem auch ein erhöhtes Krebsrisiko und dadurch eine reduzierte Lebenserwartung nach sich ziehen.
Krebsrisiko
"Wer übergewichtig ist, viel rotes Fleisch und vermehrt gebratenes Essen zu sich nimmt und zu wenig Obst und Gemüse isst, hat ein erhöhtes Darmkrebsrisiko."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Gesunde Ernährung verringert das Risiko für bestimmte Leiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes Typ 2. Aber kann das richtige Essen auch Krankheiten verhindern oder gar heilen?
Wer seine Ernährung umstellt, sich mehr bewegt und dadurch abnimmt, kann das Risiko für Folgekrankheiten stark senken. Denn Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen nicht erst bei starker Fettleibigkeit.
"Wir arbeiten nicht mehr körperlich schwer auf dem Feld und verbrauchen Kalorien, sondern leben in einer Wohlstandswelt. Wenn wir hungrig zum Einkaufen gehen und statt täglich 2.000 auf einmal 4.000 Kilokalorien zu uns nehmen, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir zunehmen."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Ist Prävention möglich?
Mehrere Faktoren beeinflussen die Gesundheit, darunter Schlaf, Stress, Ernährung, Alkohol, Nikotin, körperliche Aktivität und Umwelteinflüsse. Wer sich also gesund ernährt, aber nur auf der Couch sitzt, verhindert noch keine Erkrankungen. 'Heilen' kann Ernährung alleine sicher nicht. Aber wer abnimmt, kann sein Diabetes-Risiko um bis zu 90 Prozent senken und das Risiko einer koronaren Herzerkrankung um 80 Prozent.
"Übergewicht und Folgeerkrankungen sind verursacht durch eine Mischung aus genetischer Veranlagung und äußeren Umständen. Manchmal bleibt unklar, ob Übergewicht in einer Familie an den Genen liegt oder daran, dass Oma gut kocht und ihre Kochkünste an Tochter und Enkel weitergegeben hat."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Wohlstandskrankheit Gicht
Gicht wird durch Übergewicht, übermäßigen Alkoholgenuss und eine purinreiche Ernährung ausgelöst; meist kommt eine erbliche Veranlagung hinzu. Eine Ernährung unter anderem mit viel tierischem Eiweiß aber auch beim Konsum von Sojaprodukten und einer verminderten Flüssigkeitszufuhr kann in Abhängigkeit von der Nierenfunktion aufgrund eines erhöhten Harnsäurespiegels zur Ablagerung von Kristallen in den Gelenken und Nieren führen. Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Innereien, Leber, Wurst, manche Fischarten und Gemüsesorten enthalten viele Purine. Durch eine Umstellung des Essverhaltens kann der Harnsäurespiegel reduziert und das Krankheitsbild verbessert werden.
"Wenn Sie in Frankreich durch die Sterne-Restaurants tingeln und Froschschenkel und viel tierisches Eiweiß zu sich nehmen, kann ein guter Rotwein dann durchaus zum Gichtanfall führen. Leben wie Gott in Frankreich."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Wer sollte seine Ernährung umstellen?
Eine ausgewogene Ernährung mit wenig Fleisch und ohne viel Fett und Zucker ist für einen gesunden Menschen ausreichend, um das Risiko für sogenannte Wohlstandskrankheiten so weit wie möglich zu verringern. Bestimmte Erkrankungen wie etwa Diabetes erfordern in jedem Fall eine entsprechende Umstellung der Ernährung, um die Blutzuckerwerte unter Kontrolle zu halten. Wer unter Lebensmittelunverträglichkeiten wie Zöliakie oder an chronischen Magen-Darm-Erkrankungen leidet, muss bestimmte Lebensmittel meiden und in seltenen Fällen mit Nahrungsergänzungsmittel nachhelfen.
"Letztendlich beugt am besten vor, wer sich an die zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung hält. Dann haben Sie alles getan, was geht. Mein Tipp: Gesunde Ernährung und Bewegung sind das Geheimnis zum Erfolg."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Wer langfristig mit der Familie Gewicht verlieren möchte, sollte zuerst alle Essensgewohnheiten analysieren und dann die Ernährung langsam umstellen.
Wer langfristig mit der Familie Gewicht verlieren möchte, sollte zuerst alle Essensgewohnheiten analysieren und dann die Ernährung langsam umstellen.
Die zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung helfen beim gemeinsamen Ernährungs-Check: Welche Regeln werden regelmäßig gebrochen? Wie viele Kalorien nimmt jedes Familienmitglied täglich zu sich und mit welchen Nahrungsmitteln? Wie könnte das Essen besser zusammengesetzt sein?
Der große Ernährungscheck
Am Anfang steht das Kalorienzählen für alle Familienmitglieder. Gerade bei Kindern muss man genau hinschauen: Wie viele Tüten Chips essen sie? Wie lange sitzen sie täglich vor dem Fernseher? Wo verstecken sich Kalorienbomben? Orangensaft gilt beispielsweise als hervorragender Vitamin-C-Lieferant. Aber ein Liter Orangensaft enthält auch viel Fruchtzucker – und deshalb 450 Kilokalorien.
Kinder essen, was ihnen angeboten wird. Die Eltern müssen also handeln. Und sie unterschätzen häufig selbst, wie viele Kalorien sich in dem Glas Bier oder Wein am Abend verstecken.
"Aus meiner Sicht stellt gar nicht so sehr das Suchtverhalten beim Alkoholkonsum ein Problem dar, sondern dass man erhebliche Mengen an Kalorien zu sich nimmt, ohne sie mitzurechnen."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Familien kommen nach einem Ernährungscheck schnell ins Grübeln. Um das Normalgewicht zu erreichen und langfristig zu halten, helfen strukturierte Programme mit Kochkursen, Sport und einer ausgewogenen Diät.
"Wenn Sie abnehmen wollen, müssen Sie einfach Kalorien reduzieren und weniger essen. Platt gesagt, 'Essen Sie die Hälfte' ist der Weg zum Erfolg. Und Sie brauchen natürlich Bewegung."
Prof. Dr. Julia Mayerle
Tipps für den Alltag
- Fünf Gemüse- und Obstportionen pro Tag
- Vollkornprodukte
- Fleisch und Wurst nur als Ergänzung
- Versteckte Fette und Zucker in Fertiggerichten meiden
- Wasser und Tee
- Alkohol vermeiden
- Schonende Zubereitung
- Zeit fürs Essen nehmen
- Bewegung!