Zwölfuhrläuten Creußen in Oberfranken
Der freistehende Glockenturm der Marienkirche von Creußen ist weithin sichtbar. Seine drei Glocken erhielten ihre Weihe vor fast genau 50 Jahren, am 29. Oktober 1961.
Das Geläut des katholischen Gotteshauses hat man bewusst auf die Glocken der evangelischen Kirche des gut viereinhalb Tausend Einwohner zählenden Städtchens am Rande der Fränkischen Schweiz abgestimmt. So wollten die Katholiken, die nach dem Krieg als Vertriebene nach Creußen kamen, in der Diaspora ein Zeichen der gelebten Ökumene ablegen.
Kirche als Gemeindezentrum
Mehrere Jahre feierten sie ihre Messen im evangelischen Gemeindesaal, bevor erst eine ehemalige Flüchtlingsbaracke als Kirche genutzt und dann am 12. November 1961 die Marienkirche geweiht wurde. Um die Kirche am Stadtrand gruppieren sich heute nicht nur Pfarrhaus, Kindergarten und Pfarrsaal mit Jugendräumen, sondern dank der St. Josefs-Wohnbaustiftung auch ein neues Wohnviertel.
Einzigartiger Tonrohstoff
In der hallenartigen Kirche im klaren Stil der 60er-Jahre lenkt nichts vom 200 Quadratmeter messenden, farbenprächtigen Altarbild ab: Es zeigt den Gekreuzigten und die Abendmalszene. Die Proportionen sind so gewählt, dass die Jünger direkt am schlichten Marmor-Altar zu sitzen scheinen. Die Muttergottes ist als Kirchenpatronin am rechten Rand miteinbezogen. Der Terrakotta - Kreuzweg stellt den Bezug zur Töpfertradition der Stadt her. Das sogenannte "Creußner Steinzeug" war im 17. und 18. Jahrhundert sehr begehrt. Auch wenn die genaue Zusammensetzung des in Süddeutschland einzigartigen Tonrohstoffs nicht mehr bekannt ist, lebt die Handwerkskunst jährlich mit dem großen Töpfermarkt weiter. Ein Handwerksmeister fertigt bis heute Nachbildungen der "Creußener Krüge". Die prachtvoll verzierten Originale und Gebrauchsgegenstände wie Flaschen oder Wasserrohre sind im Krügemuseum zu bestaunen. Es ist im Scharfrichterhaus untergebracht - direkt an der vollständig erhaltenen Stadtmauer, die mit Türmen und Toren Creußen einen mittelalterlichen Charme verleiht.