Glocken läuten die Weihnacht ein 2021 Über Jahreskrippen
Es sind die Glocken von sechs bayerischen Kirchen, die heuer die Weihnacht einläuten. Sie stehen in Leiblfing, Füssen, Wendelstein, Rimpar, Cham und Gößweinstein und haben alle eines gemeinsam: sie präsentieren, jede auf ihre eigene, historische wie traditionelle Weise, kleinen wie großen Besuchern eine sogenannte Jahreskrippe.
Der Name ist Programm: das Kirchenjahr hindurch werden unterschiedliche, handwerklich teils sehr aufwändig gestaltete Motiv-Dioramen eingerichtet und zeigen, jede für sich, eindringlich bekannte Stationen aus dem Leben Jesu. In den meisten Fällen endet am Fest Mariä Lichtmeß üblicherweise die Krippenzeit in Kirchen und auch zuhause. Nicht so bei den weit selteneren Jahreskrippen. Sie alle sind geleitet vom christlichen Grundgedanken der Erlösung. Der beginnt bei der Verkündigung Mariens durch den Engel des Herrn, zieht sich weiter von der Geburtskrippe zu Bethlehem über Jesus im Tempel, seine Taufe, das Wirken in Palästina, die vielen Wunder bis hin zum Passionsgeschehen und der zentralen Glaubensbotschaft am Ostermorgen: Christus ist auferstanden! Auch dann erklingen überall im Land lautstark die Kirchenglocken, um dies zu verkünden...
Glocken zur Weihnacht 2021
Leiblfing
Die katholische Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt im niederbayerischen Leiblfing, einer Gemeinde im Landkreis Straubing-Bogen, ist ein stattlicher moderner Bau aus dem Jahr 1959. Im neugotischen Turm der Vorgängerkirche verrichten drei Glocken ihren Dienst. Auch in der Kirchengemeinde Leiblfing spielt die Jahreskrippe eine wichtige Rolle, 13 Szenen werden dort jeweils im Zeitraum von zwei Jahren präsentiert. Die detailreich gestalteten Figuren sind ein Werk der aus Palermo stammenden Künstlerin Angela Tripi.
Die klassische Weihnachtskrippe haben die Leiblfinger in eine markante Felsenlandschaft integriert. Im Eingang der Höhle scharen sich Zeugen der Geburt um das blondgelockte Jesuskind in der Krippe, zärtlich bewacht von Maria und Josef. Von rechts bringt eine Magd frisches Wasser in Tonkrügen herbei, davor rasten Hirten mit ihrer Schafherde, sie haben der Heiligen Familie Körbe mit Früchten dargebracht. Einige Hirten sind links der Krippenhöhle auf freiem Feld auf die Knie gesunken, lauschen ehrfürchtig dem hellerleuchteten Engel. Er verkündet in luftiger Höhe die frohe Botschaft der Geburt des Erlösers.
Füssen
Die Stadtpfarrkirche St. Mang im schwäbischen Füssen ist Teil des ehemaligen Benediktinerklosters an den Allgäuer Alpen. Früher Klosterkirche mit Turm aus dem Jahr 1200, weist der Kirchenraum besten Barockstil auf: viel Licht darf hinein, dazu ein Meer aus Fresken und Marmor.
Im Kirchenschiff führt ein kleiner Wanddurchgang zur akribisch gepflegten Jahreskrippe. Dort präsentiert man im Kirchenjahr auch eine impressive Szene der Flucht nach Ägypten. Eine typische Allgäuer Winterlandschaft, viel Schnee und Frost, dunkler Wald und Schilfrohr im Hintergrund, eine weiße Freifläche davor, Baumstämme versperren der Heiligen Familie den Fluchtweg. Doch das Auge spürt instinktiv Mut und Zuversicht, welche Ziehvater Josef segnen. Er trägt Winterkotze und Holzstab; den Strick des Esels in der Hand, blickt er zu Maria mit dem Kind im Arm. Alles wird gut, scheint auch der Blick der Gottesmutter aufs Kind zu sagen. Die Nachtszene ist perfekt ausgeleuchtet, im Hintergrund wähnt man im Wintervollmond fast Gottes Auge.
Im Füssener Satteldachturm läuten auch heute fünf Erdinger Glocken.
Wendelstein
So harmonisch klingen die fünf Schilling-Glocken im schlanken Turm der St. Nikolaus-Pfarrkirche im mittelfränkischen Wendelstein. Sie hat nach dem Zweiten Weltkrieg angesichts vieler zuziehender Heimatvertriebener einen Vorgängerbau im Fachwerkstil abgelöst. Sie wurde 1963 geweiht, ist außen wie innen aus weißem Kalksandstein erbaut.
