Bayern 2

     

5

Alterstraumazentren Zukunftsorientierte geriatrische Versorgung

Akute Behandlungen werden im Krankenhaus durchgeführt und Patienten zur Weiterbehandlung in spezialisierten Reha-Zentren weiterverwiesen. Neu in den letzten Jahren: Alterstraumazentren.

Von: Uli Hesse

Stand: 15.07.2020

Geriatrie | Bild: picture-alliance/dpa

Im stationären Bereich werden traditionellerweise zwei verschiedene Aufgabenkreise der Altersmedizin unterschieden: die Akut-Geriatrie im Krankenhaus und die anschließende mehrwöchige Rehabilitationsbehandlung. Ab 2021 sollen außerdem flächendeckend Behandlungen kooperativ von Unfallchirurgen und Geriatern gemeinsam im Sinne sogenannter Alterstraumazentren die Behandlung bei Stürzen übernehmen.

Besonderheit: Akut-Geriatrie

Bayern geht seit 2009 in der Geriatrie einen Sonderweg im Vergleich zu allen anderen Bundesländern – damals wurde das Fachprogramm Akutgeriatrie verabschiedet. Seither wurden in Bayern wesentlich mehr Akut-Krankenhausbetten mit Schwerpunkt Altersmedizin geschaffen. Inzwischen gibt es über 100 akut-geriatrische Abteilungen mit etwa 2.500 Betten.

In die Akut-Geriatrie werden Senioren beispielsweise nach einem Schlaganfall, einer Lungenentzündung oder einem Knochenbruch eingewiesen, bevor sie sich – falls notwendig - zur Weiterbehandlung in eine spezialisierte Reha-Klinik begeben.

Die Zukunft: Alterstraumazentren

Zertifizierte Alterstraumazentren verfolgen wissenschaftlich fundierte Behandlungspfade und eine engmaschige interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Unfallchirurgie, Alters- und Narkosemedizin. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ist speziell auf die Behandlung älterer Patienten zugeschnitten, um Nebenwirkungen zu vermeiden und Patienten möglichst früh wieder zu mobilisieren.
Unterstützt wird dieses medizinische Kern-Kompetenzteam von speziell geschultem Pflegepersonal, Physio- und Ergotherapeuten, physikalischen Therapeuten, Logopäden sowie Ernährungsberatern, Seelsorgern und Mitarbeitern des Sozialdienstes.
Seit 2014 wurden rund 100 Alterstraumazentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie und von der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie zertifiziert; ab 2021 soll das Konzept deutschlandweit stehen. Dann dürfen Patienten mit der typischen altersbedingten Oberschenkelhalsfraktur nach einem Sturz nur noch in zertifizierten Alterstraumazentren behandelt werden. Das bedeutet, dass der Unfallchirurg diese Verletzung nur noch behandeln darf, wenn ein Geriater herangezogen wird.

"Politik und Wissenschaft haben erkannt, dass die gemeinsame Behandlung vom Unfallchirurgen und Geriater zu besseren Ergebnissen bei den Patienten führt. Zum einen werden dadurch bestimmte Komplikationen vermieden, zum anderen können beide zusammen besser die Ursachen bestimmen und damit den nächsten Sturz verhindern oder zumindest herauszögern."

Dr. Peter Euler

Behandlungsdauer in Alterstraumazentren

Die meisten Patienten werden für etwa zehn Tage im Akutkrankenhaus behandelt; schwere Fälle liegen im Durchschnitt 16 Tage auf der Station. Schon während der Akutbehandlung werden alle Patienten so früh wie möglich mobilisiert und dann entweder nach Hause entlassen oder weiter in eine Reha-Einrichtung verlegt. Letzteres trifft aber nur auf einen kleinen Patientenkreis zu.

Hier finden Sie eine Übersicht über zertifizierte Altertraumazentren in Deutschland.

Weiterbehandlung in der geriatrischen Reha

Bei der Eingangsuntersuchung werden die Patienten systematisch körperlich, seelisch und geistig durchgecheckt. Dann wird ein umfassender Behandlungsplan für die nächsten drei bis sechs Wochen erstellt: Ärztliche Untersuchungen, Krankengymnastik, Ergotherapie, Psychotherapie, Massagen und Termine beim Logopäden können dazugehören. Einmal pro Woche setzen sich die behandelnden Stationsärzte und Therapeuten zusammen, um die Behandlung den Fortschritten des einzelnen anzupassen. Ziel ist es, die Patienten so schnell wie möglich wieder beweglich und aktiv zu machen, damit sie unabhängig sind und eine möglichst hohe Lebensqualität in den letzten Lebensjahren erreichen.

Nachsorge nach Reha- und Klinikaufenthalt

Die Sozialdienste in den Kliniken und Behandlungszentren organisieren auch die Betreuung danach: zum Beispiel einen ambulanten Pflegedienst, der täglich daheim zum Insulinspritzen oder zum An- und Ausziehen der Thrombosestrümpfe vorbeikommt. Durch diesen ganzheitlichen Ansatz ist die altersmedizinische Reha zwar teurer als eine reguläre Rehabilitation. Aber es rechnet sich auch für das Gesundheitssystem, denn jeder Monat, den ein Mensch nicht im Pflegeheim verbringen muss, spart der Gesellschaft Geld.


5