Auch hier pflegt eine Gruppe um einen Holzschnitzer die prächtige, imposante Jahreskrippe, sie illustriert viele Stationen aus dem Leben Jesu. Wie etwa die Hochzeit zu Kanaan, auch hier Opulenz mit Liebe zum Detail. Nichts deutet jedoch auf Palästina als Ort eines der ersten bekannten Jesus-Wunder hin, ganz im Gegenteil. Das Auge wähnt sich inmitten einer fränkischen Hochzeitsgesellschaft, Barockgewänder mischen sich mit ländlichen Trachten, hiesige Musikanten spielen zum Tanz auf, der Pfarrer mit Collarkragen hält beim Trunk ein Schwätzchen. Doch der Wein geht zur Neige, wie andere blicken auch die besorgten Brautleute zum in der Mitte stehenden Christus, der zentralen Szenenfigur. Vom Geist Gottes erfüllt, spricht der Mann aus Galiläa segnende Worte über die vorerst noch mit Wasser gefüllten Tonamphoren.
Rimpar
In Rimpar in Unterfranken, nahe Würzburg steht die Pfarrkirche St. Peter und Paul, zwei Ur-Missionaren des Christentums geweiht. Ursprünglich ein spätmittelalterlicher Bau, stammt nur noch der Turmunterbau aus jener Zeit. Eine Echter-Turmspitze prägt das Ortsbild. Das bronzene Sechser-Geläut aus dem Jahr 1886 gehört zu den ältesten komplett erhaltenen aus der Bremer Gießerei Otto.
Zwischen Advent und Christi Himmelfahrt zeigt man in Rimpar in der Ritterkapelle zwölf Krippendioramen. Am Palmsonntag zieht Jesus in Jerusalem ein. Die Szene ist stark reduziert, römische Söldner bewachen das Stadttor, der Aufbau ist nicht maßstabsgetreu, so finden viele Soldaten auf der Mauer Platz. Bewusst größer, aber spärlich das einheimische Volk: wenige Frauen und Männer schmücken mit Palmzweigen Jesu Weg, am Boden liegen prächtige Stoffbahnen - für den nahenden Erlöser, auf dem Esel reitend; ohne Jünger, die ihn begleiten. Freudenjubel strahlt die Szene nicht aus, eher fühlt der Betrachter Ehrfurcht und Neugier - auf den, der kommt im Namen des Herrn...
Cham
Das Kirchenjahr wird auch in der Chamer Klosterkirche Maria Hilf mit einer beeindruckenden wie reduzierten Jahreskrippe liturgisch begleitet. Anfang des 20. Jahrhunderts hat der Orden der Redemptoristen nach Plänen von Ludwig von Stengel den neuromanischen Backsteinbau nördlich der Chamer Altstadt errichtet. Für viele Oberpfälzer der Region ist Maria Hilf spiritueller Ort und geistliche Heimat. Weithin sind beide Türme sichtbar, innen läuten sechs Glocken aus Landshut.
Zentrales Krippenmotiv in der Passionszeit ist die Kreuzigung Jesu. Der Hügel Golgota mutet kuppelartig an, im hinteren Zentrum die Kreuze mit dem Erlöser sowie links und rechts den Schächern. Zwei römische Soldaten bewachen die sphärisch beleuchtete Szene, einer hält die Lanze parat, der andere hat die Hand am Schwertknauf, falls Tumult entsteht. Doch alles ist still, nur ein Gelehrter mit den Schriften auf dem Schoß kauert vor dem Nazarener, weiter weg blicken eine Frau mit Kind und ein mahnender Zaungast zum Kreuz Jesu. An dessen Stamm ruht ein Schaf - das symbolische Lamm Gottes hat sich für die Menschheit geopfert.
Gößweinstein
In Gößweinstein läuten nicht weniger als sieben Glocken die Weihnacht ein. Fünf stammen aus Heilbronn, zwei aus Bamberg. Sie hängen im Nord- und Südturm der oberfränkischen Basilika, der spirituellen und kirchlichen Mitte der Fränkischen Schweiz. Zusammen wiegen sie 12 Tonnen, entsprechend mächtig unterstreicht das Plenum heute wie auch am Ostermorgen die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens: Christus ist auferstanden!
Die Jahreskrippe in der Basilica minor wird dafür in ein simples wie prächtiges Auferstehungsszenario verwandelt. Das leere Felsengrab mit weggerolltem Stein, davor schlafen drei römische Wachsoldaten. Über ihnen, auf einem massiven Felsen, steht mit ausgebreiteten Armen Christus mit Strahlenkranz, in weißes Leinen gehüllt, darüber ein roter Überwurf. Die imposante Osterfahne in der rechten Hand verkündet aller Welt symbolisch den Triumpf über den Tod. Im Hintergrund noch die Kreuze auf Golgota, im Grab zurückgelassene Leichentücher. Niemand sonst, außer dem Betrachter der Szene, hat den Auferstandenen bis dahin erblickt. Dass dies nicht so bleiben wird, ist bekannt.